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272 Seiten / ab – Jahren / Diaphanes Verlag / 8 €
Das vom Architekten Anthony Royal entworfene 40-stöckige Hochhaus sollte ein autarker Lebensraum für viele Menschen werden. Doch von Anfang an schlichen sich Probleme ein. Nicht nur technische Mängel erschwerten das Leben im Hochhaus, sondern auch zwischenmenschlicher Zwist flammte immer wieder auf. Als der erste Mensch stirbt, bricht die Gesellschaft des Hauses nicht auseinander, sondern formiert sich mit neuen Strukturen und Machtpositionen neu. So finden sowohl der Psychiater Dr. Robert Laing und der Fernsehjournalist Richard Wilder, als auch die oberen Etagen samt des Architekten selbst ihren Platz in der neuen Ordnung.
In „High-Rise“ wird das Leben in dem neumodischen Hochhaus, das einen Supermarkt, mehrere Pools und einen Dachgarten besitzt, skizziert. Von Anfang wird klar gemacht, dass die Idee dahinter gut war, aber schnell etwas Neues, etwas Unkontrollierbares entsteht. Die verschiedenen Interessen und später auch der Überlebenswille motiviert die Menschen zu unvorhersehbaren Handlungen, kehrt explizite Neigungen heraus und grenzt die Gesellschaft innerhalb des Gebäudes bald von der Außenwelt ab. Trotz detaillierter Schilderungen auch der Gedanken der Personen bleiben die Leser:innen außen vor. Kein Mensch in diesem Universum handelt nachvollziehbar oder ist auch nur im Entferntesten sympathisch. Trotzdem liest man, gespannt auf den unerwartbaren Verlauf, immer weiter, wird überrascht und ist fasziniert, in welche Richtung es sich entwickelt, und so kann man die 272 Seiten schnell durchlesen. Die Sprache des Buches ist dabei leicht zugänglich, wenn auch nicht besonders fließend. Gerne legt man das Buch nach einem Kapitel beiseite und lässt die Ereignisse wirken. Die Botschaft von James Graham Ballard ist dabei klar. Er skizziert hier eine Gesellschaft im Kleinen, die sich der Anarchie hingibt. Die Außenwelt und die Umstände, die von außen dazu führen, interessieren ihn nicht. Stattdessen konzentriert er sich auf drei Figuren, zwischen deren Perspektiven er hin und her springt. Zu gern wüsste man darüber hinaus mehr über die anderen Menschen, doch das verwehrt das Buch. So bleibt ein rätselhafter Eindruck zurück. Definitiv bleibt „High-Rise“ als konsequent dystopischer Roman im Gedächtnis.
Fazit: „High-Rise“ ist ein Roman aus den 70er Jahren, der heute noch genauso gut funktioniert wie damals, was man u.a. auch an der existierenden Verfilmung sehen kann. Der Autor James Graham Ballard schuf einen Kosmos, der geprägt ist von Anarchie, Gewalt, speziellen Neigungen und vielen unterschiedlichen menschlichen Belangen, den man als Leser:in mit viel Spannung und Überraschungen ergründen kann.
Bewertung: 4/5
geschrieben von Doreen Kaltenecker
Quellen:
- Wikipedia-Artikel über den Roman „High-Rise“
- Dieter Wunderlich, ‚High-Rise‘, dieterwunderlich.de, 2016
- Ingeborg Sperl, ‚“High-Rise”: Das Haus, in dem die Zukunft endet‘, derstandard.at, 2016