Fünf Fragen an Jannis Alexander Kiefer

Doreen Kaltenecker
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Interview: Im Gespräch mit dem Filmstudenten Jannis Alexander Kiefer erzählt er mehr über die Entstehung seines Kurzfilms „Comments“, vorgestellt u.a. auf dem LISFE 2018 (Leiden International Shortfilm Experience), den Short Film Breaks in Rumänien und den 29. Bamberger Kurzfilmtagen, warum er sich gerade das Thema Hasskommentare vorgenommen hat und warum er sich dafür entschied mit Laiendarsteller zu arbeiten.

Kannst Du mir mehr zur Entstehung deines Kurzfilms „Comments“ erzählen? Liest Du selbst viele Internet-Kommentare?

Man kommt heutzutage ja gar nicht mehr drum herum und ja, manchmal habe ich mich dabei erwischt, dass ich länger die Kommentare als den eigentlichen Artikel gelesen habe. Mir kam immer wieder die Frage auf, wie ernst man manche Kommentare/Leute nehmen soll: Mocken die mich? Meinen die das genauso? Ist das von woanders kopiert? Bei der digitalen, unpersönlichen Kommunikation ist es häufig schwierig einzuschätzen, wie viel Ironie, Humor, Ernsthaftigkeit oder auch Sarkasmus in den Worten steckt. Des Weiteren ist nicht zu leugnen, dass die Eskalationsschwelle im Internet deutlich tiefer liegt als bei einem Face-to-Face Gespräch. Insbesondere Gewaltandrohungen sind im Alltag unüblich aber online leider schon nach kurzen Gesprächen Gang und Gäbe. Anfang 2017 gab es dann ein Anschreiben an deutschen Filmhochschulen in dem Filmideen zum “Vermächtnis der Deutschen” gesucht wurde. Wir haben uns dem digitalen Vermächtnis gewidmet.

Es gibt leider unzählige solcher Kommentare im Netz. Wie hast Du Deine Auswahl getroffen?

Das klingt etwas eigenartig, aber abgesehen davon, dass die Themen einen roten Faden haben sollten und wir „Gewalt in der Online Kommunikation“ als Hauptthema im Hinterkopf war, haben wir die finalen Kommentare so ausgesucht, dass wir aussagekräftige Bilder dafür finden konnten. Film ist nun mal ein visuelles Medium und wir hatten auch viele Kommentare zu wichtigen Themen, die wir gerne mit eingebaut hätten, aber keine Bilder gefunden haben. Die visuelle Sprache ist elementar für den Film und wir haben letztendlich vier Kommentare genommen, für die wir starke, für sich stehende Bilder bekommen, ohne vom gesprochenen Inhalt der Kommentare stark abweichen zu müssen.

Wie bist Du die Umsetzung dann angegangen? Welches visuelle Konzept stand dahinter?

Adam [Graf], unser DoP, und ich hatten nur wenige ganz konkrete Bilder geplant – außer dass wir uns von den Worten leiten lassen wollen. Wir suchten sehr bewusst nach Motiven und besorgten bestimmte Requisiten für die Kommentar-Inszenierung, das war unsere Vorbereitung. Das letzte Kapitel sollte beispielsweise komplett anders aussehen, aber es regnete seit Tagen und unsere ehemalige Sandgrube war ein Matschhaufen. Da alles improvisiert war und die Darsteller sich frei bewegen konnten, entstand etwas ganz neues und mitunter die stärksten Bilder des Filmes.

Du hast ja mit Laiendarsteller gearbeitet. Wie war es für sie das Gelesene umzusetzen?

Es war von Anfang an Konzept, mit Laien zu arbeiten, letztendlich sind aber auch professionelle Schauspieler dabei. Kevin Patzke, der junge Mann zu Beginn des Filmes, hat mich zum Beispiel gerettet, da es in unserer kurzen Vorbereitungszeit unmöglich für mich war, jemanden zu finden der sich auf unser Impro-Konzept ohne Drehbuch eingelassen hat. Es gab für die Darsteller keine Infos vor dem Dreh, nur, dass es darum ging, einen Youtube-Kommentar als Reenactment „lebendig werden zu lassen“. Für Kevins Rolle gab es noch die Info, dass er viel (rohe) Wurst essen muss. Das war abschreckend. Kevin hat mitgemacht, er hat stundenlang Wurst gegessen bis die Grenze erreicht war. Oder vielleicht sogar ein bisschen weiter. (Kevin, falls du das liest, sorry und Danke nochmal!) Der Hintergedanke war, dass es kein klassischer Kurzfilm mit einer konventionellen, narrativen Struktur wird und wir daher auch etwas freier und anarchischer drehen wollten.

Kannst Du mir zum Schluss noch ein bisschen mehr über Dich erzählen. Wie wird es jetzt bei Dir weitergehen und welche folgenden Projekte stehen am Start?

Ich bin jetzt im dritten Jahr Regie an der Filmuniversität Babelsberg und arbeite gerade an einem tollen Abschlussfilm einiger Kommilitonen, eine absurde, sehr witzige Adaption des Märchens „Des Kaisers neue Kleider“. Da lohnt sich auf jeden Fall ein Blick in unseren Instagram-Channel. Der Film wird von 3Sat co-produziert und dort im Herbst ausgestrahlt. Des Weiteren drehe ich mit meinem „Comments“-Team Ende des Jahres „Kollegen“, ein ähnlich provokanter, politischer Kurzfilm wie „Comments“, welcher dann auch mein Abschluss im Bachelor sein wird. Dazwischen möchte ich aber zwingend ein paar Wochen ohne Film verbringen.

Die Fragen stellte Doreen Matthei

Lies auch die Rezension zum Kurzfilm „Comments

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