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Filmkritik: Der schweizer Langfilm „Under the Skin“ (OT: „Sous la peau“, Schweiz, 2019), der seine Weltpremiere auf dem 62. DOK Leipzig feierte, ist das Portrait dreier junger Transgender-Menschen. Der Regisseur Robin Harsch hat diese über einen langen Zeitraum hinweg begleitet und schuf mit seiner 92-minütigen Film eine warmherzige Dokumentation, die dazu steht, auch aus der anfänglich etwas unbedarften Perspektive eines Cis-Mannes zu berichten.
Im Zentrum für junge LGBTIQ+-Personen in Genf (Schweiz) treffen sich regelmäßig u.a. auch Jugendliche, deren soziales Geschlecht nicht mit ihrem biologischen Geschlecht übereinstimmt. Vor Ort bekommen sie Unterstützung, Informationen und die Möglichkeit sich auszutauschen. Auch bietet das Zentrum Jugendlichen eine Zuflucht, wenn sie aufgrund ihrer Identität von ihren Familien verstoßen werden. Glücklicherweise ist es bei den drei jungen Menschen Alexandra, Söan und Logan nicht der Fall. Dadurch bekommen sie die notwendige Unterstützung auf ihrem Weg zur kompletten Geschlechtsangleichung.
Durch eine Freundin, die den Verein „Dialogai“ leitet, wurde der schweizer Filmemacher Robin Harsch (*1977) auf das Thema Transgender aufmerksam und wollte unbedingt mehr darüber erfahren. Mit der Neugierde eines Schuljungen suchte er Kontakt zu Jugendlichen, die sich gerade in der Geschlechtsumwandlung befinden. Nach einer gewissen Zeit (und auch später im Schnittraum) kam es zu einer Fokussierung auf drei Jugendliche. Alexandra, Söan und Logan, die hier wunderbar offen mit Robin und den Zuschauern umgehen, lassen uns daran teilhaben, wie sie zu dem Menschen werden, als der sie sich fühlen. Dabei redet er unverblümt mit ihnen und so stehen vor allem Interviews, oder besser gesagt Dialoge, im Kern des Films. Harsch begleitete sie zwei Jahre lang und so bekommt man nicht nur die Entwicklung mit, sondern schließt sie auch schnell ins Herz. Gut sind auch die Blickwinkelerweiterungen, in denen er sich vor allem auch mit den Eltern der jungen Transgender unterhält und das Thema so vielen Cisgender-Zuschauern besser begreifbar macht. Doch trotzdem ist klar, dass er auf der Seite seiner drei Protagonisten steht und ihren Weg nicht nur mit Interesse, sondern auch mit viel Sympathie verfolgt. So fühlen sich viele Szenen wie ein großes Wiedersehen an. Dafür hat er auch viel Zeit ohne Kamera mit ihnen verbracht und drauf geachtet, keine große Crew zu haben (vor Ort war er meist allein oder zu zweit unterwegs). Die Dokumentation ist dabei solide und sozusagen klassisch inszeniert, sie wird von vielen Interviews und konventionellen Handkamera-Aufnahmen zusammengehalten. Doch das Herzstück seines Films sind seine drei HauptdarstellerInnen, die man schnell ins Herz schließt und gerne auf ihren Weg begleitet, der glücklicherweise für sie nicht mit allzu vielen Steinen unwegsamer gemacht wird.
Fazit: Die Dokumentation „Under the Skin“ begleitet drei junge Transgender auf ihrem Weg. Dabei ist der Regisseur und Kameramann Robin Harsch dicht dran und begleitet sie über einen längeren Zeitraum mit und ohne Kamera. Das macht den Dokumentarfilm mit seinen vielen Interviews, offen, ehrlich und sympathisch und gibt einen Einblick in ein privates Thema, bei dem leider immer noch viele Menschen Berührungsängste haben.
Bewertung: 8,5/10
Trailer zum Kurzfilm „Under the Skin“:
geschrieben von Doreen Matthei
Quellen:
- 62. DOK Leipzig 2019 – Katalog (Programm ‚Next Masters Wettbewerb‘)
- Doreen Matthei, ‚Zehn Fragen an Robin Harsch‘, testkammer.com, 2020
- Eintrag des Regisseurs Robin Harsch bei Swiss Films
- Swiss FIlms, ‚Schweizer Produktionen am DOK Leipzig‘, cinebulletin.ch, 2019