Acht Fragen an Anca Damian

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Interview: Im Gespräch mit der Filmemacherin Anca Damian konnten wir mehr über den warmherzigen Animationsfilm „Marona’s Fantastic Tale“, gesehen in der Spätlese des 62. DOK Leipzig, erfahren. Die Regisseurin erzählt über die wahren Hintergründe, über die Animationen und Stile selbst und wie die Musik dazu entstand. 

The original english language interview is also available.

Dein Animationsfilm „Marona’s Fantastic Tale“ erzählt aus der Sicht eines Hundes von seinem turbulenten Leben. Kannst Du mir mehr zur Entstehung erzählen? Gibt es reale Vorbilder?

Ich bin immer von der Realität inspiriert. Im Jahr 2014 rettete ich eine Hündin, die heute Marona heißt, vor einem Leben auf den Straßen von Bukarest, Rumänien. Ich versuchte, jemanden zu finden, der sich um sie kümmern kann, weil ich einen Rüden habe und sie schwanger werden könnte. Ich kümmerte mich um sie, bis sie adoptiert wurde. Sie hat mir im Gegenzug so viel gegeben. Sie ist ein ganz besonderer Hund und veränderte jede Familie, die sie einige Wochen lang hatte. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, vor einem Familienpublikum über Empathie zu sprechen. Unserer Gesellschaft und unseren Bildungssystemen fehlt es an großen Anstrengungen zu diesem Thema. Ich dachte, wir könnten auf andere wichtige Ideen eingehen, darüber, wie wir uns um andere kümmern, wie wir Glück in den kleinen Dingen finden, über Leben und Tod, über die Liebe. Ich wurde von dieser Geschichte verfolgt, also beschloss ich, einen Film über ‚sie‘, die Hündin Marona zu drehen.

Hast Du selbst Haustiere?

Ja, ich habe einen Hund, er ist elf Jahre alt, und vielleicht hätte ich, wenn ich ihn nicht hätte, keine tiefe Verbindung und Liebe gehabt, die Hunde geben, und auch diesen Film hätte ich nicht gemacht.

Ging es Dir dabei um das Schicksal eines einzelnen, individuellen Tieres oder baust Du gleichzeitig auch eine allgemeine Botschaft mit ein?

Natürlich hat Kunst eine allgemeine Botschaft. Es braucht eine individuelle Figur oder Geschichte, um einen Einblick in tiefere Bedeutungen des Lebens zu geben. Der Film ist eine philosophische Geschichte über Glück, Leben und Tod, aber auch über Liebe. Die Geschichten, die ich aus der Realität entnehme, sind die Geschichten, die Botschaften befähigen, von denen ich denke, dass sie für die Menschen heutzutage wichtig sind, ich denke immer noch, dass die Kunst uns helfen soll, bessere Wesen zu sein und uns zu einem anderen Verständnis über den Sinn des Lebens zu bringen.

Der Animationsstil ist fantastisch und vielseitig. Erzähl mir mehr dazu. Vor allem wie Du Dich entschieden hast, welche Art für welchen Charakter zu verwenden?

Wenn ich am Anfang eines Projekts stehe, versuche ich immer, das einzigartige grafische Äquivalent in der Welt des Films zu finden. Was die Visuals betrifft, so habe ich mich an Brecht Evens gewandt, der die Figuren mit seinem starken visuellen Stil definieren konnte. Brecht stellte mir Gina Thorstensen und Sarah Mazzetti vor, zwei brillante Illustratoren, die an den Hintergründen des Films arbeiteten. Mit Ausnahme von Gina, die als bildende Künstlerin für Musikclips gearbeitet hat, hatten Brecht und Sarah noch keine Erfahrung in der Arbeit mit Animationen. So brachten sie mit ihrem fantastischen individuellen Talent einen frischen visuellen Zugang zu diesem Film. Ich arbeite immer mit einem visuellen Konzept und Referenzen, aber während ich mit echten Künstlern zusammenarbeite, erhalte ich immer mehr von ihrer Ausstrahlung. Das ist es, was ich suche.

Für die Charaktere war ihr Inneres der Leitfaden für das Design: Manole ist ein einsamer, melancholischer Akrobat, der verzweifelt die Poesie des Lebens verfolgt. Für ihn sind alle Formen möglich, die Linien verteilen sich, verfangen sich und verknoten sich, wenn er z.B. depressiv ist oder getrunken hat. Der Animator Dan Panaitescu war für Manole verantwortlich. Er ist ein brillanter Animateur, sehr kreativ und produktiv. Ich schätze ihn als Animateur und als Person sehr. Er begann, einen Gehzyklus zu machen, als wir definieren mussten, wie er sich bewegt und wie er ist. Ich entdeckte die Schlange (gespielt von Bob Fosse) im 1974 erschienenen Spielfilm „Der kleine Prinz“, und diese Referenz öffnete die Tür, um Manole diesen faszinierenden Charakter und das Leben in der Animation zu geben. Dann ging es darum, den Animator zu pushen, um weiter zu gehen.

