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18.-23. April 2023 / u.a. in: Schauburg, Thalia, Programmkino Ost und auf dem Schlossplatz
Internationaler Wettbewerb
Das Herzstück bilden auch auf dem diesjährigen Filmfest die vielen Wettbewerbe. Insgesamt wurden von acht Jurys sowie vom Publikum zehn Goldene Reiter und sechs Sonderpreise im Wert von 72.000 € vergeben. Fünf der Preise erhielten Filme, die im Internationalen Wettbewerb liefen. Dieser umfasste 30 Kurzfilme aus 34 Ländern und bestach mit einer gelungenen Mischung aus Spiel- und Animationsfilmen. Den Goldenen Reiter Kurzfilm erhielt der tschechisch-slovakische Film „Asterion“ von Francesco Montagner. Der Film zeigt ohne jeglichen Ton die leidvolle Geschichte eines Stieres, auch über seinen Tod hinaus. Der bereits auf Berlinale Shorts 2022 gezeigte „It’s Raining Frogs Outside“ gewann den Goldenen Reiter der Animation und setzte sich so gegen die starken Beiträge wie „Persona“, „The Debutante“ von Elisabeth Hobbs, „Headprickles“, „Dog-Apartment“, den bitterbösen „The Land of Milk & Honey“, der auch den Arte Kurzfilmpreis erhielt, und die beiden interpretationsfreudigen und entzückenden Beiträge „The Garisani“ und „In the big yard inside the teeny-weeny Pocket“ durchsetzte. Der verstörende Stop-Motion-Film „Skinned“ wurde zum Publikumsliebling gewählt. Der kolumbianische Spielfilm „Flores del Otro Patio“ bekam gleich zwei Preise (Goldener Reiter der Jugendjury & „Voll Politisch“) verliehen. Der Film von Jorge Cadena erzählt vom Kampf junger queerer Männer gegen die Ausbeutung durch das größte Kohlebergwerk Kolumbiens. Der Dresdner Kurzfilmpreis des Verbandes der deutschen Filmkritik ging an den Schweizer Film „Heart Fruit“ von Kim Allemand. Der Regisseur beschäftigt sich darin mit den vielen Schwierigkeiten menschlicher Beziehungen. Auch die Filmton-Jury, die seit 2015 ihren Preis vergibt, kürte ihren Sieger aus dem Internationalen Programm: „Mulika“ erhielt den Preis für den besten Filmton. Doch das Programm hatte noch mehr zu bieten. So konnte man u.a. den Kurzfilm „Potemkinistii“ von Radu Jude, der 2021 mit „Bad Luck Banging or Loony Porn“ den Goldenen Bären auf der 71. Berlinale 2021 gewinnen konnte, sehen, der sich wie gewohnt sich mit Humor der Geschichte seines Landes widmet. Auch „Municipal Relaxation Module“ verwendet Humor, um seine eigentlich zutiefst traurige Geschichte zu erzählen. Ganz ohne Humor und mit einem inszenatorischen Kniff erzählt „Maria Schneider, 1983“ von Missbrauch am Filmset. Auch queere Themen haben einen festen Platz beim Filmfest Dresden und waren im internationalen Wettbewerb u.a. mit „To Write from Memory“ und „An Avocado Pit“ stark vertreten.
Nationaler Wettbewerb
Der deutsche Kurzfilm, der mittlerweile auch sehr international aufgestellt ist, war mit 26 Beiträgen gut im Nationalen Wettbewerb vertreten. Der Goldene Reiter für den besten Spielfilm ging an den Film „Mother Prays all day long“, der sich in 24 Minuten mit einer Vielzahl von Themen beschäftigt. Im Spielfilmbereich fielen noch die Öko-Dystopie „Mudhole“, die den Publikumspreis erhielt, und die Fallrekonstruktion „Zelle 5“ auf. Als Bester Animationsfilm wurde Volker Schlechts Kurzfilm „The Waiting“ mit dem Goldenen Reiter ausgezeichnet. Der DEFA-Förderpreis ging an den Stop-Motion-Film „Wind Whisperer“. Der 30-minütige „Urban Solutions“ erhielt den Goldenen Reiter der Jugendjury. Den höchstdotierten Preis erhielt der Film „Lake of Fire“ des Künstlerinnenkollektivs Neozoon. Seit Jahren machen sie Kurzfilme, bei denen sie nur mit Found-Footage-Material arbeiten und dabei einen kritischen Blick auf viele gesellschaftsrelevante Themen werfen. In diesem Werk geht es um das zwiespältige Verhältnis der Menschen zur Natur und den religiösen Strömungen, die an ein unendliches Leben glauben.
Auch die seit Jahren stattfindende Mitteldeutsche Filmnacht präsentierte wieder acht Filme von Filmemacher:innen aus der Region u.a. „Biegen und Brechen“ von Falk Schuster und „Saft“ von Mona Keil, der auch den Wettbewerb gewinnen konnte. Ganz abseits der gängigen Programme lief der Kurzfilm „Loïe Fuller – Die elektrische Fee“. Der Film von Betina Kuntzsch („Kopf Faust Fahne – Perspektiven auf das Thälmanndenkmal“ (2021)) gewann den LUCA Filmpreis für Geschlechtergerechtigkeit.
