“Thelma” (2017)

Doreen Kaltenecker
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Filmkritik: Der norwegische Regisseur Joachim Trier, der schon immer mit Filmen wie “Oslo, 31 Oktober” (2011) und “Louder than Bombs“ (2015) einen Hang zu schwierigen Themen hat, erzählt uns mit seinem neuesten Film “Thelma” eine außergewöhnliche Coming-of-Age-Geschichte mit Genre-Elementen, welche man nicht erwartet hätte.

Die zurückhaltende Thelma (Eili Harboe) ist nach Oslo zum Studieren gekommen. Dort gelingt ihr, da sie aus einer streng religiösen Familie stammt, der Anschluss nicht so richtig. Erst als sie Anja (Kaya Wilkins) trifft, schafft es Thelma sich zu öffnen und verliebt sich in die Kommilitonin. Doch zur gleichen Zeit nehmen nicht nur die erziehungsbedingten Schuldgefühle zu, sondern Thelma bekommt immer wieder unerklärbare Anfälle, hinter denen vermutlich eine übernatürliche Kraft zu stecken scheint.

Der Regisseur Joachim Trier (*1974), entfernt verwandt mit dem eigenwilligen Filmemacher Lars von Trier, hat zusammen mit seinem bewährten Co-Drehbuchautor Eskil Vogt eine Coming-of-Age-Geschichte geschaffen, welche tief im Genre verhaftet ist. Der Film besitzt starke Einschläge ins Thriller- und Horrorfach, so dass sich der Zuschauer bis kurz vor Schluss nicht sicher ist, was er da gerade sieht. Der Film nimmt einen mit dieser Ambivalenz auf eine Achterbahnfahrt mit, deren Ende nicht abzusehen ist. Er behandelt Themen wie Erziehung, Religiosität, Superkräfte, Eigenständigkeit, Liebe, Coming-Out und Erwachsenwerden alles auf gleicher Ebene. Zudem zeigt er noch Unterschiede zwischen dem Stadt- und dem Landleben in Norwegen auf. All das bekommen die Autoren erstaunlich einfach unter einem Hut und machen so “Thelma” zu einen außergewöhnlichen Film, der sich schwer mit anderen Filmen vergleichen lässt.

Diese ambivalente Stimmung übertragen Trier und sein Kameramann Jakob Ihre auch auf die formale Ebene. Die Bilder welche eingefangen wurden, ordnen sich zwischen unheimlich und schön ein. In ihnen wird die Freiheit und die damit einhergehende Beklemmung spürbar. Getragen wird das alles von der großartigen Darstellerin Elli Harboe, welche ihre Schauspielkarriere erst in diesem Jahrzehnt begonnen hat. Sie schafft es, Thelma zerbrechlich, schüchtern, verzweifelt und gefährlich wirken zu lassen und das oft zur selben Zeit. Abgerundet von einem stimmigen Nebendarsteller-Ensemble schafft es der Film stets auf realistischen Boden zu bleiben, auch wenn die Ereignisse übernatürlich werden. Untermalt mit dem Score von dem Komponisten Ola Fløttum bietet der Film eine eindringliche Wirkung, die weit über einen normalen Coming-of-Age-Film hinausgeht. Joachim Trier, der als Perfektionist bekannt ist, schuf hier ein Gesamtkunstwerk, das sich aber vor allem an ein Publikum richtet, das auch mit ruhigen Momenten und psychologischen Tiefen etwas anfangen kann.

Fazit: Der norwegische Film “Thelma” ist ein eindringlicher Spielfilm, der es schafft, auf düstere Art und Weise viele Genre zu vereinen und so ein starkes ambivalentes Gefühl beim Zuschauer zu hinterlassen. Die Schwermut überträgt er wunderbar auf die Bildsprache. Die titelgebende Thelma, wunderbar mit Elli Harboe besetzt, ist die faszinierende Protagonistin im Zentrum der Geschichte. Der Film ist alles andere als leichte Kost, aber das macht den Wert dieses intellektuellen und außergewöhnlichen Films ebenso aus. Joachim Trier zeigt dem Zuschauer oft verwendete Themen, die durch geschicktes Verschmelzen zu einem neuartigen Film wurden.

Bewertung: 7,5/10

Kinostart: 22. März 2018, DVD-Start: unbekannt

Der Trailer zum Film “Thelma”:

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

  • Website des Films “Thelma” 
  • Wikipedia-Artikel zum Film “Thelma
  • Rezension des Films “Thelma” im “Spiegel” 
  • Rezension des Films “Thelma” auf dem Portal “edp Film” 
  • Rezension des Films “Thelma” beim Sender “SWR”

 

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