44. Filmfestival Max Ophüls Preis 2023

Doreen Kaltenecker
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Festivalbericht: Auch in diesem Winter fand im saarländischen Saarbrücken das Filmfestival Max Ophüls Preis statt. Unter der Leitung von Svenja Böttger entstand die 44. Ausgabe des Festivals, das sich von Beginn an den jungen, oft deutschsprachigen (Independent-)Filmen widmete. Auch in diesem Jahr gab es eine große Auswahl aus 59 Langfilmen und 70 Kurzfilmen, unter denen 18 Preise im Wert von 118.500 € vergeben wurden.

Wettbewerb Spielfilm 

Im Spielfilm-Wettbewerb traten 13 Filme aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gegeneinander an. Als Bester Spielfilm wurde „Alaska“ von Max Gleschinski ausgezeichnet, der aus drei Perspektiven sein Drama erzählt, dabei von einem notwendigen Aufbruch berichtet und es auch schafft, in kleinen Momenten Hoffnung zu schenken. Der Regisseur Lukas Nathrath wurde für die Beste Regie für seinen Film „Letzter Abend“ ausgezeichnet. Darin erzählt er von einem letzten Abend unter Freunden, bevor ein Paar von Hannover nach Berlin zieht. Doch diese letzte Feier läuft so schief, wie man es sich kaum ausmalen kann. Die Mischung aus Überspitzung und Bodenständigkeit funktioniert hier hervorragend. Der österreichische Film „Eismayer“ erhielt den Publikumspreis und den Preis der Filmkritik – Bester Spielfilm. Das Drama, das in den österreichischen Kinos bereits angelaufen ist, erzählt von einer queeren Liebe in einer strengen Militärstruktur. Der ebenfalls aus Österreich stammende Film „Breaking the Ice“ von Clara Stern, ein queeres Sportler-Drama, wurde gleich mit drei Preisen ausgezeichnet. Er gewann den Fritz-Raff-Drehbuchpreis, den Preis für den gesellschaftlich relevanten Film und den Preis der Jugendjury. Einer der schönsten Filme des Wettbewerbs war die Dramödie „Franky Five Star“ mit einer wunderbaren Lena Urzendowsky in der Hauptrolle. Für diesen Film wurde die Regisseurin Birgit Möller mit dem Preis der ökumenischen Jury prämiert. Zusätzlich wurden noch zwei Schauspieler:innen für ihre Leistung ausgezeichnet. Augustin Groz für „Wer wir einmal sein wollten“ und Alina Stiegler für „Sprich mit mir“ erhielten die Preise.

Wettbewerb Dokumentarfilm

Auch der Dokumentarfilm war in diesem Jahr mit elf Beiträgen stark vertreten. Den Preis für den Besten Dokumentarfilm gewann der Film „Good Life Deal“, welcher als Ruhestand-Märchen eines Österreichers, der nach Thailand auswandert, beginnt und als kleiner Krimi endet. Für die Beste Musik in einem Dokumentarfilm wurde der Komponist Marcus Thomas für den Film „Independence“, der auch den Preis der Filmkritik – Bester Dokumentarfilm erhielt, ausgezeichnet. Mit einem Blick um die Welt erzählt der Regisseur Felix Meyer-Christian von verschiedenen Freiheitsbewegungen und wie weit die Definition ausgereizt werden kann. Als Publikumsliebling wurde die schweizer Dokumentation „Für immer Sonntag“ von Steven Vit, der darin seinen Vater beim Eintritt ins Rentenalter begleitet, ausgewählt. Neben den ausgezeichneten Filmen wurden noch weitere starke Dokumentationen gezeigt. Die Langzeitbeobachtung „Urlau(b)“ von Eva Hartmann, die den allgäuer Ort Urlau über mehrere Jahre besuchte und dessen Entwicklung hin zu einem Touristenort festhielt, sowie „27 Storeys“ von Bianca Gleissinger, die von einem Wohnkomplex am Rande Wiens erzählt und wie sich das Leben dort anfühlt, stachen aus den Beiträgen heraus.