Kids- & Jugendblock
Die Kinder- und Jugendveranstaltungen waren auch in diesem Jahr oft ausgebucht und boten ein vielfältiges Programm für alle Altersstufen. Das Junge Kuratorium, das seit 2019 Jahren die Filme selbst auswählt und moderiert, hat wieder großartige Arbeit geleistet. Als Lieblinge der Kinder wurden „La Soupe de Franzy“, „Naissance des Oasis“ und „Boom“ gewählt. Daneben begeisterten noch Filme wie „Katze“, „Ich habe keine Angst!“ von Marita Mayer, der von Kindern realisierte „The Evil Castle“, „The Queen of the Foxes“ von Marina Rosset, „Town Hall Square“ und „Adjustment“, der zeigt, dass man Kindern auch schwierigere Geschichten zutrauen kann und sollte.
Die zwei Programme des Jugendblocks waren besonders stark und zeigten eine Bandbreite an Stoffen, mit denen man sich bereits in jungen Jahren auseinandersetzt. So gab es queere Stoffe wie „Die Schule brennt und wir wissen warum“ und „Jean fell in Love“, die sich gleichzeitig auch beide mit Mobbing beschäftigten. Beiträge wie „Ice Merchants“, der zum Publikumsliebling des ersten Jugendblocks gewählt wurde und auch schon bei den diesjährigen Oscars vertreten war, und „Datsun“setzten sich auf gekonnte Weise mit dem Thema Verlust auseinander. Doch auch Themen wie Abtreibung („Heartbeat“) und Rassimus („It’s nice in here“ – der auch das Liebling des Publikums war) waren Bestandteil des Programms. Gleichzeitig gab es noch viele verschiedene Erzählformen – sei es klassischer Puppen-Trick („Paolos Glück“) oder halb dokumentarische Filme wie „Freedom Swimmer“.
Auch auf dem Open Air gab es vier Familienprogramme. Dort konnte man u.a. den liebenswürdigen Stop-Motion-Film „Battery Daddy“ sehen, den 2D-Zeichentrick „Cactus“, ebenfalls eine Geschichte gegen Mobbing, sowie den fantastischen „Luce and the Rock“ von Britt Raes sehen. Besonders hervor stach aber der von Kindern gespielte „Die gestiefelte Katze“, der komplett in Gebärdensprache und in fantastischen Sets das bekannte Märchen neu erzählt.
Sonderreihen
Neben den Wettbewerben gab es noch viele weitere Filme zu entdecken. Die Schwerpunkt-Sonderreihe ‚Happy Exitland‘ setzte sich in vier Programmen mit so unterschiedlichen Filmen wie „Hundefreund“, „Dirndlschuld“, „Deine Straße“ und „Las Flores“ sowie dem 38-minütigen Experimentalfilm „Tierra en Trance“ mit den Themen Erde, Rassismus, Widerstand und Heimat auseinander. Auch die Panorama-Reihe war international wieder sehr gut aufgestellt und begeisterte mit einer interessanten Mischung voller ernster Themen gepaart mit Humor u.a. mit „L’Escale“ und „Amok“. Der ‚Diskurs Europa‘ widmete sich in diesem Jahr den spanischen Regionen Katalonien und Baskenland. Der ‚Fokus Quebec‘, für den das Filmfest seit 2006 mit der kanadischen Organisation ‚Société de développement des entreprises culturelles‘ (SODEC) zusammenarbeitet, bot wieder eine tolle Mischung, von der man sich überraschen lassen konnte. Abgerundet wurde das vielfältige Programm mit einem starken Open Air. Auf dem Schlossplatz – gegenüber der Hofkirche – wurden an allen Tagen insgesamt 98 Filme in 21 Programmen gezeigt und hielten viele Überraschungen wie „Long Time No Techno“, „Muut Ihmsiet“ und „Schlafende Hunde“ parat.
Fazit: Die 35. Ausgabe des Filmfest Dresden begeisterte wieder mit einer bunten Mischung von Kurzfilmen, die sich oft in ungewöhnlichen Erzählweisen, u.a. auch als dokumentarische Annäherungen, vielen ernsten und wichtigen Themen widmen. Bei der großen Auswahl an Wettbewerben und Sonderreihen gab es auch in diesem Jahr wieder viel zu entdecken. So konnte man neben lieb gewonnenen Programmen filmische Perlen sehen, die wohl noch lange im Gedächtnis bleiben werden.
Trailer des 35. Filmfest Dresden 2023:
geschrieben von Doreen Kaltenecker
- Schauburg Dresden
- Moderator Falk Töpfer mit Anna Gaschütz und Sylke Gottlebe
- Pau Pau Stand in der Schauburg
- Falk Töpfer mit Sven Pötting und Diana Cam Van Nguyen
- Sektempfang in der Schauburg
- Eröffnung in der Schauburg Dresden
- Im Thalia Kino – Cinema Digestif Beyond Nollywood – When Sand Enter Garri
- Darstellerinnen Joana Taskiran und Luna Kuse sowie die Regisseurin Janina Lutter aus “Die Schule brennt und wir wissen warum”
- vor der Schauburg
- im Sergio-Leone-Saal der Schauburg
- Preisverleihung in der Schauburg
- Neozoon bei der Preisverleihung in der Schauburg
- Open-Air am Schlossplatz
- im Foyer der Schauburg
- Die Qual der Wahl
Fotos von Michael Kaltenecker
Quellen:
- Website des Filmfest Dresden
- Wikipedia-Artikel über das Filmfest Dresden