„The Mule“ (2019)

Doreen Kaltenecker
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Filmkritik: In seinem Spätwerk scheint sich Regisseur und Darsteller Clint Eastwood auf amerikanische Helden á la „American Sniper“ (2014) und, wenn er selbst mitspielt, auf kauzige Rentner mit Herz wie bei „Gran Torino“ (2008) spezialisiert zu haben. Auch in seinem 40. Film als Regisseur – „The Mule“ (OT: „The Mule“, USA, 2019) – gibt er sich selbst mit 88 Jahren die Rolle eines Rentner-Drogenkurier.

Earl Stone (Clint Eastwood) züchtet Taglilien. Nachdem sein Geschäft aufgrund des florierenden Internethandels, welchen er ablehnt, immer schlecht läuft, sucht er sich eine andere Tätigkeit, mit der er schnell viel Geld verdienen kann. So beginnt er, anfänglich noch unwissend, für das Sinaloa-Kartell Drogen über die Grenze zu schmuggeln. Da er sich als weißer, alter Mann als die perfekte Tarnung herausstellt, werden die Mengen immer größer, die er schmuggelt, sodass irgendwann auch die DEA-Agenten Bates (Bradley Cooper) und Treviño (Michael Peña) auf ihn aufmerksam werden. Er selbst hofft, dass er mit dem Geld etwas bei seiner Enkelin Ginny (Taissa Famiga), seiner Tochter Iris (Alison Eastwood) und seiner Ex-Frau Mary (Diane Wiest) wieder gut machen kann, aber das stellt die verlorene Zeit, in der er nicht da war oder lieber mit anderen flirtete, auch nicht wieder her.

Clint Eastwood
© Warner Bros. Entertainment Inc., Imperative Entertainment, LLC, and BRON Creative USA

Basierend auf einem realen Fall, in welchem die DEA einem Drogenkurier namens Tata (übersetzt Großvater) auf der Spur war, erzählt Clint Eastwood zusammen mit seinem Drehbuchschreiber Nick Schenk eine wahre Geschichte, die 2011 Schlagzeilen gemacht hat. Diese ziemlich unglaubliche Geschichte über einen 87-jährigen Drogenkurier benutzt Eastwood, um sein eigenes Leben im Rampenlicht, mit der einen oder anderen Verfehlung zu thematisieren. Die Film-Tochter wird von seiner realen Tochter Alison Eastwood gespielt, so dass die Reue über vergeudete Zeit wahrhaftig erscheint. Doch das verpackt der Film alles leichtfüßig, wechselt emotionale Szenen mit locker-leichten Roadmovie-Szenen ab und schafft es, mit der DEA-Jagd auch noch Spannung in die Geschichte zu bringen. Mit dieser außergewöhnlichen Mischung erzählt der Regisseur gleichzeitig auch eine Geschichte übers Altern und wie sich der Fokus dabei verschieben kann und liefert damit ein Werk ab, das auch gut als Abschiedswerk funktionieren könnte. Doch wer glaubt schon, dass Clint Eastwood, Jahrgang 1930, so bald aufhört.

Alison Eastwood und Clint Eastwood
© Warner Bros. Entertainment Inc., Imperative Entertainment, LLC, and BRON Creative USA

Seit „Gran Torino“ (2008) vor elf Jahren stand er selbst nicht mehr als Hauptrolle vor der Kamera. Auch hier kann man wieder von einer typischen Clint Eastwood Figur reden, der sich als grummeliger Einzelgänger in die Filmgeschichte eingebrannt hat. Doch in diesem Film kommt ein zusätzlicher Aspekt hinzu, welcher der Figur und dem Film gut tut: Altersmilde. Die Figur des Earl lernt, wenn auch zu spät, was im Leben wichtig ist. Dies einzufangen gelingt Clint Eastwood auch in dem hohen Alter mit seinem nuancierten Spiel sehr gut, sodass man dem alten Kauz sogar ein Happy End wünschen würde. Abgerundet wird der Film wunderbar von den restlichen Cast, u.a. mit Bradley Cooper („Silver Linnings“ (2012), „A Star is born“ (2018)), Michael Peña („L.A. Crash“ (2004), „End of Watch“ (2012)) und Taissa Farmiga  („The Bling Ring“ (2013), „The Nun“ (2018)). Hinzu kommen die souveräne Ausgestaltung, stets nah an der Realität, welche sich der Optik des außergewöhnlichen Roadtrips gut anpasst, und die Musikauswahl, welche dem Film etwas Leichtfüßiges verleiht. So schafft er es in seinem 40. Film ein Roadmovie der anderen Art mit einem sympathischen Haupthelden zu erzählen, das sich wunderbar in die Reihe der Filme über älterer Männer u.a. „Lucky“ (2017), „Ein Gauner & Gentleman“ (2018) einreiht und so als Portrait auch übers Altern funktioniert.

Dianne Wiest und Clint Eastwood
© Warner Bros. Entertainment Inc., Imperative Entertainment, LLC, and BRON Creative USA

Fazit: Clint Eastwoods 40. Film „The Mule“, mit sich selbst in der Hauptrolle, erzählt, basierend auf wahren Tatsachen, von einer außergewöhnlichen Beschäftigung eines alternden Blumenzüchters. Eastwood schuf damit eine Figur zwischen seinem Image und einer mit Reue verbundenen Altersmilde. Das tut dem Film und der Figur sehr gut, so dass man sich gern auf den Roadtrip einlässt und sogar an ein Happy End glauben mag.  

Bewertung: 6,5/10

Trailer zum Film „The Mule“

Geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

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