“Love” (2015)

Letzte Artikel von Doreen Kaltenecker (Alle anzeigen)
© Alamode Film

© Alamode Film

Filmkritik: Der französische Regisseur und Drehbuchautor Gaspar Noé (*1963) hat sich mit Filmen wie “Irreversibel” (2002) und “Enter the Void” (2009) eine Fangemeinde aufgebaut, welche auch seinen neuesten Film “Love” (OT: “Love”, AT: “Love 3D”, BE/FR, 2015) begeistert aufnehmen wird. Für alle anderen könnte das Drama zu wenig erzählerische Substanz besitzen.

Murphy (Karl Glusman) lebt mit seinem Kind und seiner Freundin Omi (Klara Kristin) in einer unglücklichen Beziehung. Als die Mutter seiner Exfreundin Electra (Aomi Muyock) anruft, weil diese verschwunden ist, begibt er sich auf die Suche nach ihr. Dabei erinnert er sich an die Beziehung zu Electra und welche Bedeutung sie für ihn hatte. Außerdem versucht er die Fehler der Vergangenheit zu rekapitulieren und verliert sich während dieser Suche immer mehr in seinen Erinnerungen.

© Alamode Film

© Alamode Film

Der Franzose Gaspar Noé erzählt auf ungewöhnliche Weise eine vertraute Geschichte. Das Drama beschäftigt sich intensiv mit dem Ende einer Beziehung und dem Bereuen, was manchmal darauf folgt, vor allem wenn man sich für den scheinbar falschen Partner entschieden hat. Er inszeniert dabei die Suche Murphys und seine Erinnerungen in ineinander verschwimmenden Traumsequenzen, durch die sein Protagonist somnambul wandert. So bekommt diese alltägliche Geschichte eine zusätzliche Komponente und bietet trotzdem eine typische Analyse eines Beziehungsendes. Zusätzlich möchte Noé die unheimlich tiefe Liebe der beiden unterstreichen. Dafür wählt er die explizite Darstellung ihrer sexuellen Begegnungen. Diese vielen Szenen, die mit jedem pornographischen Film mithalten könnten, obwohl sie nicht dessen klischeehafte Ästhetik bedienen, machen den größten Teil aus. Sie zeigen mit unverstelltem Blick, wie sich Electra und Murphy ständig befriedigen. Durch die ständigen Wiederholungen von sexuellen Begegnungen bekommt der Film aber eine gewisse Länge. Es kommt Langeweile beim Zuschauer auf. Zumal in diesen Szenen die Erzählung nicht voranschreitet und so im Gesamten der Film wenig narrative Substanz besitzt. Hinzu kommt, dass die Protagonisten, vor allem Murphy selbst, sehr unsympathisch sind und man den Charakteren kein Mitgefühl entgegenbringen kann. Die Darsteller spielen aber ihre Rollen überzeugend und ohne Scheu. Das eingesetzte 3D bietet eine andere Erfahrung als die 3D-Erlebnisse, die man aus den Mainstream-Filmen kennt. Hier wird die Fokussierung von naheliegenden Elementen eingesetzt und dient zur alleinigen Bebilderung von Nähe. Im Gesamten bietet “Love” einen träumerischen, fast halluzinatorischen Blick auf das Ende einer Beziehung und bebildert dies mit vielen expliziten Darstellungen, aber schafft es darüber hinaus nicht, genügend Geschichte zu erzählen, welche die Länge rechtfertigen würde.

Fazit: Der neueste Film von Gaspar Noé, “Love”, ist ungewöhnliches Arthouse-Kino, das auf der einen Seite eine besondere Stimmung aufzubauen weiß, aber auf der anderen Seite zu lange und auch zu langweilig die sexuellen Ereignisse ausschmückt, so dass es fast wie ein gewöhnlicher Pornofilm wirkt. So bleibt die Aussage auf der Strecke und “Love” bleibt zwar im Gedächtnis, vermittelt aber keine Botschaft.

Bewertung: 5/10

Kinostart: 26.11.2015

geschrieben von Doreen Matthei

Kommentar verfassen