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Filmkritik: Der irische Regisseur Mark Noonan (*1982) berichtet in seinem Film “Familienbande” (OT: “You’re Ugly Too”, Irland, 2014) nicht nur feinfühlig von einer fragilen Erwachsenen-Kind-Beziehung, sondern setzt auch seiner Heimat, den irischen Midlands, ein kleines Denkmal.
Nachdem die elfjährige Stacey (Lauren Kinsella) schon in frühen Jahren ihren Vater verlor, stirbt auch noch die Mutter. Damit ist das kleine Mädchen Waise. Ihr einziger Verwandter ist ihr Onkel Will (Aidan Gillen), der seit Jahren im Gefängnis sitzt. Doch um die Obhut für seine Nichte zu übernehmen, wird er unter strengen Kontrollen entlassen. Die beiden ziehen in einen Trailerpark in den irischen Midlands. Dort versuchen sie, sich einander anzunähern und ein gemeinsames Leben aufzubauen. Das stellt die beiden vor einige Probleme, und das Vergangene holt vor allem Aidan wieder ein.
Die Binnenregion zwischen Dublin und der Westküste Irlands ist geographisch gesehen das Herz Irlands, doch es wird von Touristen kaum wahrgenommen. Die gesamte Region, welche aus den vier Grafschaften Offaly, Laois, Westmeath und Longford besteht, ist meist vor allem ländlich verschlafen erzielt das geringste Durchschnittseinkommen der Insel. Der Regisseur Noonan, der selbst dort aufgewachsen ist, schätzt die Landschaften und die Eigenarten der Midlands sehr. Vor allem die Mischung aus Schwermut und Hoffnung, welche den Landstrich prägt und auch seinen Film charakterisiert, hat es ihm angetan. Da er auch das Drehbuch schrieb, ließ er all diese Aspekte der Midlands in seine Geschichte einfließen und verortete den Film zwischen Drama und Komödie. So erzählt er eine berührende Geschichte ohne Kitsch und Pathos und findet stets den richtigen Ton. Die authentischen Ereignisse der Story könnten erdrückend sein, wenn da nicht immer wieder der lakonische Humor durchblitzen würde. Diese Mischung funktioniert vor allem durch die beiden sehr guten Darsteller. Aidan Gillen, den viele als Bürgermeister Thomas Carcetti aus “Game of Thrones” (2011-2016) kennen, wollte schon länger einmal eine lustige Rolle spielen. So schrieb Noonan ihm diese Rolle auf den Leib. Er schafft es, der Figur die nötige Authentizität zu geben und sowohl die schwermütigen als auch die fröhlichen Facetten perfekt einzufangen. Lauren Kinsella (*2002) arbeitet schon seit ihrem neunten Lebensjahr als Schauspielerin (u.a. zu sehen in “Albert Nobbs” (2011)) und stellt die freche Stacey mit dem richtigen Maß an Traurigkeit und Eloquenz dar. Dem Zuschauer bereitet es große Freude, den beiden Darstellern bei ihren amüsanten Wortgefechten und sehr gutem Spiel zuzusehen. Zusätzlich besticht der Film mit einer guten, aber unaufdringlichen Botschaft, einem nicht standardisierten Happy-End, unauffälliger aber schöner Musik und einer leichten Gesellschaftskritik. “Familienbande” ist ruhiges Independent-Kino, das vermutlich nur wenige auf Leinwand sehen werden, welches aber einen Kinobesuch wert ist.
Fazit: Der irische Film “Familienbande” findet die perfekte Mischung zwischen Drama und Komödie. Dabei wird die Geschichte realitätsnah und sensibel erzählt. Die irischen Midlands und die guten Darsteller runden das Filmerlebnis ab, sodass “Familienbande” auf jeden Fall eine Empfehlung wert ist.
Bewertung: 7/10
Kinostart: 19.11.2015
geschrieben von Doreen Matthei
Quelle: Pressematerial