Sieben Fragen an Aleksej Evstigneev

Doreen Kaltenecker
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Interview: Im Gespräch mit dem russischen Filmemacher Aleksej Evstigneev erfuhren wir mehr über seinen Kurzfilm „The Track“ (OT: „Не за Горами“), der auf dem 62. DOK Leipzig seine Europa-Premiere feierte, was ihn an dieser entlegenen Zugstrecke gereizt, welche Schwierigkeiten sich ergaben und ob er selbst dem Zuschauer diese Fahrt empfehlen würde.

The original english and also russian language interview is also available.

Warum hast Du Dich entschieden einen Film über diese Zugstrecke zu machen?

Als Kind lebte ich in der Nähe der Eisenbahn in einer kleinen Stadt, die nur deshalb existierte, weil uns die Eisenbahn mit Moskau verband. Denn in Moskau gab es Arbeit. Als ich von der Abscheron-Schmalspurbahn erfuhr, erschien es mir, als ob man auch vom größten Teil Russlands etwas erfährt, wenn man mit ihr fährt.

Wie haben die Passagiere auf Deinen Filmprojekt reagiert? 

Die Fahrgäste schenkten uns fast keine Aufmerksamkeit, zumal wir uns praktisch im Zug einquartiert haben, um keine einzige Fahrt zu verpassen. Nachdem sie den fertigen Film gesehen hatten, gefiel ihnen die Tatsache, dass sie in einer sehr schönen Landschaft leben, und den Rest schienen sie nicht zu verstehen.

Was lag Dir visuell am Herzen?

Optisch wollten wir das reale Gefühl einer Fahrt in diesem Wagen nachempfinden. Diese Enge, das einlullende Geräusch der Räder, Fragmente von Phrasen, die unsere Ohren manchmal auffangen. Angesichts der Enge entschieden wir uns, das nicht standardmäßige Seitenverhältnis 4:3 zu verwenden, auch nachts hängten wir eine harte Lichtquelle auf, damit die Leute in der Dunkelheit zu schweben scheinen.

Ich stelle mir das mit dem Ton besonders schwierig vor – kannst Du mir mehr über die auditive Ausgestaltung erzählen?

Ja, wir hatten die größten Schwierigkeiten mit dem Sound, es war qualitativ nicht möglich, das zu tun, was ich wollte. Ich bin immer noch etwas beschämt deswegen. Die Dialoge mussten auf dem ZOOM H1 während der Kommunikation mit den Passagieren aufgenommen werden, und der allgemeine Motorlärm störte wirklich. Als sie beschlossen, ihre Reden am Schnittplatz neu aufzunehmen, stellten wir fest, dass sie mit einem speziellen, für den Kaukasus sehr organischen Dialekt sprachen, und alle Versionen der Neuaufnahme sehr unnatürlich klangen. Deshalb beschlossen wir, die Originalversion zu belassen.

Kannst Du zum Schluss noch ein bisschen mehr von Dir erzählen und wie Du Deine Liebe zum Film entdeckt hast?

In der Oberstufe wurde ich eine lange Zeit krank, es gab nichts zu tun, und ich begann, Filme hintereinander zu schauen, fünf bis sieben pro Tag. Wie sich herausstellte, waren es oft Klassiker oder einfach nur sehr gute Filme. Besonders süchtig war ich damals nach dem polnischen Kino mit Keslevsky, Lozinsky, Pavlikovsky, Yakimovsky und ihrem Lakonismus der Bilder und ihrer religiösen Ehrlichkeit. Und dann kam ich ins VGIK [Anm. d. Red.: Gerassimow-Institut für Kinematographie in Moskau], was ich in diesem Jahr als Regisseur eines Dokumentarfilms beende. Nächstes Jahr möchte ich an der Europäischen Filmuniversität das Magisterstudium beginnen und meinen Wissenskreis erweitern.

Sind bereits neue Projekte geplant?

Wir haben einen Film über das Leben der Kadetten der russischen Garde gedreht, der nun auf den Festivals läuft.

