„Symphony of the Ursus Factory“ (2018)

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Filmkritik: Die polnische Künstlerin Yasmina Wójcik schuf mit ihrem Debütfilm „Symphony of the Ursus Factory“ (OT: „Symfonia Fabryki Ursus“) einen außergewöhnlichen Dokumentarfilm, der nicht nur kritisch ein Thema beleuchtet, sondern mit seiner innovativen Inszenierung ein starkes Gemeinschaftsgefühl für die Protagonisten schuf.

In der Nähe von Warschau stellte die große Landmaschinenproduktionsfirma Ursus international bekannte Traktoren her und schuf vor Ort viele Arbeitsplätze. Nachdem der Kommunismus die Niederlegung des Betriebes bedingte, sind heutzutage nur noch Ruinen der alten Fabriken vorhanden. Doch in den Köpfen der ehemaligen Arbeiter steckt nicht nur die Gedanken an die ehemalige Firma Ursus, sondern auch ihre ehemalige Tätigkeit für das Unternehmen.

Das Team von „Symphony of the Ursus Factory“ auf dem 61. DOK Leipzig (in der Mitte Yasmina Wójci)

Die polnische Künstlerin Yasmina Wójcik (*1983) und ihr Team haben sich speziell mit dem Erinnern beschäftigt. Nachdem sie von ihrem Vater von Ursus erfahren hatte, ging sie in die Kleinstadt Ursus, welche um die Fabrik herum entstanden ist und suchte ehemalige Mitarbeiter auf. Dabei ging es ihr nicht nur darum, dass die Menschen im typischen Dokumentarstil (wie es auch anfänglich zu sehen ist) von ihrer damaligen Arbeit berichten. In einer monatelangen Zusammenarbeit mit dem Choreographen Rafał Urbacki und den Bewohnern selbst arbeiteten sie die Vergangenheit auf und schufen Bewegungen und Geräusche, welche an die ehemalige Arbeit erinnern. In über neun Monaten fanden sie die perfekte Choreographie dafür. Zusammen mit den 16 Protagonisten besuchte die Künstlerin die Ruinen der Fabrik, wo sie ihre Choreographien vorführen konnten. So erforscht die Filmemacherin zusammen mit ihrem Kameramann Jakub Wróblewski die Ruinen mit all ihrer Schönheit und gab den Menschen die Möglichkeit sich noch einmal zu verabschieden, da der Gebäudekomplex der mittlerweile abgerissen wurde. Die Musikuntermalung von Dominik Strycharski ist fantastisch und geht unter die Haut. Im Umland suchte Wójcik nach Besitzern von Ursus Traktoren und so treffen im fulminanten Höhepunkt mit eindringlicher Musik und wunderbarer Kameraarbeit die Arbeiter auf die Traktoren und feiern den Abschied dieser großen Firma, welche sie ihr Leben lang geprägt hat.

© Wajda Studio, Photograph: Jakub Wróblewski

Fazit: Eine Dokumentation wie „Die Symphonie der Ursus Factory“ hat man wohl bisher selten gesehen. Mit einer zutiefst menschlichen und einem sehr kreativen Ansatz erzählt die Künstlerin Yasmina Wójcik von einer ehemaligen Traktorenfabrik. Sie schuf dafür eine Choreographie mit den ehemaligen Arbeitern und Traktoren, welche zusammen mit der starken Musik und der überzeugenden Kameraarbeit unter die Haut geht. Damit setzt sich der polnische Film von vielen Standarddokumentationen ab und schuf ein bleibendes Gefühl für den Begriff Verlust und den Zahn der Veränderung.

Bewertung: 8/10

Trailer zum Film „Symfonia Fabryki Ursus“

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

 

2 Gedanken zu “„Symphony of the Ursus Factory“ (2018)

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