23. Landshuter Kurzfilmfestival 2023

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22.-27. März 2023 / Kinopolis, Kinoptikum und Salzstadel

Festivalbericht: Nach drei Jahren, in denen das Landshuter Kurzfilmfestival entweder ausfallen musste, nur online möglich war oder als Hybrid an den Start ging, ist nun die 23. Ausgabe, welche vom 22. bis 27. März 2023 stattfand, zurück als reine Präsenzveranstaltung. An sechs Tagen wurden in drei Spielstätten 215 Kurzfilme aus 37 Ländern in 13 Programmen gezeigt. Die Leitung oblag, wie bereits seit Beginn des Festivals, den beiden Festivalleiter:innen Michael Orth und Birgit Horn. 

D-A-CH-Wettbewerb

Salzstadel

Seit Anbeginn des Landshuter Kurzfilmfestivals gehört der deutschsprachige Wettbewerb zum festen Kanon. In acht Programmen konnte man 46 Kurzfilme aus Deutschland, Schweiz und Österreich entdecken. Der mit 5.000 € dotierte Hauptpreis ging an den österreichischen Kurzfilm „Hollywood“ von Leni Gruber und Alex Reinberg. Der Publikumspreis wurde an die großartige Komödie „Triumph des Schauspielers“ von Daniel Holzberg verliehen. 

In diesem Wettbewerb sprach die Jury, bestehend aus Mira Huber, Marcus Simon und Philipp J. Pamer, gleich zwei lobende Erwähnungen aus. Einmal an den Film „gschichtl“, der vom Ende einer Beziehung erzählt, und an den überraschenden Genre-Mix „Warum begeht Helen Koch schweren Kraftwagendiebstahl“ von Moritz Geiser. Zudem konnte man Filme wie „Vic“ von Luis Schubert, „Der beste Kurzfilm aller Zeiten“ von Alexander Peskador und „Nellys Story“ wiederentdecken, letzteren konnte man u.a. bereits auf dem 44. Filmfestival Max Ophüls Preis 2023 sehen.

Ebenfalls im Programm vertreten waren folgende Filme, die bereits in der Testkammer besprochen wurden: „Almost Home“, „Unter der Welle“, „Schwarmtiere“ von Alison Kuhn, „Was wir wollen“, „Zoon“ und „Steh auf du Sau“ von Florian Moses Bayer.

Internationaler Wettbewerb

Michael Orth und Birgit Horn bei der Eröffnung des Festivals

Seit 2019 gibt es auch einen internationalen Wettbewerb in Landshut. In diesem Jahr gab es ein starkes Programm aus 51 Filmen aus 30 Ländern. Die Jury, bestehend aus Eileen Byrne, Helene Christanell und Lola Basara, hatte es daher besonders schwer, sich zu entscheiden. Der Hauptpreis ging an den chinesischen Filmemacher Tian Lan, der sich in seinem Kurzfilm „Southern Afternoon“ mit der uigurischen Minderheit des Landes beschäftigt und gleichzeitig eine einfühlsame Familiengeschichte erzählt. Ihre lobende Erwähnung ging an den Film „Warsha“. Der Publikumspreis ging an den luxemburgischen Kurzfilm „The Last Paper“. Der Regisseur Romain Gierenz entwickelte aus einer anfänglichen Horror-Idee ein einfühlsames Drama über das Abschiednehmen. Doch das Programm hatte noch viel mehr zu bieten. So konnte man einfühlsame Dramen wie „Only the Moon stands still“, „At a Glance“ und „Binge Loving“ sowie Geschichten vom Ausbrechen wie „An Avocado Pit“ und „Blond Night“ entdecken, aber auch Komödien wie „Aspirational Slut“, die einfach nur gute Laune brachten. Besonders stark waren Beiträge, die sich besonderer Stilmittel bedienten, um ihre Geschichte zu erzählen so wie das Musical „Opera Night“, das sich mit der Klimakrise auf seine Weise beschäftigte, und auch das stilsichere „The Boy who couldn’t feel pain“, dessen deutscher Regisseur Eugen Merher einen Film schuf, der perfekt das ländliche Amerika einfängt. Faszinierend waren auch Beiträge wie „Tria“ und „Eye for an Eye“, die in einer nahen Zukunft spielten. 

