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Filmkritik: Nachdem der Dokumentarfilm „Auf dem Weg zur Schule“ (2013) internationale Anerkennung und sein Regisseur Pascal Plisson sogar einen César für diesen Film erhalten hat, folgt nun mit „Der große Tag“ (OT: „Le Grand Jour“, Frankreich, 2015) die thematische Fortsetzung. Obwohl es kein klassisches Sequel darstellt, welches die Handlung des ersten Films weiterführen würde.
Der Dokumentarfilm begleitet vier junge Menschen auf dem Weg zu ihrem großen Traum. Die in Indien lebende Nidhi Jha (15) möchte Ingenieurin werden und lernt für eine Zulassung für das „Super 30“ – Programm. Mit diesem Universitätsvorbereitungskurs ist die Chance zehnmal höher, an einer der großen Universitäten angenommen zu werden und ein Stipendium zu erhalten. Der elfjährige Albert träumt davon, in Havanna (Kuba) an der Sportschule angenommen zu werden. Dazu müssen einerseits die schulischen Noten stimmen, andererseits muss er den kommenden Wettkampf gewinnen. Auch Delgermurun Batjargal, genannt Deegii (11), lernt für die Schule und trainiert parallel dazu hart für die Aufnahme in der berühmten Zirkusschule in Singapur. Die kleine Mongolin träumt davon, eine Kontorsionistin (Schlangenfrau) zu werden. Der 19-jährige Tom hat bereits dank seiner guten Noten ein Stipendium für sein Traum-Studium erhalten. Jetzt arbeitet er mit größtem Ehrgeiz daran, Ranger im Nationalpark Queen Elizabeth zu werden, und der große Tag der Abschlussprüfung naht. Bei allen vier Protagonisten entscheidet sich ihre Zukunft an diesem einen Tag, und der Zuschauer begleitet sie auf ihren Weg hin zu diesem großen Ereignis.
Der französische Regisseur Pascal Plisson (*1959) brach mit 15 Jahren die Schule ab und reist seitdem um die Welt. Sein Geld verdient er als Dokumentarfilmer. Besonders interessiert ihn das Leben von Kindern außerhalb Europas. Diese haben meist einen härteren Weg zu bestreiten, um ihre Träume verwirklichen zu können. Für „Der große Tag“ wählte er vier unterschiedliche Schicksale und Geschichten aus. Mit diesen variieren auch die Spannung des Films und das Interesse der Zuschauer. Die gelenkige Deegii kann erstaunen und ihre Geschichte entführt den Zuschauer in eine fremdartige Welt. Dies wird vermutlich auch jüngere Zuschauer in den Bann ziehen. Dagegen sind die Geschichten aus Indien und Kuba zu bekannt um noch fesseln zu können. Die Dokumentation ist im Gesamten nicht uninteressant und ist einerseits informativ und anderseits meist unterhaltsam. Was das ganze Filmerlebnis jedoch extrem mindert, sind die offensichtlich schlecht geskripteten Szenen. Die nachgestellten Szenen von realen Ereignissen zeigen genau, dass die Darsteller keine Schauspieler sind und dass Plisson seinen Zuschauern nicht zutraut, die Geschichten in Teilen sich selbst zu erschließen. Minutiös wird alles Gezeigte auch in Dialogen und Interviews mit Worten wiedergegeben. Auch kommt es dabei zu Wiederholungen. Die zu durchkonstruierte und mit schlechten Dialogen versehene Inszenierung wird mit dem Verlauf des Films immer ärgerlicher. Dabei ist dies ganz unnötig, da Plisson es schafft, gute und starke Bilder zu finden. Zwar wirkt der Film etwas zu sehr in die Länge gezogen, doch kann er mit seinen stimmungsvollen Filmaufnahmen wohl den einen oder anderen Zuschauer überzeugen. Die Musik wurde dazu passend, wenn auch ein wenig kitschig arrangiert. Im Gesamten wird „Der große Tag“ vermutlich nicht den gleichen Erfolg wie sein Vorgänger verbuchen können, da die Inszenierung zu wünschen übrig lässt und er allein mit seinen schönen Bildern nicht die Spannung halten kann.
Fazit: Die Dokumentation „Der große Tag“ führt den Zuschauer an fremde Orte und zu Kindern und Jugendlichen, die mit aller Kraft ihre Träume verfolgen. Die allzu geskriptete Inszenierung nimmt dem Thema aber die Spannung und verschafft ihm unnötige Länge. Mehr realistische Aufnahmen und weniger Erklärungen hätten dem Film und seiner Wirkung sehr gut getan.
Bewertung: 4/10
Kinostart: 10.12.2015
geschrieben von Doreen Matthei
Quelle: Pressematerial von wildbunch