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Filmkritik: Der Äthiopier Yared Zeleke erzählt in seinem ersten Langfilm “Ephraim und das Lamm” (OT: “Lamb”, DE/ET/FR, 2015) semi-autobiographisch von einer schweren Kindheit. Gleichzeitig bietet er Einblicke in ein für viele Zuschauer unbekanntes Land.
Ephraim (Rediat Amare) und sein Vater müssen nicht nur mit dem Verlust der geliebten Mutter und Frau umgehen, sondern leiden aufgrund der Dürre unter großem Hunger. Deshalb beschließt der Vater, seinen neunjähirgen Sohn zu seinen Verwandten zu bringen, welche in einer fruchtbaren Gegend wohnen, und selbst in der nächstgrößeren Stadt nach Arbeit zu suchen. So beginnt für Ephraim ein neues Leben. Als einziges Andenken an die alte Heimat und seine Mutter hat er sein geliebtes Lamm Chuni immer an seiner Seite. In der neuen Familie soll er die typischen männlichen Aufgaben übernehmen. Doch Ephraims Leidenschaft gilt dem Kochen, was traditionell den Frauen vorbehalten ist. So beschließt sein Onkel, dass er sein Lamm am nächsten Festtag opfern soll, um seine Männlichkeit zu beweisen. Um Chuni zu retten, denkt sich Ephraim einen Plan aus und findet in seiner Cousine Tsion (Kidist Siyum) eine Verbündete.
Die fiktionale Geschichte des jungen Ephraim ist ein sehr politisches Werk. Es berichtet von Hungersnot, Armut, Heimatverlust und so insgesamt von den dunklen Epochen aus Äthiopiens Geschichte. Zudem ist sie auch noch die persönliche Geschichte des Regisseurs Yared Zeleke. Dieser verlor mit zehn Jahren sein Zuhause und seine Familie und wurde von seiner Großmutter aufgezogen. Die erzählte Geschichte ist zwar nicht komplett autobiographisch, bleibt aber stets realitätsnah und ist in einen festen politischen Rahmen verankert. Sie gewährt dem Zuschauer Einblicke in das unterschiedliche Stadt- und Landleben. Es werden dem Zuschauer familiäre Hierarchien, Traditionen und die Zubereitung von Essen näher gebracht. Nur die ungewöhnliche Freundschaft zwischen Ephraim und seinem bernsteinfarbenen Lamm Chuni liegt mehr im Bereich der Fabel, und alle Schaffreunde können sich über ein Happy End diesbezüglich freuen. Die Story erzählt in gemächlichen Bildern Ephraims Weg und lässt sich viel Zeit, auch die Landschaft Äthiopiens einzufangen. Diese Filmaufnahmen sind wunderschön. So erkennt man, dass der Regisseur zwar die Missstände anprangert, aber dennoch sein Land liebt. Das Erzähltempo und die detaillierte Ausgestaltung von Szenen steht im Kontrast zu heutigen Sehgewohnheiten, die auf schnelle Bilder und viel Action ausgerichtet sind. Der Film ist entschleunigt und auf diese Weise für den gewillten Zuschauer ansprechend und informativ.
Fazit: Der äthiopische Spielfilm „Ephraim und das Lamm“ vermittelt Einblicke in ein unvertrautes Land. Es kann mit schönen Naturaufnahmen begeistern. Die realitätsnahe Geschichte besitzt dagegen zu wenig Schwung, um den Zuschauer komplett in ihren Bann zu ziehen.
Bewertung: 6/10
Kinostart: 26.11.2015
geschrieben von Doreen Matthei
Quelle: Pressematerial von Neue Visionen Filmverleih GmbH