Shock Blocks

Preisverleihung

Das Landshuter Kurzfilmfestival ist eines der wenigen deutschen Festivals, die dem kurzen Genre-Film eine Plattform bieten. Hier kann man Horrorfilme genauso entdecken wie Dark Comedy oder Psychothriller. Auch in diesem Jahr hatte das Programm viel zu bieten. Der Deadline Award, in dessen Jury ich selbst in diesem Jahr neben Peter Hengl und Stefan Jung sein durfte, ging an den spanischen Kurzfilm „Threshold“ von Javier Carneros Lorenzo, der sich im Gewand eines Horrorfilms mit dem Thema Obdachlosigkeit beschäftigt. Der Publikumspreis wurde an den ebenfalls spanischen Film „Voyager“ von Pablo Pagán vergeben, der darin eine Geschichte von einer transzendentalen Reise erzählt. Die lobende Erwähnung ging an den niederländischen Film „Gnomes!“ von Ruwan Heggelman, der darin mit schönsten Gore-Effekten und großer Handwerkskunst fiese kleine Zwerge zum Leben erweckt und dessen Umsetzung als Langfilm bereits beschlossene Sache ist. Doch das Programm hat noch weit mehr zu bieten. Der kanadische Film „Demon Box“ von Sean Wainsteim, der auch für den Innovation Award nominiert war, war weit mehr als nur ein Film, den man einem Genre zuordnen konnte. Er bedient sich an verschiedenen Genres, um eine persönliche Geschichte über ein familiäres Trauma zu erzählen. Darüber hinaus gab es gelungene Coming-of-Age-Geschichten („Alex’s Machine“), Filme, die eine ungewöhnliche Inszenierung fanden („From.Beyond“), pointierte Komödien („We Forgot About The Zombies“) und klassische Außenseitergeschichten gemischt mit Slasher-Action („Prom Car ’91“). Zudem gab es unter den Beiträgen mehrere Filme wie „Pissen aufs Patriarchat” und „Yummy Mummy“, die dezidiert einen weiblichen Blick besitzen. So war auch die Auswahl der 59 Filmen aus 17 Ländern mehr als gelungen.

DaHome

Salzstadel, DaHome Wettbewerb

Der 2018 ins Leben gerufene DaHome-Wettbewerb umfasste in diesem Jahr fünf Filme und lieferte einen gelungenen, differenzierten Blick auf das Thema Heimat. Neben den Filmen „Istina“ und „Aufnahmen einer Wetterkamera“ bestach der experimentelle Film „Sirens“ von Ilaria Di Carlo, der von oben auf die klimaschädlichen Kohlekraftwerke schaut, und die Dokumentation „The Dream of a Horse“, die von einem Mädchen berichtet, welche als Nomadin in der Abgeschiedenheit der Berge im Iran lebt und davon träumt zur Schule zu gehen. Gewonnen hat der Film „Die unsichtbare Grenze“ von Mark Gerstorfer, welcher sich mit dem Thema Abschiebung realitätsnah auseinandersetzt. 

DOK Blocks

Eröffnung

Auch der Dokumentarfilm war in diesem Jahr stark vertreten. Neben Filmen wie „Handbuch“ von Pavel Mozhar, „Glimmer“ von Ken Rischard und „Die Hüter des Unrats. Eine Geschichte des Abfalls“ konte man den starken Animationsfilm „Holy Holocaust!“ sehen, der auch mit dem Animation Award ausgezeichnet wurde. Die Regisseur:innen Osi Wald und Noa Berman-Herzberg erzählen darin eine persönliche Geschichte und zeigen, wie sich eine Freundschaft verändern kann. Die Doku „Toxic Magnus“ konnte den Innovation Award gewinnen und „Energia“ von Jona Salcher wurde als Bester Dokumentarfilm in diesem Jahr ausgezeichnet.

