„Einer flog übers Kuckucksnest“ von Ken Kesey (1962)

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352 Seiten / Rowohlt / 11,00 €

Buchkritik: Der bereits 1962 erschienene Roman „Einer flog übers Kuckucksnest“ (OT: „One Flew Over the Cuckoo’s Nest“) des Autors Ken Kesey gehört heute zu den ‚Must Read‘-Büchern der amerikanischen Literaturgeschichte. Der Kampf eines Individuums gegen ein totalitäres System sprach vielen aus den Herzen und wurde gleich in den nachfolgenden Jahr für die Bühne adaptiert und 1975 von Miloš Forman als gleichnamiger Spielfilm umgesetzt, der fünf Oscars darunter auch den für den ‚Besten Film‘ gewinnen konnte und zu den wenigen Filmen gehört, welche bisher die ‚Big Five‘ gewinnen konnte. 

Der Sträfling Randle Patrick McMurphy lässt sich in eine Nervenheilanstalt im US-Bundesstaat Oregon überweisen und soll dort nun seine Haftstrafe in der psychiatrischen Anstalt abbüßen. Gleich bei seiner Ankunft wird klar, dass er sich nicht in das von strenger Hand durch die Oberschwester Mildred Ratched geführte System einfügen will. Statt, wie die anderen Patienten, seine Zeit lethargisch im Aufenthaltsraum zu verbringen, beginnt er gleich mit Kartenspielen und Wetten. Außerdem setzt er einen Einsatz darauf, dass er Oberschwester Ratched innerhalb einer Woche aus der Fasson bringen wird. So ist es um ihn nie still, die anderen Insassen, mit viel weniger Mumm in den Knochen, beobachten das mit Bewunderung und und tauen nach und nach auf, um auch wieder zu sich selbst zu finden.

Der amerikanische Autor Ken Kesey (1935-2001) sammelte selber ein wenig Erfahrungen in einer Nervenheilanstalt. Nicht nur, dass er eine zeitlang auf einer Station arbeitete, er meldete sich auch als Testobjekt für psychedelische Drogen. Diese Erfahrungen fließen genauso in die authentischen Schilderungen ein wie das zeitgenössisches Wissen, um die stationäre Kurierung von Nervenkrankheiten. Das Buch schildert dabei einen erschütternden Umgang mit Kranken – vor allem aus heutiger Sicht. Doch das war nicht das Hauptanliegen des Schriftstellers. In seinem 352-seitigen Roman geht es vor allem, um den Kampf des Individuums gegen eine totalitäres System. Aus der Sicht eines Patienten, der schon lange vor Ort ist und die Dinge in Ruhe beobachten kann, weil alle ihn für taub und stumm halten, wird hier ein Kampf im Kleinen geschildert – es geht dabei um die persönliche, uneingeschränkte Entwicklung und die Entmythisierung, dass jeder Mensch normal sein muss. Über den gesamten Roman hinweg bleibt er der Position des Beobachtenden treu, der aber selbst auch immer mehr in die eigentliche Geschichte involviert wird. In McMurphys Gedanken kann man so nie direkt hineinsehen, aber wenige Schlüsselmomente erklären trotzdem sein Handeln. Durch einige Höhepunkt ist das Buch nicht nur auf seine Weise aufklärend, sondern auch durch und durch spannend. Der ganze Roman lebt von sorgsam erdachten Charakterprofilen, so dass die LeserInnen stets an dem Schicksal aller Personen interessiert sind. So ist man auch emotional involviert und das Ende, was scheinbar unvermeidbar ist, trifft einen dann doch sehr hart. Rundherum ist der mittlerweile über 60 Jahre alte Roman „Einer flog übers Kuckucksnest“  eine sehr empfehlenswerte Lektüre, gibt Einblick in die frühere Arbeit in Heilstätten und hält eine Botschaft bereit, die auch heute noch nicht an ihrer Aktualität verloren hat.

Fazit: Der Debütroman des amerikanischen Autors Ken Kesey – „Einer flog übers Kuckucksnest“ – erzählt mit viel Einfühlungsvermögen und aus einer gelungenen Perspektive heraus von einem störrischen Individuum, welches das Leben vieler verändert. Gleichzeitig erhält man einen historischen Einblick in die frühere Arbeit von Nervenheilanstalten und kann das Buch aufgrund von einem Spannungsbogen kaum aus der Hand legen.

Bewertung: 4/5

geschrieben von Doreen Matthei

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