Studium der Kunstgeschichte - Schwerpunkt: Filmgeschichte (Abschluss 2010 mit der Arbeit "Rembrandt im Spielfilm") Nebenfächer: Philosophie und Alte Geschichte
- seit 2012: Filmkritikerin bei movieworlds (Kino, DVD, BD, Festivalberichte)
- seit 2015: Blog 'Testkammer' online
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Filmkritik: Der Animationsfilm „Lightyear“ (OT: „Lightyear“, USA, 2022) ist die Realisierung eines fiktiven Films aus der Animationsfilm-Reihe „Toy Story“ (1995-2019), der die Originalstory der Figur erzählt, auf der die angeberische Spielzeug Buzz Lightyear basiert. Ein Film also, mit dem niemand gerechnet hat, herausgekommen ist ein klassische Science-Fiction-Helden-Geschichte, die sehr gut aussieht und im Allgemeinen eher harmlos ist.
Auf einer Space-Ranger-Mission landen Buzz Lightyear (gesprochen von Chris Evans) und seine Kollegin und Freundin Izzy Hawthorne ( Keke Palmer) auf einem fremden Planeten. Doch als sie diesen durchaus gefährlichen Ort wieder verlassen wollen, ist es ihnen nicht mehr möglich. Nun arbeiten sie daran, einen Treibstoff für den Hyperantrieb zu entwickeln, um den Planeten wieder zu verlassen. Doch der Testflug misslingt und zu allem Übel verliert Buzz dadurch vier Jahre. Mittlerweile ist das Leben auf dem Planeten weitergegangen und die Crew des Raumschiffes unter der Führung von Izzy macht den Ort immer bewohnbarer. Aber Buzz will nicht aufgeben und dafür sorgen, dass alle wieder nach Hause können, auch wenn ihn das Jahr um Jahr kosten wird.
„Toy Story“, erschienen 1995 aus dem Hause Pixar, hat die Welt verändert. Der erste computeranimierte Spielfilm entführte die Zuschauer:innen in ein Kinderzimmer, in dem die Spielzeuge zum Leben erwachten. Erfolgreich wurde die Geschichte in drei Filmen (1999, 2010 und 2019) fortgesetzt. Dabei fanden die Regisseure u.a. John Lasseter, Lee Unkrich und Josh Cooley stets neue Ideen und Kniffe und führten doch die mittlerweile ikonischen Figuren immer wieder auf neue Wege. Nun bekommt eines der Spielzeuge, Buzz Lightyear, sozusagen ein Prequel. Denn der Film „Lightyear“ erzählt nicht seine Geschichte, sondern von der fiktiven Filmfigur, auf der er basiert. Man wäre als Filmkenner:in vermutlich nie auf die Idee oder den Wunsch gekommen, diese Geschichte erzählt zu bekommen. Doch nun wird uns hier in 100 Minuten ein klassischer Science-Fiction-Action-Film präsentiert mit einem fiesen Bösewicht, einem nicht ganz so überraschenden Clou, viel Herz und einer Prise Humor. Der Film weiß um seine Vorbilder und wird ihnen gerecht. Nichts wirkt neu an der Geschichte, sei es die Kolonisierung eines neuen Planeten, der seltsame Roboterfreund (hier eine großartige Katze) oder der Verlust von Weggefährten. Hinzu kommt viel Weltraum- und Kampf-Action. Doch all das weiß der Regisseur Angus MacLane (*1975, „Findet Dorie“ (2016)), der zusammen mit Matthew Aldrich und Jason Headley das Drehbuch schrieb, gekonnt einzusetzen. Er bedient die Palette so gut, dass man zwar in Zitaten die Vorbilder erkennt, es aber nicht als Abkupfern wahrnimmt. Zwar gibt es auch die eine oder andere Länge, die aufgrund zu vieler Action entsteht und überbrückt werden muss, doch das wird an anderen Stellen – vor allem wenn Sox – die Roboterkatze vorkommt, wieder wettgemacht.
Hinzu kommt die fantastisch aussehende Umsetzung. Die GCI-Aufnahmen sind auf dem neuesten Stand der Technik und lassen dabei vergessen, vor allem bei den Szenen ohne Figuren, dass es sich um einen Animationsfilm handelt. So perfekt wurde hier das Sci-Fi-Genre adaptiert, dass der Film mit seinen Vorbildern locker mithalten kann. Sie schaffen es, Weltall, unbekannte Planeten und den ganzen Weltraumfahrer-Kanon bestens einzufangen, und überzeugen mit einer Mischung aus realen Bezügen und Fantasie. Bei den Figuren wählen sie einen anderen Ansatz. Diese besitzen noch das Knubbelige von animierten Figuren, schaffen es aber trotzdem, gelungen Charakteristika und Diversität zu zeigen. So wurde der Film in 14 islamischen Ländern verboten, da er einen lesbischen Kuss einer schwarzen Frau enthält. Auf formaler Ebene besitzt der Film alles, was zu einem Science-Fiction-Abenteuer dazu gehört, sei es die typische Heldenmusik oder die verschiedenen Schauplätze. So entstand ein Animationsfilm, dem es etwas an Humor fehlt, der sich ein klein wenig zu ernst nimmt, der aber als Science-Fiction-Film gut unterhalten kann und sich auch nicht vor dem Vergleich mit großen Vorbildern scheuen muss.
Fazit: „Lightyear“ ist eine Ergänzung der „Toy Story“-Geschichten und dringt dabei ins Science-Fiction-Genre vor. In genregerechter Manier mit viel Action und einer bunten Truppe erzählt er eine stereotypische Geschichte, baut eine tolle Roboterkatze ein, ist mehr ein Weltraum-Helden-Epos als ein Animationsspaß und löst sich so von seinen Ursprüngen. So zielt es auch auf ein anderes Publikum ab, aber das kann mit der ernsthafteren Geschichte gut unterhalten werden.