Studium der Kunstgeschichte - Schwerpunkt: Filmgeschichte (Abschluss 2010 mit der Arbeit "Rembrandt im Spielfilm") Nebenfächer: Philosophie und Alte Geschichte
- seit 2012: Filmkritikerin bei movieworlds (Kino, DVD, BD, Festivalberichte)
- seit 2015: Blog 'Testkammer' online
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Filmkritik: Der Dokumentarfilm „Space Dogs“ (OT: „Space Dogs“, Österreich, Deutschland, 2019) von Elsa Kremser und Levin Peter, der auf dem 62. DOK Leipzig seine Deutschlandpremiere feierte, löste dort einerseits Kontroversen über die gezeigte Brutalität aus, faszinierte aber gleichzeitig mit seinem nahen und absoluten Blickwinkel auf und von Moskauer Straßenhunden.
Der Legende nach kehrte die Hündin Laika, nachdem sie ins als All geschickt wurde, als Geist auf die Moskauer Straßen zurück. Sie beseelte bis heute alle Straßenhunde, welche jeden Tag ums Überleben ringen. Im heutigen Moskau sind zwei Nachfahren von ihr unterwegs, suchen Nahrung, verteidigen Reviere und verlieren sich von Zeit und Zeit in den Wirren der Straßen.
Die beiden deutsch-österreichischen Filmemacher Elsa Kremser (1985) und Levin Peter (1985) haben zusammen die Idee zu diesem Dokumentarfilm entwickelt. Im Kern ging es ihnen darum, einen Film über Straßenhunde zu drehen. Als sie herausfanden, dass der berühmteste Hund der Weltgeschichte – Laika, das erste Lebewesen im All – ebenfalls ein Straßenhund war, hatten sie ihren Rahmen gefunden. So gliedert sich „Space Dogs“ in zwei Erzählstränge. Zum einen wird die Legende von Laika aus dem Off wiedergegeben. Zu diesem Teil gehören auch die Archivaufnahmen über Tests, welche an Hunden durchgeführt wurden, die für Weltraummissionen auserkoren wurden. Diese bisher so noch nie gesehenen Aufnahmen sind kaum ertragbar. Das Elend der Tiere, welches die Menschen ihnen zufügen, wird hier mit aller Deutlichkeit klar. Immer wieder wird die gegenwärtige Handlung mit diesen Aufnahmen gebrochen und lässt die Frage aufkommen, ob sich der Umgang mit Tieren seit damals überhaupt gebessert hat.
Den Großteil des 91-minütigen Films macht aber die Handlung im jetzigen Moskau aus, welche durch eine intensive Authentizität besticht. Die Filmemacher folgen zwei Straßenhunden, die sich immer wieder begegnen, manchmal gemeinsam weiterziehen oder sich auch mal bekämpfen. Sie zeigen ihr rastloses Umherstreifen, die Futtersuche und die Auseinandersetzung mit anderen Lebewesen, welches in einer brutalen Szene mit einer Katze seinen Höhepunkt findet. Dem Kameramann Yunus Roy Imer gelang dabei Unglaubliches. Seine nahe Kameraarbeit, bei der ihm die Hunde keine Beachtung schenken, gibt diesem Film seine außergewöhnliche Perspektive. Gerade der Zuschauer, der den Hund vor allem als domestizierten Begleiter kennt, wird von der Rohheit und Wildheit der Straßenhunde fasziniert sein, die ihr Leben ohne den Menschen verbringen. Das Fehlen von geskripteten Szenen und das stetige Nah-bei-den-Hunden-sein erlaubt einen unverstellten und echten Einblick in dieses Leben, das man so noch nicht gesehen hat und das unter die Haut geht. Denn der Film braucht nur diese starken Bildern, und keine erklärenden Worte, um ein beeindruckendes Portrait zu liefern, was sehr intensiv ist und den Blick auf Tiere definitiv erweitern oder verändern kann.
Fazit: Der Dokumentarfilm „Space Dogs“ von Elsa Kremser und Levin Peter ist ein fesselndes und intensives Portrait von Straßenhunden. Die in Moskau aufgenommenen Aufnahmen zeigen das Leben abseits von jeglichem Herrchentum und bestechen mit einer Kameraarbeit, die nah dran ist, aber die Tiere selbst nicht ablenkt. Unterstützt von erschreckenden Archivaufnahmen ist „Space Dogs“ ein berührender Film, der mit seiner Unverstelltheit unter die Haut geht.