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Interview: Im Gespräch mit der luxemburgischen Filmemacherin Eileen Byrne erzählt sie uns mehr über ihren Kurzfilm „Was bleibt“, welche wahren Begebenheiten dahinter stehen, was ihr bei der visuellen Umsetzung wichtig war und wie es für die Darsteller war, in die Rollen zu schlüpfen.
Dein Kurzfilm „Was bleibt“ geht mit seiner Geschichte unter die Haut. Was hat Dich bewegt einen Film über das Thema Brustkrebs zu drehen?
Die Krankheit war in den letzten Jahren ein starkes Thema in meinem Leben, da meine beste Freundin daran erkrankt ist und mir dies sehr nahe gegangen ist. Da wir bereits mehrere Drehbücher zusammen entwickelt hatten, hatte sie die Idee, eine Geschichte zu dem Thema zu schreiben. Durch das Lesen von Autobiografien und Gespräche mit anderen betroffenen Frauen wurde mir bewusst, wie sehr diese Krankheit nicht nur das Selbstbild und die Weiblichkeit als Frau angreift, sondern ebenfalls die Beziehung zu ihrem Partner. Da über diese Konsequenzen wenig bis gar nicht gesprochen wird, war es mir wichtig, dies erzählen zu können. Gemeinsam haben wir dann überlegt, wie wir dieses Thema knapp aber prägnant in einem Kurzfilm erzählen könnten. Beim Schreiben hat mir meine eigene Erfahrungen als Frau mit dem Thema Sexualität und dem Verhältnis zum eigenen Körper geholfen. Deshalb hoffe ich, dass sich auch Frauen mit der Figur identifizieren können, die selbst nicht an Brustkrebs erkrankt sind.
Dein Film spielt fast ausschließlich in der Wohnung des Paares. Das verstärkt den Eindruck des Gefangenseins. Lag Dir das bei der visuellen Ausgestaltung am Herzen? Und worauf hast Du noch Dein Augenmerk bei der Ausgestaltung gelegt?
Das Kammerspiel, also die Beschränktheit auf die Wohnung als Drehort, ist schon im Drehbuch entstanden. Meine Kamerafrau Rebecca Meining und ich wollten das Gefühl der Klaustrophobie aber visuell noch verstärken, um das Gefühl von Angst und Nicht-Weglaufen-Können der Hauptfigur hervorzuheben. Auf der anderen Seite haben wir uns aber bewusst für ein breites Leinwandformat entschieden, um in der Enge der Wohnung eine Weite und dadurch eine Distanz zwischen den beiden Figuren zu erzählen. Farblich wollten wir wiederum gegen das ernste Thema arbeiten und durch warme, ja manchmal fast surrealistische Rottöne die Liebe zwischen den beiden erzählen.
Deine beiden Schauspieler Kristin Suckow und Max Bretschneider sind wunderbar. Hast Du sie über einen normalen Casting-Prozess gefunden?
Ein wirkliches Casting hat mit den beiden nicht stattgefunden. Max kannte ich schon von einem früheren Job und war begeistert von seiner ehrlichen und offenen Spielart. Kristin wurde mir von einer Casterin, Franzi Aigner, empfohlen. Und als wir uns auf einen Kaffee getroffen haben, war es Liebe auf den ersten Blick. Passenderweise kannten sich die beiden auch schon aus einem Improkurs in Berlin und konnten somit schneller Hürden überwinden und sich tief in die Emotionen stürzen, was ein Riesengeschenk für die Dreharbeiten war.
Du hast es mit Deinen Film sogar unter die sieben Finalisten für den Studentenoscar geschafft. Das zeigt die enorme Wirkung des Films. Hast Du auch direkte Reaktionen aus dem Publikum mitbekommen? Wie war es für die Schauspielerin Kristin Suckow diese Rolle zu spielen?
Die Reaktionen aus dem Publikum sind sehr unterschiedlich, denn viele Zuschauer werden durch den Film überhaupt zum ersten Mal mit diesem Thema konfrontiert. Der Film zwingt sie ja regelrecht hinzuschauen und die Augen nicht zu verschließen, so wie Kristins Figur Alice das auch mit ihrem Freund Moritz tut. Ich glaube, viele ecken da auch an und können erst einmal nicht so viel damit anfangen. Aber ich bekomme auch unglaublich berührende Reaktionen. Es erschreckt mich jedes Mal aufs Neue zu hören, wie viele der Zuschauer die Krankheit persönlich oder im engen Umfeld miterlebt haben. Wenn diesen Menschen der Film gefällt, berührt mich das natürlich sehr. Da weiß ich, dass es richtig war, den Film zu machen.
Für Kristin, wie auch für Max, war es keine leichte Aufgabe, diese Rollen zu spielen. Wir haben an drei Tagen intensiv miteinander die Rollen entwickelt indem wir Improvisationen aus dem Leben dieses Paares durchgespielt haben. Wir waren aber auch bei einer befreundeten Gynäkologin von mir, die die beiden in einer Art „Rollenspiel“ authentisch und realistisch durch ein Diagnosegespräch geführt hat. Das war für beide ein sehr intensiver und emotionaler Moment, aus dem sie noch während des Drehs zehrten. Die Oberkörperprothese mit der Narbe, die Kristin im Film trägt, bestand aus einem Vorder- und einem Hinterteil und musste morgens vier Stunden lang von zwei Maskenbildnern aufgetragen werden. Da sie sehr schwer und eng war, mussten wir alle Einstellungen, in denen die Brust sichtbar war, morgens abdrehen. Das hat die innere Chronologie der Szenen durcheinander gebracht hat und war eine zusätzliche Herausforderung für die Darsteller. Aber sie haben alles gegeben und es, wie ich finde, ganz wunderbar gemeistert.
„Was bleibt“ war Dein Abschlussfilm. Wie geht es jetzt bei Dir weiter? Welche zukünftige Projekte sind schon am Start?
Momentan entwickle ich an eigenen Projekten, die sich in ganz unterschiedlichen Stadien befinden. Ich freue mich auf die Herausforderungen, die auf mich warten und vor allem, weiterhin berührende Geschichten erzählen zu können.
Die Fragen stellte Doreen Matthei
Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Was bleibt“
4 Gedanken zu “Fünf Fragen an Eileen Byrne”