Istvans Körper ist im Gegenteil sehr solide und greifbar, aber sowohl seine Hände als auch sein Mund müssen ihm ein liebevolles Aussehen verleihen. Seine Augen und sein Mund haben die Zartheit der Gesichter, die man in der indischen Malerei findet. Solange ist eine Mischung aus einer kleinen Prinzessin und einer Abenteurerin – Steppdecken in Form von Hundeohren, eine Augenklappe wegen ihrer Amblyopie, ein Prinzessinnenkleid und Rollschuhe. Einige der anderen Charaktere wurden als eine Mischung aus Scherenschnitt und 2D gemacht: Die Steifigkeit des Alters wird für Istvans Mutter und Solanges Großvater erhöht. Die bösen Charaktere – der Impresario und die Dogcatcher – wurden in 3D gemacht.

Kannst Du mir auch noch was zur Farbdramaturgie erzählen – Dein Hund ist schwarz-weiß, während alles andere in Farben badet. 

Was die Farben von Marona betrifft, so war es Brechts Beitrag: Als ich ihn traf, war ich irgendwie an der Idee interessiert, den echten Hund – einen braunen Labrador – im Blick zu behalten. Er sagte mir, stell dir einfach ein Poster mit dem braunen Hund vor, niemand wird es sehen. So fand ich ein Foto eines argentinischen Mischlings, mit diesem Herzen im Gesicht, und er zeichnete die Figur. 

Für das Farbkonzept jedes Teils hatte ich die Freude, das Spiel mit den Bedeutungen zu nutzen und Räume mehr mit Farben als mit Licht zu definieren.

Die Musik unterstützt  das Träumerische wie das Melancholische. Über sie möchte auch gern mehr erfahren.

Die Zusammenarbeit mit dem Komponisten Pablo Pico begann zu Beginn der Produktion. Die musikalischen Themen wurden komponiert, bevor wir mit der Animation begannen. In meinen Animationsfilmen verstärke ich immer die Musik, ich denke, dass Animation der Ort der Begegnung der bildenden Künste mit der Musik ist, also wähle ich die Komponisten sorgfältig aus und gab ihnen viel konzeptionellen Input für den Film.

Während wir mit der Animation fast fertig waren, komponierte Pablo die endgültige Musik. Die Erfahrung der Zusammenarbeit mit Pablo Pico war wirklich einzigartig, da er auch sehr intuitiv und kreativ und gleichzeitig sehr gut organisiert ist. 

Die Musikaufnahme fand auf einem Dachboden in der Region Straßburg statt, 40 km vom Bahnhof entfernt. Jeder Musiker kam für zwei Tage, also waren wir isoliert und konnten wirklich eine Verbindung zu jedem einzelnen entwickeln. Wir konnten während der Musikaufnahme improvisieren, ich war in der Nähe der Musiker und kommunizierte die ganze Zeit direkt mit ihnen. 

Ich hatte die Chance, mit Pablo und einem wunderbaren Team von Musikern zusammenzuarbeiten. 

War es schwer, die richtige Sprecher für die Rollen zu finden, insbesondere für Marona?

Für Marona kannte ich bereits und habe auch bereits bei meinen vorherigen Film mit Lizzie Brochere zusammengearbeitet; sie war perfekt für mich. Ich weiß, dass es sehr schwierig ist, die richtige Person für diese Rolle zu finden, da man tiefe Nuancen verstehen und die Reinheit eines Kindes bewahren sollte. 

Für die anderen Rollen benutzte ich einen Casting-Agenten, und natürlich suchten wir auch ungewöhnliche Stimmen, wie für Manole, wo ich einen Stand-up-Comedian besetzte; ich will die Wahrheit, die Stimmen sollten der Charakter sein, nicht nur das Handeln.

Welche neuen Projekte sind in Arbeit?

Ich mache jetzt ein Musical, „The Island“, eine auf dem Kopf stehende „Robinson Crusoe“-Geschichte, heutzutage mit Flüchtlingen. Es ist eine Fabel der zeitgenössischen Welt, umrahmt von musikalischer Komödie. 

Die Fragen stellte Doreen Matthei
Übersetzung von Michael Kaltenecker

Lies auch die Rezension des Films „Marona’s Fantastic Tale


Interview: In a conversation with filmmaker Anca Damian we could learn more about the warm-hearted animated film “Marona’s Fantastic Tale“, seen in the Late Harvest program of the 62nd DOK Leipzig. The director talks about the true background, about the animations and styles themselves and how the music was created. 

Your animated film “Marona’s Fantastic Tale” tells us about the turbulent life of a dog from the perspective of that dog. Can you tell me more about the origin? Are there real inspirations?

