- Im tjg. Dresden: Die dampfenden Hälse der Pferde im Turm von Babel - 5. Mai 2022
- Zauberer von Oz: Staatsschauspiel Dresden an Weihnachtsfeiertagen online erleben - 21. Dezember 2020
- Jetzt ins Theater! - 5. April 2020
Noch drei Wochen, dann ist erst mal Schicht im Schacht: Das Theater geht in die Sommerpause und der neue Intendant Joachim Klement kommt nach Dresden. Was hat das Staatsschauspiel bis dahin noch zu bieten und welche Stücke sollte man noch schnell sehen? Hier eine kleine, selektive und subjektive Übersicht.
Familienstücke


Die Posten von Ritter Kato sind schon da. Kein Entkommen für Jum-Jum (Christian Clauß) und Mio (Thomas Kitsche). (c) David Baltzer
Zwei Stücke stehen zur Auswahl, beide werden nicht weiter aufgeführt. Für FÜNF Euro pro Karte könnt ihr Kinder glücklich machen und selbst zum Kind werden. Das gelingt am 05.06 mit dem Lindgren-Stück „Mio, mein Mio“. Gesang und Akrobatik vereinen sich mit einem stellenweise sehr düsteren Szenario. Hier müssen Kinder um ihre Helden bangen.
Am 10.06. wird „Das Gespenst von Canterville“ letztmalig aufgeführt. Leute, das ist so schön! Trotz Gespenster-Thematik müssen Kinder sich hier kaum gruseln. Es gibt genügend Momente zum Lachen, eine schwungvolle Sing- und Tanzeinlage und großartige Staffage. Beste Unterhaltung auch für Erwachsene.
Das lohnt sich zu sehen
07.06. „Gott wartet an der Haltestelle“ – die Inszenierung von Pinar Karabulut war zum Festival Radikal jung eingeladen, schon das spricht für Qualität. Fünf Schauspieler lassen die Zuschauer nachempfinden, wie sich der tägliche Terror in Israel anfühlt. Tief durchatmen und fesseln lassen!
11.06. „Homohalal“ – eine Komödie über Integration. In Dresden uraufgeführt, weil die Theatermacher in Wien sich vor der eigenen Courage ängstigten: 2016 kündigten sie die Zusammenarbeit mit Ibrahim Amir, der das Stück in zwei Jahren Recherchearbeit geschrieben hatte. Vorteilhaft: An dem Sonntag gibt es gleich zwei Vorstellungen, nachmittags und abends.
12.06. „Der Phantast“ – ein Stück über das Leben des Karl May. Hier gibt’s Infos und Fiktion, Lustiges, Spannendes und den echten Winnetou. Wie man dessen Namen auszusprechen hat, lernt man im Stück gleich mit und kann dabei Tränen lachen. Durch das Beziehungsdreieck aus Karl May, seiner ersten Frau Emma (großartig: Nele Rosetz) und der zweiten Frau Klara kommen auch die ernsten Gefühle nicht zu kurz. Ensemble, Bühnenbild und Kostüm sowie Dramaturgie: In der Inszenierung von Philipp Stölzl (richtig, der mit der Neuverfilmung von Winnetou) stimmt einfach alles. Eine Wundertüte, die nicht nur Wildwestfans begeistert.
Achtung, Probleme bei Regen! Zum letzten Mal am 22.06. gibt es „Nichts in Sicht“. Der Titel trifft ins Schwarze, wenn es regnet. Denn dann fällt dieses Stück leider aus, das unter freiem Himmel in der Ruine der Trinitatiskirche aufgeführt wird. Grober Inhalt: Zwei Soldaten verfeindeter Lager treiben in einem kleinen Boot übers Meer. Wer anders als die Rezensentin nicht als Magnet für schlechtes Wetter bekannt ist, sollte es mal probieren.
Große Ereignisse
- und 11.06. Sommerfest der Bürgerbühne. Ein Wochenende voller Konzerte und Stücken „aus dem echten Leben“.
Das Kracherstück am 17.06.: „Wut – Jelinek, Wagner und ‚Jesus von Nazareth‘“ wird nur dieses eine Mal aufgeführt. Nicht irgendwo, sondern in der Frauenkirche. Im Rahmen der Dresdner Musikfestfestspiele kreuzt Christian von Borries den Text von Elfriede Jelinek mit Richard Wagners „Jesus von Nazareth“. Plus Händel, Bach und Beethoven und Bartholdy. Da macht ein Großteil des Ensembles mit, der Dresdner Bürgerchor und die Dresdner Sinfoniker. Achtung: Die Karten gehen schon seit langem ab wie Westsenf. Sichert euch rechtzeitig Karten und verpasst nicht dieses Spektakel!
22.06. Kehraus. Die große Party zum Abschluss der Spielzeit.
Das muss man nicht gesehen haben
„Der Graf von Monte Christo“ (08.06.). Wobei: Wer gerne mal jede Menge Menschen in Unterhosen sehen will, ist hier gut aufgehoben. Ansonsten lieber den Roman des Alexandre Dumas lesen.


Den handlungsarmen “Volksfeind” rettet auch ein sehr guter Alexander Angeletta nicht. (c) Matthias Horn
„Ein Volksfeind“ (zuletzt am 20.06.). Zu viel Informationen, zu wenig Handlung. Zu Ibsens Drama stellt Regisseur Marco Štorman so viele aktuelle Bezüge her, dass das Drama an sich und vor allem die Handlung völlig untergeht. Andererseits wird der Zuschauer mit zu vielen Fakten bombardiert, als dass dieser Abend erhellend sein könnte.
Nur keine Eile! Diese Stücke kommen auch in der nächsten Spielzeit
„Nathan der Weise“ und „Amphitryon“. Zwei wunderschöne Inszenierungen von Wolfgang Engel. Klassisch und nur leicht gekürzt verlassen sich diese Bühnenwerke ganz auf den Text.
„Alte Meister“ sollte nur einige Male in der Gemäldegalerie aufgeführt werden. Doch es mauserte sich in kürzester Zeit zu einem Publikumsliebling und ist deshalb auch in der nächsten Spielzeit zu sehen.


rechts: Matthias Luckey in Bestform als Kommissar Escherich (mit Torsten Ranft, der zum Glück bleibt). (c) David Baltzer
„Jeder stirbt für sich allein“ hatte durch die Neuverfilmung aus Hollywood arge Konkurrenz. Doch das Stück nach dem Roman von Hans Fallada, bei dem die Banda Internationale für musikalische Untermalung sorgt, hat sich mit Qualität behauptet. Und dieses teppichgemusterte Bühnenbild! – Sehr schade ist allerdings, dass mit dem Schauspieler Matthias Luckey ein herausragend gut gespielter Kommissar Escherich Dresden verlässt.
Also: Gut durchtakten, das weniger Gute ignorieren und das Exzellente anpeilen, dann schafft ihr das meiste noch.
Geschrieben von Katrin Mai