“Slow West” (2015)

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 © Prokino Filmverleih

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Filmkritik: Das Western-Genre erlebt in den letzten Jahren eine neue Blüte. Mit dem österreichischen Film “Das finstere Tal” (2014) und der dänischen Produktion “The Salvation” (2014) mit Mads Mikkelsen in der Hauptrolle kamen letztes Jahr bereits zwei sehr gute europäische Western in die Kinos. Die Entwicklung des europäischen Western könnte die dritte Strömung nach der ersten amerikanischen und der zweiten italienischen Welle werden. Diese Filme zeichnen sich durch eine gleichzeitige Annährung an und Abweichung von den Klassikern aus. Die genretypischen Elemente sind vorhanden, aber sie werden aufgefüllt mit interessanten Charakteren und einem etwas kritischeren, distanzierteren Standpunkt. Der Film “Slow West” (OT: “Slow West”, GB/NZ, 2015) reiht sich nahtlos in diese neue Entwicklung ein.

Der 17-jährige Jay Cavendish (Kodi Smit-McPhee), Sohn eines schottischen Lords, macht sich im 19. Jahrhundert auf den Weg in den amerikanischen Westen, um seine Geliebte Rose (Caren Pistorius) zu finden. Diese ist mit ihrem Vater aus Schottland nach Amerika geflohen, um sich in Sicherheit zu bringen. Aber auch in Amerika ist auf die beiden ein Kopfgeld ausgesetzt. So sucht nicht nur Jay die beiden, sondern auch diverse Kopfgeldjäger. Der mürrische und durchsichtige Silas (Michael Fassbender) drängelt sich dem jungen Schotten auf seiner Reise auf. Er bietet diesem an, ihn für einen gewissen Obolus sicher ans Ziel zu bringen. So beginnt eine gefahrenvolle Reise nach Westen.

 © Prokino Filmverleih

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Dieser Film macht vieles richtig und ist so auch für Western-Muffel genießbar. In Neuseeland gedreht, wird der raue Wilde Westen in wunderschönen Bildern eingefangen. Fast jedes Filmbild kann mit Schönheit, Licht, Farben, Landschaften oder gelungenen Porträts aufwarten. Schon rein visuell ist der Film ein Genuss. Hinzu kommt eine genregerechte, klar gezeichnete Story, die mit vielschichtigen und interessanten Charakteren punktet. Die Reise der beiden Hauptpersonen ist nicht rasant oder wild, sondern immer ruhig, dabei stets spannend durch die ständige latente Gefahr, die überall zu lauern scheint. Die Rückblenden verleihen der Geschichte zusätzliche Substanz. Wirksam, aber nicht aufdringlich sind die moralischen Aspekte inszeniert. Unverhohlen bleibt die Grausamkeit dieser Zeit. So besticht der Film zusätzlich mit Authentizität in der Geschichte wie auch in der Ausgestaltung. Abgerundet wird das Ganze mit passender Musik und einem hervorragenden Darsteller-Ensemble, welches bis in die kleinsten Nebenrollen sehr gut ausgewählt wurde. Fassbender und Smit-McPhee beleben die beiden Protagonisten und schaffen die nötige Charaktertiefe.

Fazit: “Slow West” ist ein gelungener Western, der seinen Vorbildern treu bleibt und trotzdem dem Genre frischen Wind verleiht. Dabei ist in diesem Film von den Bildern bis hin zu den Darstellern alles stimmig arrangiert. Der Film ist empfehlenswert und bleibt beim Zuschauer sicherlich lange im Gedächtnis.

Bewertung: 7,5/10

geschrieben von Doreen Matthei

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