Sechs Fragen an Jens Schanze

Doreen Kaltenecker
Letzte Artikel von Doreen Kaltenecker (Alle anzeigen)

© Börres Weiffenbach

Interview: Im Gespräch mit dem Filmemacher und Universitätsprofessor Jens Schanze konnten wir mehr über seine starke Kurz-Dokumentation „Stolz auf dich“, gesehen auf dem 63. DOK Leipzig, erfahren, wie aus einem Langzeitprojekt dieser Film entstand, warum er sich für eine Umsetzung in Schwarz-Weiß entschied und an wen er sich mit seinem Film wendet.

Wie bist Du auf Asude aufmerksam geworden und warum hast Du Dich entschieden, sie auf ihrem Weg zu begleiten?

Im Rahmen eines Seminars haben Studenten von mir einen vierminütigen Film mit Asude gedreht. In Deggendorf, wo ich an der Hochschule unterrichte, wird in den Lokalzeitungen immer wieder über ihre Turniererfolge berichtet. Mich hat ihre kompromisslose Entschlossenheit und die Diskrepanz zwischen ihrer schüchternen Zurückhaltung und ihrer ungeheuren körperlichen Präsenz im Boxring interessiert.

Wie oft habt ihr euch getroffen und über welchen Zeitraum ist der Film entstanden?

Ein halbes Jahr lang war ich jede Woche beim Training, habe zugeschaut und mit Asude, Kai, Julia und den anderen Mitgliedern der Mannschaft geredet. Ich habe ihre Schwestern und schließlich ihre Eltern kennengelernt. Wir hatten ursprünglich mit Asude vereinbart, ihre Entwicklung als heranwachsende Kickboxerin über mehrere Jahre bis zum Kampf um den Weltmeistertitel zu begleiten. Es waren auch zwei oder drei andere Personen aus ihrer Kickboxmannschaft als sogenannte ‚Nebenfiguren‘ vorgesehen. Der Drehzeitraum für den vorliegenden Kurzfilm umfasst etwa 15 Drehtage, verteilt über einen Zeitraum von zehn Monaten. Danach hat sie uns leider mitgeteilt, dass sie aus dem Langzeitprojekt aussteigen möchte. Die Dreharbeiten würden ihr zuviel inneren Stress verursachen. Ihre Entscheidung war unumstößlich.

Du hast den Film in schwarz-weiß gedreht – warum hast Du Dich dafür entschieden und welche anderen visuellen Aspekte waren Dir wichtig?

Die Sporthallen sind visuell sehr unruhige Drehorte, nicht zuletzt durch die Farbenvielfalt bei den Trikots, Trainingsanzügen und den Vereins- und Landesfahnen, die überall herumhängen. In einem derartigen Setting kann man durch Schwarz-Weiß eine bessere Konzentration auf die Gesichter ermöglichen, da man keine ablenkenden Farben im Bild kontrollieren muss. Inhaltlich hat die s/w- Stilistik auch mit Asudes Kompromisslosigkeit und der Härte des Kickboxsports – es gibt nur Sieg oder Niederlage – korrespondiert.

Dein Film enthält eine motivierende Botschaft – hast Du ihn speziell für ein junges Publikum entworfen?

Wir hatten ja ursprünglich vor, von der Entwicklung einer jungen Frau zu erzählen, die sich in der niederbayerischen Provinz ihren Platz im Leben und in der Gesellschaft erkämpft. Insofern ist diese ‚Botschaft‘ schon in Asudes Persönlichkeit angelegt. Da wir lediglich die allererste Phase des geplanten Projekts umsetzen konnten, d.h. die Zeit zwischen Asudes 17. und 18. Geburtstag, ist der Film natürlicherweise nah dran an dieser Altersgruppe.

Wie hat Asude den fertigen Film gefunden?

Sie war erleichtert, dass es in erster Linie um ihren Sport ging und hat sich für den Film bedankt.

Sind bereits neue Projekte in Planung?

Ein Projekt, das sich mit dem Thema Dekolonialisierung im Kontext des globalen Ringens um zukünftige Lebensweisen beschäftigt, befindet sich z.Z. in der Phase der Stoffentwicklung.

Die Fragen stellte Doreen Matthei
Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Stolz auf dich

Kommentar verfassen