„Der Fänger im Roggen“ von Jerome D. Salinger (1951)

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272 Seiten / diverse Verlage / OT: „The Catcher in the Rye“

Buchkritik: Der Roman „Der Fänger im Roggen“ (OT: „The Catcher in the Rye“) von J.D. Salinger aus dem Jahr 1951 ist wohl jedem ein Begriff. Sei es, weil es Schullektüre war, man den Aufruhr beim Erscheinen mitbekommen hat, seine Unverfilmtheit betrachtet oder man sich daran erinnert, dass der Mörder von John Lennon dieses Buch geliebt hat.

Der 17-jährige Holden Caulfield fliegt vom Internat und macht sich auf den Weg zurück nach New York. Mit den Gedanken an seine ehemalige Verflossene und mit den Worten seines alten Lehrers im Ohr beschließt er, nicht direkt zu seinen Eltern zurückzukehren, sondern sich erstmal in ein Hotel einzunisten. Er will sich die Tage mit Mädchen und Alkohol vertreiben und drückt sich so vor der Frage, wie es jetzt weitergehen soll. 

Auch 70 Jahre nach seinem Erscheinen ist der 272-seitige Roman, der in Deutsch in verschiedenen Übersetzungen vorliegt, in aller Munde. Der einzige Roman des Autors Jerome D. Salinger (1919-2010) hat sich schnell zu einem Klassiker gemausert. Wen die Geschichte um den jugendlichen Antihelden Holden Caulfield genau ansprechen soll, ist dabei ebenso ein Rätsel, wie die Frage, ob mehr dahintersteckt, als die Schilderungen eines Rumtreibers. Die Sprache, die vor allem beim Erscheinen für Aufruhr sorgte, ist derb. Soll diese speziell jugendliche Leser:innen ansprechen oder soll es Erwachsenen einen Zugang zur Jugend geben? Eines kann man aber mit Gewissheit sagen: Der Roman ist vor allem aus erwachsener Sicht schlecht gealtert. Egal welche Metaphern und Gesellschaftskritiken er transportieren will, er wirkt unzeitgemäß. Holden ist ein Mensch, dem man nicht gerne folgt. Seine Gedanken über und auch seine Worte zu Frauen sind mehr als misogyn und offenbaren einen Lügner, Heuchler und einen Menschen, der seinen Platz nicht kennt. Nur in den Gesprächen mit seiner Schwester kann man etwas Gefühl für ihn entwickeln. Bis dahin ist einem das Schicksal des Protagonisten komplett unwichtig. Eine Verfilmung des Stoffes wäre reizvoll gewesen, um zu sehen, wie sie den Sympathie-Gap überbrücken, aber Salinger selbst hat das Zeit seines Lebens verhindert. Die Sprache, u.a. in der Übersetzung von Heinrich Böll von 1962, macht den Zugang ebenfalls nicht leicht. Obwohl man den Roman schnell durchlesen kann, ist der Wortfluss etwas zu stockend. Kein Wunder, bedenkt man, dass im Original an 255 Stellen der Begriff „goddam“ vorkommt. So ist Salingers Werk „Der Fänger im Roggen“, das man im Sinne eines Klassikers gelesen haben könnte, doch sehr schlecht gealtert, so dass man die frühere Faszination für dieses Buch nicht wirklich nachvollziehen kann.

Fazit: „Der Fänger  im Roggen“ ist der einzige Roman des Autors Jerome D. Salinger. Dieser verwendet darin eine derbe Sprache, um die Jugend zu charakterisieren. Doch leider krankt die Lektüre an einem nicht zugänglichen Antihelden, starker Misogynie und der schlechten Alterung des Buchs. Trotzdem lässt es sich schnell weglesen, so dass man diesen Klassiker auch gern für sich entdecken kann.

Bewertung: 3/5

geschrieben von Doreen Kaltenecker

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