“The Botticelli Renaissance” in der Gemäldegalerie Berlin

Sandro Botticelli: Frauenprofil, bekannt als Simonetta Vespucci. Quelle: Gemäldegalerie. Staatliche Museen zu Berlin

Ausstellungsbericht: Berlin widmet dem italienischen Renaissancemaler Sandro Botticelli eine Sonderausstellung, die erlesene Originale mit modernen Bezugnahmen vereint. In drei großen Sälen entsteht eine dichte Schau. Sie gibt einen guten Einblick in das Werk des Italieners, doch ihr Konzept wendet sich eher an versierte Kunstkenner. Bis zum 24. Januar 2016 ist sie noch in Berlin zu sehen.

Nachdem Zeit, Nerven und Geld durch den Ticketkauf dezimiert sind, betritt man die heiligen Hallen des ersten Raumes. Riesige Bilder mit moderner Fotokunst ziehen die Blicke auf sich. Es sind die beiden Werke des David LaChapelle. Die kitschige Geburt der Venus trifft auf eine gesellschaftskritische Version des Bildes “Venus und Mars”, das der Besucher einfach mal im vorgebildeten Gedächtnis haben muss, um den Botticelli darin zu erkennen.

Tamako Nagao: The Birth of Venus with Baci, Esselunga, Barilla, PSP and EasyJet. Quelle: Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin (Die Geburt der Venus von LaChapelle ist hier bewusst nicht abgebildet, die ist wirklich Geschmackssache. Wer will, findet das Bild durch googeln.)

Das ist die größte Schwachstelle der Ausstellung: Sie beginnt nicht mit den Originalen, sondern mit dem modernen Antworten darauf. Wer nur die populärsten Werke Botticellis kennt, kann die Hälfte der modernen Bilder nur hinnehmen, nicht aber ihre Aussage erkennen. Dazu fehlt der Hintergrund. Einsam steht die nackte Venus Botticellis zwischen all dem Neuen. Wobei, einsam? Stets umringt ein dichter Wall aus Menschen sie.

Antonio Donghi: Frau im Cafe. Quelle: Gemäldegalerie. Staatliche Museen zu Berlin. Wer den Zusammenhang mit Botticelli erkennt, möge ihn bitte in einem Kommentar kundtun!

Der zweite Raum bietet jede Menge historischer Reaktionen der Kunstwelt auf Botticelli. Umrissen wird, wie der fast vergessene Künstler im 19. Jahrhundert von den frühen Präraffaeliten wiederentdeckt wird. Deshalb finden sich ihre Skizzen und Kopien von Botticelliwerken in größerem Umfang, als ihr künstlerischer Wert es nötig gemacht hätte. Daneben hängen Werke von Andy Warhol, René Magritte oder ein Frauenbildnis eines Antonio Donghi, das sich formal der Neuen Sachlichkeit zuordnen ließe. Warum dieses Gemälde Einlass gefunden hat in die Ausstellung, darüber kann man lange rätseln. Möglicherweise hätte der AudioGuide darüber Aufschluss gegeben? Eine große Plastik und einige Kleider in Vitrinen lockern die Schau auf. Den klaren Höhepunkt des Raums bilden die Gemälde der Engländer Dante Gabriel Rossetti und Edward Burne-Jones sowie die lichtumflutete Venus William Bouguereaus.

Botticelli pur gab es schließlich im dritten Raum. Die Berliner konnten für ihre Ausstellung viele von Botticellis Meisterwerken versammeln, beispielsweise das Porträt der Simonetta Vespucci (siehe oben). Dem Besucher solche Perlen vorsetzen zu können, ist das wichtigste Verdienst der Berliner Botticelli-Schau.

Der dritte Raum hätte den Besucher mit der Ausstellung versöhnen können, wären da nicht die drei Führungen gewesen, die sich zur selben Zeit im selben Raum befanden. Plus anderer Besucher war die Masse an Menschen einfach zu groß, um sich gut über den an sich weiten Raum zu verteilen. Ein wenig mehr Organisation hätte den Wohlfühlfaktor deutlich gehoben.

Fazit: Wer sowieso in Berlin ist und Freude an Kunst hat, sollte sich die Ausstellung nicht entgehen lassen. Um die jungen Exponate wirklich genießen zu können, muss der Besucher sich zumindest vorher mit Botticellis gesamtem Werk befassen. Oder er findet sich damit ab, einige Bilder nicht so richtig zu verstehen. Es mangelt ein wenig an einer sinnfälligen Ordnung. Vor allem die Entscheidung, die Originale ans Ende der Schau zu stellen, erschwert dem Besucher den Zugang zu den modernen Werken.

geschrieben von Katrin Mai

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