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Aufführungsbericht: Ein Fest für Freunde des humoristischen Hinfallens hat Michael Talke inszeniert. Er verbindet die rund 150 Jahre alte Komödie des Franzosen Eugène Labiche mit Slapstick der Stummfilmzeit. Das liegt dem Regisseur anscheinend besonders, passt aber auch sehr gut zu den Stücken Labiches, von denen zwei in den 1920er Jahren verfilmt wurden. Wer diesen Humor mag, den erwarten im Staatsschauspiel zwei Stunden feinster Unterhaltung.


Torsten Ranft rechts als Lenglumé, niemals nackt, aber selten richtig angezogen. Links David Kosel als verwirrter Leidensgenosse © Sebastian Hoppe
Dazu tragen vor allem die wunderbar ausstaffierten Schauspieler bei. Torsten Ranft als Protagonist Lenglumé ist schlicht die perfekte Besetzung. Auch die anderen Schauspieler (die ich schändlicherweise nicht einzeln erwähne) sind mit Feuereifer dabei. Doch was spielen sie eigentlich?
Inhalt: Lenglumé wacht auf und ist nicht allein. Sein Diener Justin ist da, verschwindet aber wieder, nachdem sein Herr ihn angezischt hat. Seine Frau kommt und mahnt zum Aufstehen und geht wieder. Lenglumé bleibt liegen – mit einem fetten Kater (dem alkoholbedingten) und einem noch nicht bemerkten Bettgenossen (auch alkoholbedingt). Wie sich herausstellt, war Lenglumé die Nacht zuvor beim Schultreffen. Vor seiner Frau hielt er das geheim, denn die wusste schon, dass er sich dort mehr als reichlich betrinken würde. Das hat er auch getan, zusammen unter anderem mit seinem aktuellen Bettgenossen. Die beiden bemerken einander irgendwann, Lenglumé muss sich seiner Frau erklären, ihr Cousin kommt auch noch hinzu.


Eugène Labiche (1815 – 1888), Porträt von © Marcellin Desboutin. Coole Info nebenbei: Den Maler Marcellin Desboutin finden wir im Bild “Der Absinth” von Edgar Degas!
Doch damit die Post so richtig abgeht, gibt es auch noch einen Mord, von dem die Zeitung berichtet. Ein Kohlenmädchen wurde von zwei Tätern ermordet. Lenglumé und sein Saufkumpan meinen nun, die Mörder zu sein – ein Filmriss, ein verlorener Regenschirm, dazu Kohlenstückchen und Frauensachen in den Taschen deuten darauf hin. Lenglumé und der Schulfreund versuchen nun, nach Kräften alle „Indizien“ und „Mitwisser“ zu beseitigen. Letzteres scheitert natürlich, denn die Zwei sind gar keine Mörder. Zum Schluss stellt sich heraus, was der Zuschauer schon von Anfang an durch den Diener weiß: Die Zeitung ist alt, der Mord schon Tage her und die beiden Trinker entsprechend unschuldig.
Michael Talke stützt sich bei der Umsetzung weniger auf Schnelligkeit und mehr auf den Humor der Wiederholung. Ein paar fetzige Lieder untermalen das gut. Unterbrochen wird der Klamauk hin und wieder durch das Kohlenmädchen, das im weißen Kleid auf dem schwarzen Kohlenberg sitzt und düstre Texte mit ebenso düstrer Stimme deklamiert. Man wird sich schon was gedacht haben dabei.
Fazit: „Die Affäre Rue de Lourcine“ ist bei Michael Talke ein Stück, das auf vordergründigen Humor setzt. Dass der spießige und etwas tumbe Bürger Lenglumé dabei schnell sämtliche Moral fahren lässt und bald auch seinen Saufkumpan als vermeintlich letzten Mitwisser ausschalten will, erinnert mehr an Tom & Jerry. Obwohl der „Gott des Gemetzels“ genauso nahe lag. Wer nicht allzu viel geistige Nahrung und reichlich Körperkomik mag, ist mit dieser Komödie bestens bedient.
Geschrieben von Katrin Mai
Ein Gedanke zu “Im Staatsschauspiel Dresden: Die Affäre Rue de Lourcine”