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Wie kam es zu dieser Coming-of-Age-Geschichte? Wie viel Wahres und Erlebtes steckt da drin?
Ich wollte eigentlich immer schon einen Coming-of-Age-Film machen, ich habe durch Zufall jemandem von meinem Aufnahmeritual in meiner Fußballmannschaft erzählt und so ist die Idee nach und nach gewachsen. Ich habe viel über meine eigene Jugend nachgedacht und manche Gefühle und Gedanken in den Film übertragen. Der Film hat autobiographische Elemente, aber nicht nur Erlebnisse aus meiner eigenen Jugend stecken darin, auch Erfahrungen meiner Co-Autorin Marie Luise Lehner tauchen im Film auf. Und wichtig ist zu sagen: Der Großteil der Handlung ist trotzdem fiktiv.
Wie würdest du selbst sagen, beeinflusst die dörfliche Umgebung die Entwicklung junger Menschen? Hier im Film wirken sie gefangen oder wie der Spielball der Erwachsenen.
Ich bin der Meinung, dass es grundsätzlich egal ist, wo man aufwächst; gefangen kann man grundsätzlich überall sein. Aber in der Stadt gibt es sicherlich mehr Auswahlmöglichkeiten und Möglichkeiten zur Flucht. Am Land hast du halt den einen Freundeskreis, den einen Fußballverein, die eine Freiwillige Feuerwehr und die eine Blaskapelle. Aber ich will das auf gar keinen Fall per se schlecht reden, weil es ja auch schön sein kann, so limitiert zu sein: Da wird man dann kreativ und nimmt für seine ersten Filmerfahrung zum Beispiel Kühe als seine Hauptprotagonistinnen (so war es bei mir). Für mich musste dieser Film am Land spielen – in der Stadt wäre die Geschichte eine andere geworden.
Wie nah ist Deine Geschichte und Schilderungen am dörflichen Leben dran?
Ich hab mich sehr bemüht, so gut wie möglich wiederzugeben, wie ich selbst aufgewachsen bin. Ich habe auch von mehreren Menschen, die am Land leben, das Feedback bekommen, dass es sehr schön ist wie wir das eingefangen haben. Das hat mich sehr gefreut. Ich glaube, dass entsteht durch Details, etwa das Gery ohne Führerschein trotzdem das Auto der Mutter nimmt und damit herumfährt.
Was lag Dir dabei visuell am Herzen?
Uns war es wichtig in emotionalen Szenen so wenig wie möglich zu schneiden, damit die ZuschauerInnen nicht heraus können und somit eine größere Bindung zu Gery aufbauen. Wir wollten immer sehr nahe an Gery dran sein, aber trotzdem seine Verlorenheit zeigen – daher haben wir auf kurze Brennweiten gesetzt, um trotzdem einen großen Raum zu erzählen. Es war eine bewusste Entscheidung ihr Schlussmachen zu schneiden, weil es in der Jugend ja auch sehr schnell gehen kann. Da gab es noch keine langen Diskussionen, keine langen Streitereien – es war kurz und trotzdem sehr schmerzvoll.
Ganz prominent ist der eine Song von Wolfgang Ambros – wie kam es dazu?
Ich habe sehr lange nach dem richtigen Lied für die Szene im Auto gesucht. ich kann mich noch erinnern, wie die Mutter meiner Freundin uns das Lied nachdem ich ihr von meiner Suche erzählt habe, eines Morgens das Lied vorgespielt hat und ich wusste sofort: das ist das Richtige. Dann war nur noch die Frage, wie kommen wir zu dem Einverständnis, dass wir das Lied auch nehmen dürfen. Fabian Bachleitner, der die ganzen Lieder für den Film komponiert hat, war mit seiner Band „Belle Fin“ als Vorband von Wolfgang Ambros beim Lieder of Banz in Deutschland. Fabian hat Wolfgang Ambros angerufen und gefragt, ob das in Ordnung ist, wenn er das Lied für „Steh auf du Sau!“ covert – ich bin sehr froh darüber, dass das geklappt hat.
Dein Cast ist wunderbar. Wie hast Du ihn zusammengestellt? War es schwierig, die beiden Hauptdarsteller zu finden?
In gewisser Weise habe ich den Film auch für Laurin geschrieben bzw. als ich damals in dem Film von Nicolas Pindeus [Anm. d. Red. „Zufall & Notwendigkeit“ (2019)] gesehen habe, wusste ich, dass ich mit ihm einmal drehen will. Felix Oitzinger habe ich im Zuge unserer Regieübung an der Filmakademie gesehen und auch bei ihm wusste ich sofort, dass ich mit ihm arbeiten will. Schwieriger war es Hannahs Rolle zu besetzen. Wir haben über 30 junge Frauen gecastet und haben schlussendlich die wunderbare Antonia Baumgartner gefunden. Es war ihr erster Film, ich war von ihrer authentischen Spielweise begeistert und wusste, dass sie diese jugendliche Unbefangenheit schön zeigen wird.
Könntest Du Dir vorstellen diesen Stoff auch in einem Langfilm weiterzuerzählen – genug Potential steckt in der Geschichte ja?
Darüber haben wir tatsächlich länger gesprochen, weil der Stoff für einen Langfilm sicherlich auch gut geeignet gewesen wäre. Ich glaube, dass das bei vielen Kurzfilmen funktionieren würde, aber die Suche nach der filmischen Erzählform ist glaube ich bei kürzeren Geschichten besser zu finden.
Kannst Du mir am Schluss noch ein bisschen mehr von Dir erzählen und wie Du zum Film gekommen bist?
Ich wurde in der Steiermark geboren, ging in eine Waldorfschule, wo wir sehr viel ausprobieren konnten. Es gab jedes Jahr ein Theaterstück und eine Projektwoche, in der ich das erste Mal mit Film in Berührung kam. Ich habe mich dann aber eher auf das Schauspielen konzentriert, mit 20 bin ich dann für das Schauspielstudium nach Wien gezogen und hab gleichzeitig wieder angefangen Filme zu machen. Mit Ende 20 habe ich mich dann noch einmal dazu entschlossen an der Filmakademie zu studieren – was für mich bis heute die beste Entscheidung war.
Sind bereits neue Projekte geplant?
Momentan arbeiten ich an meinem Abschlussfilm an der Filmakademie, schreibe aber auch gleichzeitig an Langfilmprojekten.
Die Fragen stellte Doreen Matthei
Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Steh auf du Sau!“