Sieben Fragen an Raphaela Schmid

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Interview: Im Gespräch mit der österreichischen Filmemacherin Raphaela Schmid konnten wir mehr über ihren Kurzfilm „Fische“, der auf dem 42. Filmfestival Max Ophüls lief und dort als ‚Bester Kurzfilm‘ ausgezeichnet wurde, erfahren, wie die Haupthandlung immer weitere Geschichte vergrößert wurden, wie schwierig die Suche nach der perfekten Location war und wie sie den Film dann auf 16mm auch visuell umsetzten.

Kannst Du mir mehr zum Ursprung Deines Films erzählen?

Die Geschichte, die ganz am Anfang stand und den Ausgangspunkt für das Drehbuch gebildet hat, war die der beiden Geschwister: Der sprachlose, introvertierte Bruder, der ganz mit sich selbst und seiner Trauer beschäftigt ist und als Gegensatz seine redselige Schwester, die versucht ihn aufzuheitern, die Situation aufzulockern, aber dabei ihre eigenen Gefühle verschweigt. Das Restaurant selbst mit einzubeziehen, als einen Ort an dem sich unterschiedlichste Menschen, mit ihren jeweiligen Problemen, durch Zufall treffen, war aber auch schon in frühen Drehbuchfassungen angelegt.

Wunderbar sind die vielen kleinen Einzelgeschichten – warum hast Du Dich dafür entschieden, die Haupthandlung immer wieder dafür zu unterbrechen?

Die verschiedenen Einzelgeschichten sind im Laufe des Schreibprozesses immer zahlreicher und präsenter geworden. Zwischen der ersten und der finalen Fassung des Drehbuchs ist aber auch viel Zeit vergangen, weil ich in der Zwischenzeit einen anderen Kurzfilm – „Ene Mene“ – gedreht und fertiggestellt habe. Anfangs gab es in der Geschichte nur einen Nebentisch, von dem manchmal Versatzstücke einer Unterhaltung zu hören waren. Dann wurden es immer mehr Tische, mit unterschiedlichen Gesprächsthemen und Konflikten. Für mich sind die verschiedenen Einzelgeschichten keine Unterbrechung einer ‚Haupthandlung‘, vielmehr haben sie sich zu einem zentralen Element des Films herauskristallisiert. Theoretisch könnte jede der Einzelgeschichten die ‚Hauptgeschichte‘ sein, nur sind wir eben mehr bei dem Geschwisterpaar. Wir haben diesen collagenhaften Charakter des Films im Laufe des Arbeitsprozesses bewusst herausgearbeitet und betont. Im Schnitt haben der Editor und ich z.B. sehr viel Aufmerksamkeit darauf gelegt, das Nebeneinander der verschiedenen Geschichten greifbar zu machen. Die Überblendungen der Fische im Aquarium in Kombination mit den überlappenden Unterhaltungen, sind z.B. so ein Element, das diese Gleichzeitigkeit für uns widerspiegelt. 

Kannst Du mir mehr zum Dreh und zum Drehort erzählen?

Gedreht haben wir in einem China-Restaurant in Wien. Wir haben recht lange und intensiv nach einem passenden Ort gesucht — also einem Restaurant, das unseren Anforderungen entsprach, überhaupt in Erwägung zog für einen Dreh zu schließen und darüber hinaus für uns leistbar war. Ein Teil des Location-Scoutings fand dann um die Weihnachtszeit statt. Ich fand die Kombination von Chinarestaurant-Kitsch und Weihnachtsdeko, die wir da oft vorgefunden haben, toll, deshalb haben wir dann auch das Restaurant, in dem wir schlussendlich gedreht haben, weihnachtlich geschmückt. Weil wir analog, auf 16mm gedreht haben, war eine genaue Vorbereitung extrem wichtig. Wegen dem begrenzten Filmmaterial war klar, dass es am Set nicht viele Möglichkeiten zum Ausprobieren geben wird, deshalb war die Proben-Phase vor dem Dreh sehr intensiv. 

Die visuelle Ausgestaltung ist großartig vor allem auch die Kameraarbeit. Was lag Dir dabei am Herzen?

Bei der Atmosphäre war mir wichtig, dass das Restaurant warm und überladen mit Kitsch ist — ganz im Gegensatz zu den konfliktreichen und unterkühlten Unterhaltungen der ProtagonistInnen. Die Fische im Aquarium bilden den visuellen Rahmen der Geschichte und die Atmosphäre dort sollte sich dort vom restlichen Restaurant farblich abheben. Dass der Film 4:3 sein wird, stand eigentlich auch früh fest, weil dadurch die ProtagonistInnen besser von den Nebentischen isoliert und das Hereinplatzen anderer Unterhaltungen gezielter eingesetzt werden konnte. Die unterschiedlichen Topshots der Tische waren auch ein wichtiger Teil des visuellen Konzepts, um ein verbindendes Element, mit einem gewissen Wiedererkennungswert zu haben. An der visuellen Planung und Umsetzung waren viele Menschen beteiligt, die wirklich tolle Arbeit geleistet haben: Natürlich die Kamerafrau und ihr Team sowie Kostüm, die AusstatterInnen und deren HelferInnen, die das Restaurant großartig eingerichtet haben.

Deine Besetzung ist ebenfalls hervorragend – hast Du sie über ein Casting gefunden?

Ja, genau. Wir haben sehr intensiv gecastet, weil jeder Tisch in sich funktionieren und das Ensemble als ganzes stimmen musste und schlussendlich haben wir diesen tollen Cast gefunden.

Kannst Du mir am Schluss noch ein bisschen mehr von Dir erzählen und wie es Dich zum Film verschlagen hat?

Ich studiere Regie an der Filmakademie Wien – im Rahmen dieser Ausbildung habe ich auch „Fische“ gedreht. Davor habe ich Philosophie studiert und zeitgleich angefangen meine ersten Kurzfilme zu machen – in ganz kleinem, reduziertem Rahmen. Ich kann selber keinen genauen Punkt festmachen, an dem die Entscheidung für den Film gekommen ist. In erster Linie wollte ich Geschichten erzählen und Film ist für mich das perfekte Medium dafür.

Sind bereits neue Projekte geplant? 

Ich schreibe gerade an unterschiedlichen Langspielfilm-Büchern, einen Dreh habe ich gerade nicht geplant.

Die Fragen stellte Doreen Matthei

Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Fische

 

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