Aleksej Evstigneev beim 62. DOK Leipzig

Jetzt werde ich von der dokumentarischen Animation mitgerissen. Ich mache einen Film über die Kamerafrau Liza Popowa, mit der wir diesen Film gedreht haben. Sie hat eine erstaunliche Lebensgeschichte. Sie wurde ohne Haare geboren, und ihre Mutter schnitt sich selbst bis vor kurzem die Haare und versteckte den ‚Mangel‘ ihrer Tochter unter Perücken aus diesen. Aber nun entschied sich Lisa, ihr eigenes Leben zu leben, und das gab Anlass zu Konflikt. Aus den Haaren der Mutter machen wir diese Animation. Ein weiteres Dok-Animationsprojekt planen wir über Briefe von Vätern an Kinder aus dem GULAG – aktuell suchen wir dafür eine Finanzierung.

Letzte Frage: Würdest Du den Lesern und Zuschauern empfehlen selbst einmal diese Reise zu unternehmen?

Natürlich ist es eine Reise wert, aber dies ist eine sehr spezifische und gefährliche Reise, besonders im Frühling, wenn die Wege erodieren und der Zug über die Klippen taumelt.

Die Fragen stellte Doreen Matthei
Übersetzung von Michael Kaltenecker

Lies auch die Rezension des Kurzfilms „The Track


Interview: In conversation with the Russian filmmaker Aleksej Evstigneev, we learned more about his short film “The Track” (OT: “Не за Горами”), which celebrated its European premiere at the 62nd DOK Leipzig, what attracted him to this remote train route, what difficulties arose and whether he himself would recommend this trip to the viewer.

Why did you decide to make a film about this train route?

As a child, I lived near the railway in a small town in which all the inhabitants existed only due to the fact that it connected us with Moscow. And in Moscow there was work. When I found out about the Absheron narrow gauge railway, it immediately seemed to me in a concise way not only of that place, but also of most of Russia.

How did the passengers react to your film? 

Passengers paid almost no attention to us, especially since we practically settled on the train without missing a single route. Having shown the finished film, they liked the fact that they have very beautiful landscapes, and they do not seem to understand the rest.

What was visually important to you?

Visually, we wanted to recreate the real feeling of a trip in this car. That tightness, the lulling sound of the wheels, fragments of phrases that our ears sometimes pick up, light. We decided to keep tightness for the color of the non-standard aspect ratio of the frame 4: 3, also at night we hung up one rough source of light so that people would float out of the dark.

It must have been difficult to capture the sound – can you tell me about the audio design?

Yes, there are the main difficulties with the sound, it was not possible to do as I wanted qualitatively. Still ashamed of it. Dialogues had to be caught on the ZOOM H1 while communicating with passengers, and the general engine noise really interfered. When they decided to re-record their speeches at the editing site, they realized that they were speaking with a special dialect very organic to the Caucasus, and all versions of the re-recording were very unnatural. Therefore, we decided to leave the original version.

Can you tell me a little bit more about yourself and how you discovered your love for film?

In high school, I somehow fell ill for a long time, there was nothing to do, and I began to watch films one after another, 5-7 per day. As it turned out, it was a classic or just very good films. Especially then Polish cinema Keslevsky, Lozinsky, Pavlikovsky, Yakimovsky was hooked with their laconicism of images and religious honesty. And then he entered VGIK, which this year I finish as a director of a documentary. Next year I want to enter a magistracy at the European Cinema University and expand the circle of knowledge.

Are there already new projects planned?

After we made a film about the life of the cadets of the Russian Guard, now we are starting a festival story with him.

Now I’m carried away by documentary animation. I’m making a film about the cameraman Liza Popova, with whom we shot this film. She has an amazing life story. She was born without hair and her mother, until recently, cut her hair and hid her daughter’s “lack” under wigs. But now Lisa decided to live her own life and this gave rise to their conflict. From mother’s hair, we are now doing this animation. And another dock-animation project on letters from fathers to children from the GULAG – we are looking for funding for it.

