„Wochenendrebellen“ (2023)

Doreen Kaltenecker
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Filmkritik: Der deutsche Spielfilm „Wochenendrebellen“ (ET: „Weekend Rebels“, Deutschland, 2023) von Marc Rothemund erzählt eine beinahe klassische Fitz-Dramödie, in der es um reale (ernste) Themen geht – hier sogar nach einer autobiographischen Vorlage – aber das mit dem gemütlichen Blick des Unterhaltungskino: Sozusagen Popcorn-Kino mit Botschaft.

Mirco (Florian David Fitz) und Fatime (Aylin Tezel) erhalten als junge Eltern die Nachricht, dass ihr Sohn Autist ist und seine Welt auf ganz eigene Weise wahrnimmt. Mittlerweile ist Jason (Cecilio Andresen) in der Grundschule und boxt sich jeden Tag durch. Dabei ist er auch manchmal ausfallend, so dass er immer wieder Ärger in der Schule bekommt. Fatime ist am Ende mit ihren Nerven, da ihr Mann Mirko sich komplett in seinen Job zurückgezogen hat. Als Jason auf die Idee kommt, sich einen Lieblingsfußballverein zu suchen, willigt sein Vater ein, sich mit ihm sich alle 56 Mannschaften der Deutschen Bundesliga live anzuschauen, damit Jason sich entscheiden kann. Von nun an gehen sie jedes Wochenende in ein anderes Stadion, was Vater und Sohn immer wieder vor Herausforderungen stellt. 

Florian David Fitz und Cecilio Andresen

Nach einer wahren Geschichte – anhand des Buches „Wir Wochenendrebellen“ (2017) von Mirko von Juterczenka – bringt uns der versierte, deutsche Filmemacher Marc Rothemund („Harte Jungs“ (2000), „Das bescheuerte Herz“ (2017)) diese Familiengeschichte näher. In dem 285 Seiten starken Buch erzählt ein Vater von seinem Abenteuer mit seinem autistischen Sohn Jason, mit dem er seit Jahren Stadien (meist) in Deutschland besucht. Dieser autobiographische Erfahrungsbericht ist die perfekte Grundlage, einen Film mit viel Herz zu schaffen. Nah an der Realität, aber mit einem starken cineastischen Filter versehen, fängt Rothemund die Schwierigkeiten des Alltags für einen autistischen Jungen, wie auch für seine Familie ein. Der Film zeigt die Hürden und wie wenig die Umwelt auf das ‚Anders-Sein‘ auch heute noch eingestellt ist. Wie ist es möglich, dass auch bei so einem bekannten Krankheitsbild soziale Strukturen versagen? Doch das sind nur Nebenaspekte der Story. Den Kern bildet die Vater-Sohn-Geschichte. Der Vater, der sich aufgrund seines Jobs zu sehr von der Familie entfernt hatte, die Mutter dadurch mit jeglichen Ballast allein gelassen, nimmt sich nun seines Sohnes an. Natürlich, wie es sich für solche Filme gehört, lernt der Vater dazu, seine Sichtweise verändert sich, was zu einem besseren Miteinander führt. Dabei werden auch hier auf familiärer Ebene wichtige Themen wie Mental-Load, Work-Life-Balance und Kindererziehung angeschnitten. Doch all das tritt in den Wohlfühl-Elementen, gepaart mit dem Zug-Roadtrip in den Hintergrund. 

Cecilio Andresen, Florian David Fitz und Aylin Tezel

Neben der gelungenen Unterhaltung mit Herz für ein breites Publikum bietet der Film auch die perfekte Bühne für den deutschen Schauspieler Florian David Fitz. Dieser hat sich mittlerweile fest in einem Genre etabliert. Oft spielt er in Komödien oder Dramen Menschen (zuletzt immer häufiger Väter), die mit Problemen oder Schicksalsschlägen konfrontiert werden und dadurch ihre bisherige Lebenseinstellung und auch ihr Verhalten ändern müssen. Man denkt dabei an den erst vor kurzem erschienenen „Oskars Kleid“ (2022), wo er als aggressiver Vater mit dem Trans-Sein seines Kindes konfrontiert wird. Auch hier spielt er einen zunächst abwesenden Vater, der sich nicht in die Situation seiner Frau hineinversetzen kann. Doch mit den Wochenendausflügen ändert sich das gesamte familiäre Gefüge. Fitz schafft es, diese Wandlung mit viel Nahbarkeit und Sympathie zu spielen. Besonders gelungen ist die Besetzung von Jason: Cecilio Andresen spielt den autistischen Jungen nah an der realen Person und macht das Spektrum an Gefühlen, die er empfindet und die die Menschen ihm gegenüber empfinden, mehr als deutlich. Bis in die Nebenrollen hinein ist der Film hervorragend besetzt u.a. mit Joachim Krol („Der bewegte Mann“ (1994), „Berlin Alexanderplatz“ (2020)) als einfühlsamen Großvater, der eine der Hook-Lines des Films sprechen darf. Die Inszenierung schmiegt sich dabei wunderbar an die Geschichte an und der deutsche Fernzug bekommt eine prominente Rolle. Zudem wird bestimmt auch jedem Fußball-Fan warm ums Herz, denn die Stadien und der Sport selbst bekommen natürlich eine prominente Rolle. Aber auch nicht übermäßig, so dass man auch als Nicht-Fußball-affiner Mensch gut damit leben kann. So ist Rothemund eine durch und durch gut besetzte, souverän inszenierte, einfühlsame Komödie gelungen, welche viele Themen aufs Tapet bringt, aber nicht zu schwerfällig wird.

Cecilio Andresen und Florian David Fitz

Fazit: „Wochenendrebellen“ ist der neueste Spielfilm von Marc Rothemund, der in seiner gewohnten Weise leichtfüßige Unterhaltung mit wichtigen Themen kombiniert. Dabei setzt seine Inszenierung auf Sympathie, einprägsame Bilder und vor allem auf das starke Spiel aller Beteiligten. So formt auch Florian David Fitz als Hauptdarsteller den Film maßgeblich – so dass man gewillt ist hier von einem typischen Fitz-Werk zu sprechen, der definitiv sein Publikum finden wird.

Bewertung: 6,5/10

Kinostart: 28. September 2023

Trailer zum Film „Wochenendrebellen“:

geschrieben von Doreen Kaltenecker

Quellen:

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