“Greatest Showman” (2017)

Doreen Kaltenecker
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Poster zum Film

© Twentieth Century Fox

Filmkritik: Dass der Australier Michael Gracey für sein Spielfilmdebüt gerade ein Musical über den Zirkus-Erfinder P.T. Barnum auswählte, kann als mutig angesehen werden. Nicht nur die handwerklichen Hürden mussten bewältigt werden, sondern auch eine passende Geschichte erdacht werden, in deren Mittelpunkt ein schwer zugänglicher Hauptcharakter steht. Zudem machten die transportierten Botschaften den Spielfilm “Greatest Showman” (OT: “The Greatest Showman”, USA, 2017) nicht nur zu einem Diskussionsobjekt, sondern führte sogar zu einem Boykott-Aufruf der Peta gegen den Film.

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Der Film erzählt die Geschichte von P. T. Barnum (Hugh Jackman), der schon als junger, armer Schneidersohn (Ellis Rubin) davon träumte, berühmt zu werden. Mit diesen Träumen eroberte er das Herz der reichen Charity (Michelle Williams), in die er schon seit Kindheitstagen verliebt war. Nachdem sein Kuriositätenkabinett nicht richtig läuft, stellt er eine bunte Truppe von Außenseitern zusammen. Darunter die bärtige Frau (Keala Settle), den Zwerg Tom Thumb (Sam Humphrey) und die farbigen Trapezkünstler-Geschwister Anne und W. D. Wheeler (Zendaya und Yahya Abdul-Mateen II). Zusammen mit vielen weiteren Außenseitern der Gesellschaft entwerfen sie ein Bühnenprogramm, was von den Kritikern verächtlich als Zirkus beschimpft, aber von den Massen geliebt wird. Doch nachdem Barnum den schwedischen Opernstar Jenny Lind (Rebecca Ferguson) kennenlernt, vernachlässigt er seine Zirkusfamilie, so dass sein Stellvertreter Phillip Carlyle (Zac Efron) übernehmen muss. Erst, als es fast zu spät ist, merkt Barnum, was er alles dabei ist zu verlieren.

© Twentieth Century Fox

Geschrieben wurde die erste Drehbuchfassung schon vor einigen Jahren von der Drehbuchautorin Jenny Bicks (*1963). Dabei orientierte sie sich dabei an dem realen Leben des Phineas Taylor Barnums (1810-1891), der als Begründer des modernen Zirkus gilt. Sie erzählt von seiner armen Kindheit in Connecticut, seinem Werben um die wohlhabende Charity und wie er sich mit seinem Museum – ‘Barnum’s American Museum’ – und durch die Zusammenarbeit mit der schwedischen Opernsängerin Jenny Lind (1820-1887) einen Namen machte. Recht getreu hält sie sich dabei an reale Details und lässt die Hauptfigur nicht immer nur schillernd auftreten. Diese Ambivalenz begründet sich auf der historischen Person, deren Handeln nicht immer moralisch einwandfrei war. Das Skript bildete die Basis für den jetzt entstandenen Film.

© Twentieth Century Fox

Als nächsten Schritt wurde das Drehbuch durch den Autor Bill Condon (oscarprämiert für sein Drehbuch zu “Gods and Monsters”) und den Regisseur Michael Gracey erweitert. Der in Werbespots und Musikvideos erprobte Regisseur Michael Gracey machte aus der Geschichte mehr als nur ein historisches Portrait einer interessanten Persönlichkeit. Er konzipierte die Geschichte als Musical und engagierte die beiden Komponisten John Debney und Joseph Trapanes, noch bevor diese mit der Musik von “La La Land” LINK einen Riesenerfolg feierten. Zusammen mit dem Regisseur schufen die beiden Musiker eine Palette von elf Songs, welche alle einen gewollt sehr modernen Anstrich haben. Gracey bestand darauf, einen zeitgenössischen Pop-Soundtrack zu schaffen, der ins Ohr gehen sollte. Doch leider geht diese Rechnung nicht ganz auf. Schon kurz nach dem Kinobesuch sind die Songs nicht mehr im Gedächtnis. Nur das auch für einen Oscar nominierte Lied “This is me” klingt noch ein wenig nach. Im Gesamten sind zwar die Texte der Lieder passend gewählt und die Songs gut intoniert, allerdings sind sie einfach zu belanglos und generisch, um eine Sogwirkung zu erzeugen. Ähnliche Schwächen gibt es auch beim Drehbuch an sich. Der ganze Film ist auf ein bombastisches Spektakel ausgelegt, in dem einzelne Persönlichkeiten keinen Platz haben. Alle vorkommenden Nebenfiguren bleiben farblos und dienen allein dem großen Unterhaltungswert. So wird das moralisch Zwielichtige der realen Umstände verschleiert. Nicht nur die Behandlung der Tiere, welche hier alle stark nach CGI aussehen, kann angeprangert werden, sondern auch die Zurschaustellung der Menschen. Angeblich ist der Film als Plädoyer gedacht, dafür einzustehen, wer man ist, behandelt er doch durch die wenigen Charakterisierungen diese Figuren selbst als Objekte. Dies erinnert an Barnum, der vermutlich in den sogenannten ‘Freaks’ vor allem eine lukrative Geldquelle sah. Leider haben die sehr guten Darsteller – Hugh Jackman ist ein wirklich talentierter Sänger und Tänzer – keine Chance gegen diese Stereotypen und Unsympathien anzuspielen. Die moralische Verwerflichkeit macht auch das versöhnliche Ende nicht wieder gut. So ist “Greatest Showman” im Gesamten an der Oberfläche ein hübsch anzusehendes Spektakel, besitzt aber auch recht viele kontroverse Elemente, wenn man nur etwas an der Fassade kratzt.

© Twentieth Century Fox

Fazit: Wenn man einfach einmal bunte Bilder mit belangloser Pop-Musik ansehen möchte, ist der Spielfilm “Greatest Showman” bestens geeignet. Der Film bietet ein Spektakel für die Augen mit einem recht gelungenen Mix aus dem Heute und der Vergangenheit wie auch schon Baz Luhrmans ”Moulin Rouge” (2001). Doch der Zuschauer, der mehr Authentisches erwartet oder gar moralische Fragen beantwortet haben möchte, wird nicht viel mit dem Musical anfangen können. Aber für alle die einfach mal abschalten wollen, ist das Debütwerk von Michael Gracey wunderbares pompöses Kino.

Bewertung: 6,5/10

Kinostart: 4. Januar 2018, DVD-Start: 21. Juni 2018

Der Trailer zum Film “Greatest Showman”:

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

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