“Eine fantastische Frau” (2017)

Doreen Kaltenecker
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Poster zum Film "Eine fantastische Frau"Filmkritik: Auf den 90. Academy Awards 2018 erhielt der chilenische Spielfilm “Eine fantastische Frau” (OT: “Una Mujer Fantástica”, AT: “A Fantastic Woman”, Chile/ Deutschland/Spanien/USA, 2017), der dritte Langfilm von Sebastián Lelio, den Oscar für den ‘Besten nicht englischsprachigen Film’ und konnte sich damit gegen starke Filme wie “The Square” und “Körper und Seele” durchsetzen.

Marina (Daniela Vega) ist mit dem älteren Orlando (Francisco Reyes) zusammen. Sie führen eine glückliche Beziehung, bis er auf einmal stirbt. Noch während Marina mit dem plötzlichen Verlust kämpft, beginnen die Vorurteile und Anschuldigungen gegen die Transgender-Frau. Orlandos Ex-Frau Sonia (Aline Kippenheim) will sie nicht auf der Beerdigung sehen und sein Sohn Bruno geht sogar gewalttätig gegen Marina vor, um sie aus der Wohnung zu vertreiben. Doch Marina ist stark und kämpft darum, um ihre Liebe trauern zu dürfen.

© Arne Höhne Presse

Der chilenische Regisseur Sebastián Lelio (*1974) beschäftigte sich intensiv mit dem Transgender-Thema. Er befand, dass Chile reif für so eine Art Film war und sammelte Ideen und Eingebungen, indem er sich mit Transgender-Frauen unterhielt. Dabei entstand der intensive Kontakt zu der Sängerin Daniela Vega. Als er das Drehbuch geschrieben hatte, merkte er, dass er Daniela in der Hauptrolle sah, welche aber bisher keine Erfahrungen auf der Leinwand gesammelt hatte. Ein Glücksfall, dass sie sich darauf einließ. Sie verkörpert die Hauptrolle Marina in all ihren Facetten. Sie schuf eine Figur zusammen mit Sebastián Lelio, die stark und zerbrechlich zugleich ist, männliche Dominanz besitzt und trotzdem eine fantastische Frau ist. Hinzu kommt das starke Drehbuch. Es schildert geschickt den Verlust eines geliebten Menschen. Dazu macht der Film mit nur wenigen Szenen das Glück der Beiden spürbar und schafft so eine emotionale Kraft. Der andere, ebenfalls sehr gelungene Aspekt des Drehbuchs ist der Umgang mit Transsexuellen in Chile, was aber genauso auf jedes andere Land übertragen werden könnte. Es zeigt die unterschiedlichsten Reaktionen: Liebe, Faszination, höflicher und falscher Respekt, Ressentiments, wissenschaftliche Neugierde, Vorurteile sowie Hass und Gewalt. All das prasselt auf Marina ein, während sie eigentlich nur trauern will. Das Gefühl der Fassungslosigkeit ergreift den Zuschauer. Der Film ist eine emotionale Achterbahnfahrt, die das Publikum packt und starke Empathie hervorruft.

© Arne Höhne Presse

Während Lelio in seinen vorhergehenden Filmen eine eher spontane Art der Inszenierung mit viel Handkameraarbeit wählte, wollte er diese Geschichte mit einem hollywoodartigen Stil einfangen um den richtigen Rahmen zu schaffen. Dies gelingt ihm vortrefflich. Mit der souveränen Kameraarbeit von Benjamín Echazarreta, teils außergewöhnlichen Elementen, wie dem ungewöhnlich starken Wind und dem fantastischem Musikeinsatz ist der Film im höchsten Maße professionell und ästhetisch sehr ansprechend. So überträgt der Film die Schönheit Marinas auf den Film und findet starke Bilder, um ihrer Persönlichkeit Ausdruck zu verleihen. Zudem lässt er es formal nicht zu, dass die Düsterkeit der Ereignisse die Bilder überschatten, so dass sich von Zeit zu Zeit ein starker Kontrast auftut. Das Zusammenspiel von bewegender Geschichte und höchst ästhetischer Gestaltung festigen den Reiz des Films.

© Arne Höhne Presse

Fazit: Der dritte Langfilm, “Eine fantastische Frau”, des chilenischen Filmemachers Sebastián Lelio ist ein wunderbarer Film über die Kraft der Trauer und die Stärke einer Transgender-Frau, deren Leben geprägt ist von Ressentiments und Ablehnung. In ansprechender Optik und mit einer fantastischen Hauptdarstellerin ist der Film bewegendes Kino, das zu Recht den Oscar LINK für den ‘Besten nicht-englischsprachigen Film’ erhalten hat.

Bewertung: 8/10

Kinostart: 7. September 2017, DVD-Start: 2. März 2018

Der Trailer zum Film “Eine fantastische Frau”:

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

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