I am always inspired by reality. In 2014 I saved a female dog, which actually is now named Marona, about five years ago on the streets of Bucharest, Romania. I tried to find someone who would foster her, because I have a male dog and she could get pregnant. I took care of her until she was adopted. She gave me so much in exchange. She is a very special dog and changed every family where she was kept for some weeks. I believe that it’s very important to speak about empathy to a family audience. Our society and educational systems lack a lot of efforts on this topic. I thought we could touch upon other important ideas, about how we take care of others, about finding happiness in the small things, about life and death, about love.  I was haunted by this story so I decided to do a film about this “she” dog, Marona.

Do you have your own pets? 

Yes I have a dog, he is 11 years old, and perhaps if I didn’t had him, I would have not known a deep connection and love that dogs give and also I would have not made this film. :)

Were you interested in the fate of a single, individual animal or are you at the same time building in a general message?

 Of course art gives a general message. It takes an individual character or story, to give a glimpse on deeper meanings of life. The film is a philosophical tale about happiness, life and death, and also love. The stories I take from reality are the stories that empowers messages I think are important for people nowadays, I still think that the art is meant to help us be better beings, bringing us to a different understanding on the meaning of life.

The animation style is fantastic and versatile. Can you tell me more about it? I’m especially interested in how you decided which kind to use for which character.

When I am in the beginning stages of a project, I always try to find the unique graphic equivalent in the world of film. Regarding to the visuals, I approached Brecht Evens, who could define the characters with his strong visual style. Brecht introduced me to Gina Thorstensen and Sarah Mazzetti, two brilliant illustrators, who were working on the backgrounds of the film. Except for Gina, who has worked as visual artist for music clips, Brecht and Sarah didn’t have any prior experience of working on animation. So, they were bringing a fresh visual approach to this film with their fantastic individual talent. I always work with a visual concept and references, but while collaborating with true artists, I always receive more from their touch. This is what I am looking for.

For the characters, their interior was the guide for the design: Manole is a solitary, melancholic acrobat, who desperately pursues the poetry of life. For him, all shapes are possible, the lines disperse, become entangled and knot up whenever he is depressed or has been drinking, for example. The animator Dan Panaitescu was in charge of Manole. He is a brilliant animator, very creative and productive. I deeply appreciate him as an animator and as a person. He started to make a walk cycle as we needed to define how he moves and how he is. I discovered the serpent (played by Bob Fosse) in the 1974 feature “The Little Prince”, and this reference opened the door to give Manole this fascinating character and life in the animation. Then everything was to push the animator to go further.

Istvan’s body, on the contrary, is very solid and tangible, but his hands as well as his mouth must bestow on him an affectionate appearance. His eyes and mouth have the delicacy of the faces found in Indian paintings. Solange is a cross between a little princess and an adventuress — quilts in the form of dog ears, an eye patch because of her amblyopia, a princess’s dress and roller-shoes. Some of the other characters were done as a mix of cut-out with 2D: The rigidity of old age is enhanced for Istvan’s mother and Solonge’s grandfather. The bad characters — the impresario and the dogcatchers were done in 3D.

Can you also tell me something about the color dramaturgy – the dog is black and white, while everything else is bathed in colors?

Regarding the colours of Marona it was Brecht’s contribution: when I met him I was somehow attached to the idea of keeping the real dog – brown Labrador – look. He told me just imagine a poster with the brown dog, no-one will see it. So I found a photo of an mixed Argentinian dog, with this heart on her face, and he drew the character. 

For the color concept of each part I took the pleasure to use play with meanings and define spaces more with colours than with light.

The music supports the dreamy as well as the melancholic atmosphere. I would like to know more about it.

The work with the composer Pablo Pico started at the beginning of the production. The musical themes were composed before we started the animation. In my animated films I always enhance the music, I think that animation is the place of meeting of the visual arts with the music so I choose carefully the composers and I give them a lot of conceptual input on the film.

While we were almost ready with the animation, Pablo composed the final music. The experience of working with Pablo Pico was really unique, as he is also a very intuitive and creative, being also very organised in the same time. 

The music recording took place in an attic in Strasbourg region, 40 km far to the train station. Each musician was coming for one two days, so we were isolated and we could really develop a connection with each one. We could improvise during the music recording, I was staying near the musicians and communicate directly with them all the time. 

I had the chance of working with Pablo and a wonderful team of musicians. 

Was it difficult to find the right voice over narrators for the roles, especially for Marona?

For Marona I already knew and worked at my previous film with Lizzie Brochere; she was perfect for me. I realise that is very difficult to find the right person for this part as it should understand deep nuances and keep the purity of a child. 

For the other parts I used a casting agent, and of course we searched also unusual voices, like for Manole where I casted  a stand-up comedian; I want the truth, the voices should be the character, not just act.

Which new projects are in progress? 

I am doing now a musical, The Island, an upside down Robinson Crusoe story, nowadays with refugees. It is a fable of the contemporary world, framed in musical comedy. 

Questions asked by Doreen Matthei

Read on the german review of the film “Marona’s Fantastic Tale

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