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Filmkritik: Die Dokumentation „Blauer Himmel Weiße Wolken“ von Astrid Menzel, welche auf dem 65. DOK Leipzig 2022 mit dem Young Eyes Film Award ausgezeichnet wurde, ist ein Portrait einer Familie, vor allem einer Oma-Enkelin-Beziehung, die sich mit der Demenzerkrankung der Großmutter auf berührende Weise auseinandersetzt.
Nachdem der Großvater E.O. stirbt, bleibt Carmen, die Oma der Filmemacherin, allein im großen Haus zurück. Als klar wird, dass, auch durch den Tod des Mannes, die Demenz-Erkrankung unaufhörlich voranschreitet, beschließt Astrid, für ihre Oma da zu sein. Die 86-jährige kämpft immer mehr mit Gedächtnislücken und Orientierungslosigkeit. Trotzdem beschließt Astrid zusammen mit der tüdeligen Oma, wie sie sich selbst bezeichnet, und dem jüngeren Bruder Hendric eine zehntägige Kanutour von Bremen nach Kiel zu unternehmen.
Die Regisseurin Astrid Menzel erzählt in ihrer ersten Langfilmdokumentation „Blauer Himmel Weiße Wolken“, nachdem sie mit ihrem Kurzfilm „Nicht im Traum“ u.a. auf dem 31. Filmfest Dresden 2019 den Filmförderpreis der Kunstministerin gewinnen konnte, eine sehr persönliche Geschichte. Begonnen hat es mit der einsetzenden Krankheit des Großvaters, weswegen sie in ihre norddeutsche Heimat zurückkehrte. Sie verbrachte daraufhin viel Zeit mit ihren Großeltern, hörte ihnen zu und beschloss, irgendwann auch die Gespräche aufzuzeichnen. Nach dem Tod des Großvaters und der einsetzenden Demenz der Oma nahm das Projekt immer mehr Form an und im Zentrum der Dokumentation steht eine Kanutour von Oma und Enkelin sowie dem kleinen Bruder der Filmemacherin. Dies sicherte ihr auch die finanziellen Mittel, um den Film auf die Beine zu stellen. Wie die Reise verlaufen sollte, war dabei aber ungewiss. Die 91-minütige Geschichte, die aus einer Fülle von Material und nach einem langen Schnittprozess dabei herausgekommen ist, nimmt das Publikum sofort für sich ein. Emotional ist man durch den Tod des Großvaters sofort involviert und schließt die Großmutter mit ihren sympathischen Eigenarten und auch ihrem Humor sofort ins Herz. So fahren nicht nur Astrid und ihre Oma den Fluss entlang, sondern auch die Zuschauer:innen. Die Dokumentaraufnahmen, die sie dabei, teilweise wie beiläufig, einfängt, besitzen ihre eigene Schönheit, gerade von der Kanutour. Hinzu kommt ein Off-Kommentar, eingesprochen von Menzel selbst, der uns durch die Zeit und Ereignisse führt und auch mit einer gewissen Melancholie alles kommentiert. Der Film schafft es so, viele Aspekte anzusprechen, dass die private Geschichte den Zugang zu vielen universellen Themen eröffnet. Sei es der Verlust von geliebten Menschen, der Umgang mit Krankheit oder wie man sich als Familie zu Fragen wie der Pflege der Angehörigen verhalten sollte. Trotz dieser schweren Themen und dass man auch einige Tränchen verdrückt, ist der Film nie schwer zugänglich oder anstrengend, denn das Verhältnis zwischen der Oma und ihrer Enkelin Astrid ist gespickt von Humor und viel Herzlichkeit, so dass sich die Geschichte auch leichtfüßig in die Herzen der Zuschauer:innen spielt.
Fazit: „Blauer Himmel Weiße Wolken“ ist eine Dokumentation von Astrid Menzel, die darin die Geschichte der Demenzerkrankung ihrer Oma erzählt. Dabei ist Astrid selbst Bestandteil des Films, leitet mit dem Off-Kommentar durch den Film und schafft es, viele universelle Themen und Fragen anzusprechen und gleichzeitig mit ihrem eigenen Familienportrait zu berühren.
Bewertung: 9,5/10
Kinostart: 25. Mai 2023
Trailer zum Film „Blauer Himmel Weiße Wolken“:
geschrieben von Doreen Kaltenecker
Quellen:
- 65. Internationales Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm 2022 – Katalog (Programm ‚Deutscher Wettbewerb‘)
- Doreen Matthei, ‚Zehn Fragen an Astrid Menzel‘, testkammer.com, 2023
- Website der Regisseurin Astrid Menzel
- Eintrag des Projekts „Flausen im Kopf“ bei der Freischwimmer Film GmbH
- Julia Hemmerling, ‚“Blauer Himmel weiße Wolken” erzählt vom Abschied der demenzkranken Großmutter‘, mdr.de, 2022