Last question: Would you recommend that readers and viewers take this trip themselves?

Of course, it’s worth a trip, but this is a very specific and dangerous trip, especially in the spring when it erodes the paths and the train staggers over cliffs)

Questions asked by Doreen Matthei

Read on the german review of the shortfilm „The Track“ 


Interview: В беседе с российским режиссером Алексеем Евстигнеевым мы узнали больше о его короткометражном фильме “Не за Горами“), который отмечал свою европейскую премьеру на 62. DOK Leizig вокзале, о том, что привлекло его к этому удаленному железнодорожному маршруту, какие трудности возникли и порекомендует ли он сам эту поездку зрителю. [Anm. d. Red.: übersetzt mit Google Translator]

Почему вы решили снять фильм об этом маршруте поезда?

В детстве я жил рядом с железной дорогой в небольшом городке в котором все жители существовали только за счет того что она связывала нас с Москвой. А в Москве была работа. Когда я узнал об Апшеронской узкоколейке это сразу показалось мне лаконичным образом не только того места и но и большей части России.

Как пассажиры отреагировали на Ваш кинопроект?

Пассажиры почти не обращали на нас внимания, тем более что мы практически поселились в поезде, не пропуская ни одного маршрута. Показав уже готовый фильм им понравилось то, что у них очень красивые пейзажи, а остальное они, кажется не поняли.

Что было визуально близко к твоему сердцу? 

Визуально мы хотели воссоздать реальное ощущение от поездки в этом вагоне. Ту тесноту, убаюкивающий стук колес, обрывки фраз которые наше ухо порою улавливает, свет. Тесноту мы решили за цвет нестандартного соотношения сторон кадра 4:3, также ночью вешали один грубый источник света, чтобы люди как бы выплывали из темноты.

Я нахожу звук особенно трудным – не могли бы вы рассказать мне подробнее о конструкции слухового аппарата?

Да, со звуком здесь основные трудности, не удалось сделать так как хотелось качественно. До сих пор стыдно за это. Диалоги приходилось вылавливать на ZOOM H1 общаясь в пассажирами, и очень мешал общий шум двигателя. Когда на монтаже решили перезаписать их речи, то поняли что они говорят с особенным диалектом очень органичным Кавказу, и все версии перезаписи получались очень неестественными. Поэтому решили оставить оригинальную версию.

Можете ли вы рассказать нам немного больше о себе и о том, как вы открыли для себя любовь к кино?

В средней школе я как-то надолго заболел, было нечего делать и я начал смотреть фильмы один за другим по 5-7 в день. Как оказалось это была классика или просто очень хорошие фильмы. Особенно тогда зацепил польский кинематограф Кеслевский, Лозинский, Павликовский, Якимовский с их лаконичностью образов и религиозной честностью. А после поступил во ВГИК, который в этом году заканчиваю как режиссер документального фильма. В следующем году хочу поступить на магистратуру в Европейский киновуз и расширить круг знаний.

Вы уже запланировали новые проекты?

После мы сняли фильм о жизни кадетов Росгвардии, сейчас начинаем с ним фестивлаьную историю. Да сейчас я увлекся документальной анимацией. Делаю фильм как раз об операторе Лизе Поповой, с которой мы снимали этот фильм. У неё удивительная история жизни. Она родилась без волос и её мама до недавнего времени стригла свои волосы и под париками прятала “недостаток” дочери. Но сейчас Лиза решила жить своей жизнью и это породило их конфликт. Из маминых волос мы сейчас и делаем эту анимацию. А другой док-анимационный проект по письмам отцов детям из ГУЛАГА – на него мы ищем финансирование.

Последний вопрос: Порекомендуете ли Вы читателям и зрителям самостоятельно совершить эту поездку?

Съездить туда конечно стоит, но это очень специфическое и опасное путешествие, особенно весной когда размывает пути и поезд шатаясь идет над обрывами)

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