weitere Programme

Auch das Programm ‚Kurzes für Kids‘ hatte in diesem Jahr viel zu bieten. Zurecht wurde der Film „Oliver auf Kammerjagd“ ausgezeichnet, der mit viel Liebe eine Mischwelt aus Zeichnungen und Live Action zum Leben erweckte. Neben diesen fielen auch noch die beiden Animationsfilme „Ich habe keine Angst“ und „Luce and the Rock“ im Programm auf. Bei der Lokalrunde gewann der Film „Angelique“ von Elisabeth Kratzer und als Beste Komödie wurde „Mach’s Licht aus“ ausgezeichnet.

Fazit: Zurück in den Kinos war das 23. Landshuter Kurzfilmfestival 2023 eine Liebeserklärung an den Kurzfilm und zeigte wieder ein buntes Programm aus vielen Ländern und zahlreichen Genres. 

Trailer des 23. Landshuter Kurzfilmfestivals 2023

geschrieben von Doreen Kaltenecker

Quellen:

Im Artikel erwähnte Filme:

  • „Alex’s Machine“ (OT: „Alex’s Machine“, Frankreich, 2022, Regie: Mael Le Mée)
  • Almost Home“ (OT: „Almost Home“, Deutschland, 2022, Regie: Nils Keller)
  • „An Avocado Pit“ (OT: „An Avocado Pit“, Portugal, 2022, Regie: Ary Zara)
  • Eye for an Eye“ (OT: „Oeil pour oeil“, Kanada, 2022, Regie: Anthony Coveney)
  • Angelique“ (Deutschland, 2022, Regie: Elisabeth Kratzer)
  • „Aspirational Slut“ (OT: „Aspirational Slut“, USA, 2021, Regie: Caroline Lindy)
  • At a Glance“ (OT: „Bezorgd“, Niederlande, 2022, Regie: Ruud Satijn)
  • Aufnahmen einer Wetterkamera“ (Österreich, 2023, Regie: Bernhard Wenger)
  • „Binge Loving“ (OT: „Binge Loving“, Belgien, 2021, Regie: Thomas Deknop)
  • „Blond Night“ (OT: „Nuit blonde“, Kanada, 2022, Regie: Gabrielle Demers)
  • Demon Box“ (OT: „Demon Box“, Kanada, 2023, Regie: Sean Wainsteim)
  • „Der beste Kurzfilm aller Zeiten“ (OT: „Der beste Kurzfilm aller Zeiten“, , 2022, Regie: Alexander Peskador)
  • Die Hüter des Unrats. Eine Geschichte des Abfalls“ (Deutschland, 2022, Regie: Susann Maria Hempel)
  • „Die unsichtbare Grenze“ (OT: „The Inivisible Border“, Österreich, 2022, Regie: Mark Gerstorfer)
  • „Energia“ (OT: „Energia“, Polen/Deutschland, 2022, Regie: Jona Salcher)
  • From.Beyond“ (OT: „From.Beyond“, Norwegen, 2022, Regie: Fredrik S. Hana)
  • „gschichtl“ (OT: „gschichtl“, Österreich, 2022, Regie: Franz Quitt)
  • Glimmen“ (OT: „Glimmer“, Luxemburg, 2022, Regie: Ken Rischard)
  • „Gnomes!“ (OT: „Gnomes!“, Niederlande, 2022, Regie: Ruwan Heggelman)
  • Handbuch“ (OT: „Handbuch“, Deutschland/Belarus, 2022, Regie: Pavel Mozhar)
  • Hollywood“ (OT: „Hollywood“, Österreich, 2022, Regie: Leni Gruber, und Alex Reinberg)
  • „Holy Holocaust!“ (OT: „Holy Holocaust!“, Israel, 2021, Regie: Osi Wald & Noa Berman-Herzberg)
  • Ich habe keine Angst“ (OT: „Ich habe keine Angst“, Deutschland/Norwegen, 2022, Regie: Marita Mayer)