Wettbewerb Mittellanger Film

In der Kategorie ‚Mittellanger Film‘, bei dem Filme mit einer Spieldauer von 25 bis 60 Minuten laufen, gewann der deutsche Film „Wherever Paradise Is“ von Roman Wegera den Preis als Bester Mittellanger Film, erzählt darin eine klassische Coming-of-Age-Geschichte, von Familie und Träumen und ist angesiedelt im Deutschland um die Jahrtausendwende. Den Publikumspreis erhielt der Film „Istina (Wahrheit)“, der den Beruf der Fotojournalistin eindrücklich näher bringt. Neben diesen beiden Filmen gab es noch weitere spannende Beiträge zu entdecken. Seien es der niederländische „Moddergat“, der ganz unaufgeregt die heutige Welt weiterdenkt und zeigt, wie die Menschheit zukünftig mit der Klimakrise umgehen könnte, oder der Science-Fiction-Film „Almost Home“, der kammerspielartig von einer Pandemie und eine Coming-of-Age-Geschichte erzählt. Auch der Film „Hollywood“ von Leni Gruber und Alexander Reinberg erzählt eine Art Findungsgeschichte. Ein starker Beitrag kam von Eléna Weiß („Kippenschnippen“): „Was wir wollen“ ist ein berührender Film, über zwei Menschen mit körperlichen Behinderungen, die sich sexuell annähern wollen. 

Wettbewerb Kurzfilm

Auch im Wettbewerb Kurzfilm konnte man viele spannende Beiträge entdecken, u.a. den neuesten Film von Bernhard Wenger – „Aufnahmen einer Wetterkamera“ – der auch hier wieder sein Gespür für die menschliche Natur beweist. Diese und der Umgang mit sozialen Medien standen auch in den Filmen „Vic“ und „Nellys Story“ im Vordergrund. Aber auch dystopische Stoffe wie „Auf Sand gebaut“ waren im Programm vertreten. Als Bester Kurzfilm und als Publikumsliebling wurde der österreich-ungarische Kurzfilm „Das andere Ende der Straße“ von Kálmán Nagy ausgezeichnet. Er erzählt die Geschichte von einem Vater, dessen Sohn von einem Mitschüler geschubst wurde, und der jenen und dessen Eltern damit konfrontieren will. 

MOP-Watchlist & MOP-Shortlist

Neben den Wettbewerben gab es viele weitere Filme und Sonderreihen zu entdecken. Seien es der Eröffnungsfilm „Aus meiner Haut“ von Alex Schaad oder eine Tribute-Reihe für Sandra Hüller, einen Kinderfilm-Block u.a. mit Filmen wie „Der Pfad“ und „Geschichten vom Franz“. Aber auch Gastprogramme wie das Atelier Ludwigsburg-Paris waren mit Kurzfilmen wie „Bettys“ von Lenny Heller vertreten oder die Kurzfilmtour – die starke Beiträge wie „Mona & Parviz“, „August und die Hasenohren“ und „Weil ich Leo bin“ zeigte. Auch in diesem Jahr waren die MOP-Watchlist und die MOP-Shortlist eine gute Anlaufstelle für interessante Beiträge, insbesondere auch von Nachwuchsfilmemachern, die schon einmal zu Gast auf dem Max Ophüls waren. Neben dem grandiosen Dokumentarfilm „Blauer Himmel Weiße Wolken“ von Astrid Menzel und dem fantastischen Spielfilm „The Ordinaries“ von Sophie Linnenbaum konnte man die Dokumentation „Berlin Bytch Love“ von Heiko Aufdermauer und Johannes Girke sehen. Der Film begleitet ein junges Paar, das zuerst auf den Straßen Berlin lebt und dann für das Wohl ihres Kindes, das sie erwarten, versucht sich ein geordnetes Leben aufzubauen.  

