„Doel“ (2018)

Doreen Kaltenecker
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Filmkritik: Auf dem 61. DOK Leipzig lief ein Stadtportrait der anderen Art. Zusammen mit dem Kurzfilm „Appalachian Holler“ von Matthias Lawetzky in einem Block, welcher von Menschen am Rande der Gesellschaft handelt, erzählt der Dokumentarfilm „Doel“ (OT: „Doel“, Dänemark/Belgien, 2018) von Frederik Sølberg ein ruhiges Stadtportrait und seinen Bewohnern, was nicht nur mit großer Nähe, sondern auch mit dem Blick der Außenstehenden arbeitet.

Der Ortsteil Doel der belgischen Stadt Beveren, im Norden des Landes, beherbergt nur noch 24 Einwohner. Dadurch besitzt dieser Ort einen ganz eigenen Rhythmus und muss gleichzeitig um seine Existenz bannen. Geprägt ist das Leben außerdem von den vielen Besuchern, die diesen Ort als Lost Place erkunden, als Urban Explorer fotografieren oder es als großen Abenteuerspielplatz betrachten, in dem sie auch einfach Sachen zerstören dürfen.

Der dänische Regisseur Fredrik Sølberg begibt sich auf eine eigene Spurensuche nach Doel. Durch seine damalige Freundin ist er auf diesen Ort aufmerksam geworden und besuchte diesen für seinen Film über mehrere Jahre hinweg immer wieder. In dieser Zeit näherte er sich den Bewohner an und bekam ein Gespür für ihr Leben dort. So nimmt der Film vor allem die Perspektive der Bewohner ein und schafft es dabei, einzufangen, wie es sich anfühlt, an einem Ort zu leben, der für Touristen als Geisterstadt und Abenteuerspielplatz dient. Die Szenen sind dabei von Ruhe und gemächlichem Tempo geprägt. Auch die Einbrüche in die Privatsphären von außen, werden oft mit einem ruhigen Blick eingefangen. Doch wenn er sich dann vollends auf die andere Seite begibt, auf die Seite der Besucher, merkt man wie störend und laut sie sind. Der Film findet zwar keine Antwort dafür, das hat er vermutlich auch nie vorgehabt, wie es mit dem Ort weitergehen kann, aber er sensibilisiert die Zuschauer für dessen Probleme. Nach dem Film hätte man paradoxerweise auch einmal Lust den Ort zu besuchen, aber vor allem fragt man sich, wie es so weit kommt konnte und ob so etwas verhindert werden könnte. Frederik Sølberg schafft es mit seiner Erzählung diese Stadt zu ergründen, die Bewohner auf behutsame Weise einzufangen und gleichzeitig eine universelle Geschichte über den Verlust der Heimat zu erzählen.

Dafür findet er die richtigen Bilder. In meist langsamen Sequenzen fängt er die Schönheit der Stadt ein. Dabei wählt er die Perspektiven aus den Häusern heraus, welche unauffällig betonen, wie es ist, in dieser Stadt zu wohnen, in der immer wieder Fremde in die Privatsphäre einbrechen. Er zeigt die Stadt aber auch von außen und lässt sich Zeit, diese zu erkunden. Dadurch nimmt er auch die Sicht der Besucher ein und kann damit zeigen, dass es seinen Reiz haben kann diese Stadt zu besuchen. Untermalt mit stimmiger Musik findet Sølberg zusammen mit seinem Kameramann Jonathan Wannyn die richtige Bildsprache, um Doel ein Gesicht zu geben und unterstreicht den gewöhnlichen Alltag der Bewohner und die außergewöhnliche Situation dieses Ortes.

Fazit: Frederik Sølberg Dokumentarfilm „Doel“ fängt den nur 24 Einwohner starken belgischen Ort mit all seinen Facetten ein. Er zeigt, welches Leben die Einwohner führen, während immer wieder Touristen und Urban Explorer in ihr Dorf strömen. In langsamen, schönen Bildern fängt er den Alltag und die Extremsituation ein und zeigt, wie sich eine Stadt entwickeln kann und stellt damit unauffällig Fragen nach Heimat und Zuhause.

Bewertung: 8/10

Der Trailer:

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

Und so endet das Jahr 2018. Ich wünsche allen Lesern einen guten Rutsch ins neue Jahr. Als Abschluss wird es noch das Interview mit dem Filmemacher Frederik Sølberg geben und die Jahresübersicht. Kommt gut rein!

3 Gedanken zu “„Doel“ (2018)

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