“The First Purge” (2018)

Doreen Kaltenecker
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Filmkritik: Vor fünf Jahren entstand mit „The Purge“ der Auftakt zu einer Horrorfilm-Reihe, welche von Beginn nicht auch das Politische gescheut hat. Mit dem vierten Teil – „The First Purge“ (OT: „The First Purge“, USA, 2018) gehen der Drehbuchschreiber James DeMonaco (Regisseur der ersten drei Filme) und Regisseur Gerard McMurray noch einen Schritt weiter und machen aus dem Film mehr ein politisches Drama als einen Horrorfilm, als was die Reihe begann.

Nachdem die NFFA (‘New Founding Fathers of America’) die politische Führung übernommen hat, wollen sie ein Experiment wagen, das dazu dienen soll, die Kriminalität in Amerika zu senken. Unter der Leitung von Dr.Updale (Marisa Tomei) wird auf Staten Island für zwölf Stunden ein Experiment, die sogenannte Purge (Reinigung), ausgerufen, in deren Zeitraum alle Straftaten inklusive Mord erlaubt sind. Damit die Besucher nicht von der Insel verschwinden, werden ihnen 5000 Dollar angeboten, was vor allem die ärmere Bevölkerung zum Bleiben animiert. Auch Isaiah (Joivan Wade), der kleine Bruder der Anti-Purge-Aktivistin Nya (Lex Scott Davis), geht auf den Deal ein und als dann die Situation, obwohl es anfänglich nicht so schien, doch aus dem Ruder läuft, kommt der Drogenboss und Kyas Ex-Freund Dimitri (Y’lan Noel), den Menschen zur Hilfe.

Nach den ersten drei Teilen („The Purge – Die Säuberung“ (2013), „The Purge: Anarchy“ (2014) und „The Purge: Election Year“ (2016)) war die Geschichte fertig erzählt. Angefangen hat es mit einer fast klassischen Home-Invasion-Geschichte, welche über die Teile hinweg ihren Radius immer mehr erweitert hat. So war es ein kluger Schritt mit dem vierten Teil der Reihe – „The First Purge“ zu den Anfängen zurückzukehren und zu zeigen, wie sich solch eine menschliche Grausamkeit etablieren konnte. Denn jeder, der die Filme der Reihe gesehen hat, stellte sich unweigerlich die Frage, was man selbst tun würde. Das Drehbuch stammt wieder aus der Feder von James DeMonaco (*1969), der hier die Horror-Elemente der Reihe drastisch reduziert und vor allem im ersten Drittel ein sehr politisches Was-Wäre-Wenn-Drama schafft. Dabei verhehlt der Film seine politische Meinung nicht und auch die Botschaft ist klar und auch, gegen wen sie sich wendet. Im zweiten Teil, wenn alle Figuren (teilweise sehr stereotyp-lastig) etabliert sind, nimmt dann die Spannung zu und zeigt wunderbarerweise, wie es vermutlich wirklich bei so einem Experiment zugehen würde. Nur das letzte Drittel des Films ist weniger gelungen, weil es sich hier um einen sehr actionlastigen Teil zur Rettung der Filmhelden handelt. Doch was „The First Purge“ als einer der wenigen Vertreter seines Genres wirklich macht, ist eine extreme Politisierung und dafür schreckt er auch nicht vor Extremen zurück. Zwar hätte man sich an der einen oder anderen Stelle mehr Differenzierung gewünscht, aber immerhin bekommt man einen bösen Drogenboss, der auf einmal für die ärmere Bevölkerung und vor allem für seine Exfreundin sein Leben riskiert.

Gestaltet ist das ganze im realistischen Look. Es wird eine nicht allzu ferne Zukunft kreiert, welche zeigt, dass sich die Schere zwischen und Arm und Reich vergrößert hat. Staten Island ist in triste Farben getaucht und der Alltag der Menschen ist von Armut und Drogen geprägt. Dadurch kann die Politik, deren Entwicklung doch sehr an die Jetzt-Zeit erinnert, solche verheerenden Experimente ins Leben rufen. Von den Wissenschaftlern noch schön gedacht, entwickelt es sich schnell zum Schrecken. Dafür findet der Film die richtigen Bilder. Er zeigt das Hässliche und Brutale, alles verpackt in realitätsnahe Filmaufnahmen. Hinzu kommen das Ensemble aus unbekannten Darstellern, welche das abgehängte Amerika verkörpern. Doch natürlich ruhen alle Sympathien auf ihnen und ihren Versuchen, den Kampf zu überleben. Besonders fällt dabei Y’lan Noel als gutherziger Drogendealer auf und in einer Nebenrolle kann man Luna Lauren Velez sehen, welche in „Dexter“ (2006-2012) eine taffen Cop spielte und hier die Minderheit der Latinas verkörpert. So fügen sich die guten Darsteller, das realistische Setting und die stimmige Geschichte wunderbar zusammen und bieten mehr ein gesellschaftliches Drama als einen Horrorfilm.

Fazit: Der Horrorfilm „The First Purge“, der vierte Spross aus der „Purge“-Reihe bleibt der Reihe in vielen Elementen treu. Er setzt aber die Gesellschaftskritik in den Vordergrund und besitzt dann vor allem mehr Action- als Horrorelemente. So funktioniert der Film aufgrund seiner souveränen Darsteller und dem grauen Alltagslook vor allem als Gesellschaftsportrait und scheut auch nicht vor aktuellen Bezügen. „The First Purge“ ist so spannend, gut gemacht und sehr weit weg trotz großer Nähe von dem Home-Invasion-Film „The Purge“.

Bewertung: 7/10

Kinostart: 5. Juli 2018, DVD-Start: noch unbekannt

Der Trailer zum Film „The First Purge“

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

Ein Gedanke zu ““The First Purge” (2018)

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