  • Istina (Wahrheit)“ (OT: „Istina“, Deutschland/Serbien, 2023, Regie: Tamara Denić)
  • „Luce and the Rock“ (OT: „Luce and the Rock“, Niederlande, 2022, Regie: Britt Raes)
  • „Mach’s Licht aus“ (OT: „Mach’s Licht aus“, Deutschland, 2022, Regie: Marc Philip Ginolas und Marius Beck)
  • „Nellys Story“ (OT: „Nellys Story“, Österreich, 2023, Regie: Jonas Steinacker)
  • Oliver auf Kammerjagd“ (OT: „Oliver auf Kammerjagd“, Deutschland, 2022, Regie: Mirko Muhshoff, Kai Zwettler)
  • „Only the Moon stands still“ (OT: „Only the Moon stands still“, USA, 2021, Regie: Johnson Cheng)
  • Opera Night“ (OT: „Opera Night“, Dänermark/Deutschland, 2022, Regie: Hilke Rönnfeldt)
  • Pissen aufs Patriarchat” (OT: „Pissen aufs Patriarchat“, Deutschland, 2023, Regie: Lena Fakler
  • Prom Car ’91“ (OT: „Prom Car ’91“, USA, 2022, Regie: Brian Otting)
  • Schwarmtiere“ (OT: „Schwarmtiere“, Deutschland, 2022, Regie: Alison Kuhn)
  • „Sirens“ (OT: „Sirens“, Deutschland, 2022, Regie: Ilaria Di Carlo)
  • „Southern Afternoon“ (OT: „Southern Afternoon“, China, 2022, Regie: Tian Lan)
  • Steh auf du Sau“ (OT: „Steh auf du Sau“, Österreich, 2022, Regie: Florian Moses Bayer)
  • „The Boy who couldn’t feel pain“ (OT: „The Boy who couldn’t feel pain“, Deutschland, 2022, Regie: Eugen Merher)
  • „The Dream of a Horse“ (OT: „The Dream of a Horse“, Iran, 2022, Regie: Marjan Khosravi)
  • „The Last Paper“ (OT: „De läschte Pabeier“, Luxemburg, 2022, Regie: Romain Gierenz)
  • „Threshold“ (OT: „Threshold“, Spanien, 2022, Regie: Javier Carneros Lorenzo)
  • „Toxic Magnus“ (OT: „Toxic Magnus“, Dänemark, 2022, Regie: Nasos Gatzoulis)
  • „Tria“ (OT: „Tria – del sentimento del tradire“, Italien, 2022, Regie: Giulia Grandinetti)
  • Triumph des Schauspielers“ (OT: „Triumph des Schauspielers“, Österreich, 2022, Regie: Daniel Holzberg)
  • Unter der Welle“ (OT: „Under the Tide“, Deutschland, 2022, Regie: Veronika Hafner)
  • Vic“ (OT: „Vic“, Deutschland, 2023, Regie: Luis Schubert)
  • „Voyager“ (OT: „Voyager“, Spanien, 2022, Regie: Pablo Pagán)
  • „Warsha“ (OT: „Warsha“, Frankreich/Libanon, 2021, Regie: Dania Bdeir)
  • Warum begeht Helen Koch schweren Kraftwagendiebstahl“ (OT: „Warum begeht Helen Koch schweren Kraftwagendiebstahl“, Deutschland, 2022, Regie: Moritz Geiser)
  • „Was wir wollen“ (OT: „Of Kisses and Cpaes“, Deutschland, 2023, Regie: Elena Weiss)
  • We Forgot About The Zombies“ (OT: „We Forgot About The Zombies“, USA, 2022, Regie: Chris McInroy)
  • „Yummy Mummy“ (OT: „Yummy Mummy“, UK, 2021, Regie: Gabriela Staniszewska)
  • Zoon“ (OT: „Zoon“, Deutschland, 2021, Regie: Jonatan Schwenk)

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