Auch das Kurzfilmprogramm hatte viel zu bieten. Zum einen konnte man bereits liebgewonnene Filme wie „Schwarmtiere“ von Alison Kuhn und „Louis I. König der Schafe“ von Markus Wulf wiedersehen. Zum anderen zogen Experimentalfilme wie „Lob der Stumpfen Arbeit“, Dokumentationen wie „1 Kilo – 3 Euro“, „Glimmen“ und „Las Flores“ und auch Essayfilme wie „Hardly Working“ des Kollektivs Total Refusal („How to Disappear“ (2020)) die Zuschauer:innen in den Bann.

© Filmfestival Max Ophüls Preis - Oliver Dietze

44. Filmfestival Max Ophüls Preis 2023 –
Impressionen: Schaufenster.
Foto: Oliver Dietze

Fazit: Die 44. Ausgabe des Filmfestivals Max Ophüls Preis fand wie gewohnt in der letzten Januar Woche statt und konnte das Publikum mit einer breiten Auswahl an Dokumentar- und Spielfilmen begeistern, zeigte die Arbeit vieler junger Filmemacher:innen und gab damit ein erfrischendes Bild von der aktuellen jungen, deutschsprachigen Filmszene.

geschrieben von Doreen Kaltenecker

Liste der oben genannten Filme

  • „1 Kilo – 3 Euro“ (Deutschland, 2022, Regie: Ani Mrelashvili )
  • „Alaska“ (Deutschland, 2023, Regie: Max Gleschinski)
  • „Almost Home“ (Deutschland, 2022, Regie: Nils Keller)
  • „Auf Sand gebaut“ (Deutschland, 2023, Regie: Florian Paul)
  • „Aufnahmen einer Wetterkamera“ (Österreich, 2023, Regie: Bernhard Wenger)
  • „August und die Hasenohren“ (Deutschland, 2021, Regie: Alexandra Kurt)
  • „Bettys“ (Deutschland, 2022, Regie: Lenny Heller)
  • „Breaking the Ice“ (Österreich, 2022, Drehbuch & Regie: Clara Stern)
  • „Das andere Ende der Straße“ (Österreich/Ungarn, 2022, Regie: Kálmán Nagy)
  • „Eismayer“ (Österreich, 2022, Regie: David Wagner)
  • „Franky Five Star“ (Deutschland, 2023, Regie: Birgit Möller)
  • „Für immer Sonntag“ (Schweiz, 2022, Regie: Steven Vit)
  • „Good Life Deal“ (Österreich, 2022, Regie: Samira Ghahremani)
  • „Hardly Working“ (Österreich, 2022, Regie: Total Refusal)
  • „Hollywood“ (Österreich, 2022, Regie: Alexander Reinberg und Leni Gruber)
  • „Independence“ (Deutschland, 2023, Regie: Felix Meyer-Christian)
  • „Istina (Wahrheit)“ (Serbien/Deutschland, 2023, Regie: Tamara Denić)
  • „Las Flores“ (Deutschland, 2022, Regie: Miguel Goya und Tina Wilke)
  • „Letzter Abend“ (Deutschland, 2022, Regie: Lukas Nathrath)
  • „Lob der stumpfen Arbeit“ (Österreich, 2022, Regie: Hicran Ergen und Sebastian Meyer)
  • „Sprich mit mir“ (Deutschland, 2023, Regie: Janin Halisch).
  • „Urlau(b)“ (Deutschland, 2023, Regie: Eva Hartmann)
  • „Weil ich Leo bin“ (Deutschland, 2021, Regie: Tajo Hurrle)
  • „Wer wir einmal sein wollten“ (Österreich, 2023, Regie: Özgür Anil).
  • „Wherever Paradise Is“ (Deutschland, 2023, Regie: Roman Wegera)

Quellen:

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