„Call of the Wild“ (2019)

Doreen Kaltenecker
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Filmkritik: Zusammen mit dem Kurzfilm „Asho“ von Jafar Najafi in einem Block lief der wunderbar ehrliche Film „Call of the Wild“ (OT: „Volání divočiny“) der tschechischen Dokumentarfilmerin Karolína Peroutková, die nicht nur zwei Jungen portraitiert, sondern auch gleichzeitig ihre Umgebung, was sie mit dem amüsanten „Asho“ gemein hat.

Der zwölfjährige Michal und sein jüngerer Bruder Karel gelten in ihrer Gegend als die absoluten Rüpel und sie sind stolz darauf. Ganz nach dem Motto ‚Das Beste auf der Welt ist, das Gesetz zu brechen‘ trinken sie Alkohol, kokeln, rauchen und verschaffen sich illegal Zutritt. 

Die Regisseurin Karolína Peroutková leistet ihnen dabei Gesellschaft und mischt sich nicht ein, sondern ist bei jedem Unfug der beiden Jungs dabei. Hier bemerkt man im Film selbst die Spannung, zwischen der beobachtenden Position der Filmemacherin und der Verantwortung einer Erwachsenen: Sie wird von einem Passanten angesprochen, als die Brüder mal wieder Unsinn treiben. Doch obwohl die Regisseurin stark involviert ist, schafft sie ein starkes Portrait, das vorrangig auf Beobachten setzt. So gibt sie den Jungs die Kamera auch mal selbst in die Hand, sodass sich der Blick auf intime Weise erweitert. So dringt man als Zuschauer auch in das Heim der Jungen ein und lernt deren Eltern kennen. Über die gesamten 40 Minuten Länge des Films ergibt sich dabei nicht nur eine Geschichte über zwei Jungs, sondern eine Milieustudie des ländlichen Tschechiens. Ohne moralischen Zeigefinger und störende Kommentare wird die Lebenswelt hier ehrlich und offen eingefangen. Jeder Zuschauer wird dazu eingeladen, sich selbst Gedanken darüber zu machen, ob man hier die grenzenlose Freiheit zweier Jungs sieht oder eben doch zwei Kinder, in deren Leben es an sich kümmernden Menschen fehlt. Die Geschichte der beiden geht ganz unmerklich unter die Haut und liefert sehr gute Unterhaltung durch den innewohnende Humor und den kindlichen Charme seiner zwei Protagonisten. Nach diesen 40 Minuten, die von viel Ehrlichkeit vor und hinter der Kamera leben, möchte man gerne mehr sehen. So ist es wunderbar, dass die Regisseurin auch in ihrem neuesten Film den mittlerweile 16-jährigen Michal begleiten wird.

Fazit: Der 40-minütige tschechische Dokumentarfilm „Call of the Wild“ ist eine sanfte Milieustudie und das Portrait zweier Jungs, die es faustdick hinter den Ohren haben. Die Regisseurin Karolína Peroutková fängt das ungestüme Leben der beiden mit viel Humor, Ehrlichkeit und ohne Kamerascheu ein. Nachdem man die beiden Jungs und Karolína 40 Minuten lang begleitet hat, wünscht man sich, mehr zu sehen und glücklicherweise könnte das in einem folgenden Projekt passieren.

Bewertung: 8,5/10

Trailer zum Kurzfilm „Call of the Wild“:

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

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