Acht Fragen an Gregor Centner

Doreen Kaltenecker
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Interview: Im Gespräch mit dem Filmemacher Gregor Centner konnten wir mehr über seinen Dokumentar-Kurzfilm „Wolfgangs Freiheit“, der u.a. auf den 30. Bamberger Kurzfilmtagen lief, erfahren wir u.a. wie die Idee dazu entstand, was ihm bei der Gestaltung wichtig war und wie es ihm möglich war in der Strafvollzugsanstalt zu drehen.   

Welche initiale Idee brachte Dich zu diesem Film?

Mein ursprüngliches Interesse galt dem Thema Wohnen und ich habe mich gefragt, wie wohnen Menschen, vor allem unter extremen Bedingungen. Nennt jemand, der im Gefängnis ist, es „wohnen“? 

Ich habe auch das Gefühl,  dass wir in unserem Platzbedarf immer ausufernder werden, daher interessierte mich die Frage, wie kommt jemand mit sehr wenig Raum zurecht. 

Nachdem die Idee stand, wie war Dein weiteres Vorgehen? Gab es neben Wolfgang noch andere, deren Geschichte man hätte erzählen können?

Über das Justizministerium habe ich Kontakt zu einer Justizanstalt bekommen und ich konnte den Direktor der Anstalt überzeugen, Interviews mit Insassen der Anstalt zu führen. Sechs spannende Persönlichkeiten durfte ich kennenlernen und konnte sehr persönliche Interviews führen. Am meisten jedoch interessierte mich Wolfgangs Geschichte für mein Vorhaben. 

Hast Du Zeit mit Wolfgang abseits der Kamera verbracht? Würdest Du sagen, dass er sich Dir gegenüber geöffnet hat?

Ja ich habe eine Art freundschaftliche Beziehung zu Wolfgang aufgebaut, da wir uns oft getroffen haben auch außerhalb der Drehs. Ich habe ihn auch damals vom Gefängnis abgeholt, als seine Strafe vorbei war. Ohne Kamera und ohne zu drehen. 

Wie war die Zusammenarbeit mit der Strafvollzugsanstalt? Wie haben sie auf das Filmprojekt reagiert?

Es gab natürlich Sicherheitsauflagen, die ich zu erfüllen hatte. Bestimmte Sicherheitseinrichtungen durfte ich nicht filmen, aber das stellte selten ein Problem dar. Ich glaube, wir haben auch mit der Zeit ein vertrautes Verhältnis aufgebaut. Die Mitarbeiter der Anstalt waren es nicht gewohnt, dass der Prozess für einen relativ kurzen Film so lange dauern kann, da sie von Fernsehreportagen gewohnt sind, dass das Team kommt, ein paar Einstellungen dreht und wieder geht. 

Gespannt waren sie auf das Ergebnis und hatten wohl etwas Anderes erwartet. Die Reaktionen waren aber dann sehr positiv. 

Kannst Du mir mehr zu Deiner Bildsprache erzählen? Aufgefallen ist mir die Darstellung Wolfgangs selbst, im Gefängnis selbst zeigst Du nie sein Gesicht, erst als er freigelassen wird.

Wechselwirkungen zwischen Mensch und Ort finde ich spannend. Mir ging es darum, ein Portrait zu erstellen, das den Menschen zuerst über die Räume erfährt und nach und nach seine Person spürbar macht. Dadurch wollte ich auch die Orte und Zustände beschreiben in denen sich Wolfgang befindet. Mir war es wichtig, eine Offenheit im Film zu lassen, in der Zeit bleibt zum Nachspüren, vielleicht über unsere eigenen „Gefängnisse”.    

Über welchen Zeitrahmen ist Dein Film entstanden und wie viel Material hast Du gesammelt?

Von der Recherche und Konzepterstellung über Dreh und Schnitt bis zur Fertigstellung sind insgesamt zwei Jahre vergangen. Ursprünglich war der Dreh nicht so lange geplant und der Film sollte eigentlich damit enden, dass Wolfgang am Ende immer noch im Gefängnis ist. Als mir Wolfgang dann sagte, dass er nächsten Monat bereits entlassen wird, war klar, dass ich seine erste Zeit in Freiheit noch mitdrehen wollte. Die Fülle des Materials wurde von Birgit Bergmann meiner Dramaturgin und Cutterin in eine tolle Essenz gebracht. Viele der ‚persönlichen Lieblinge‘ des Kameramanns in mir mussten zugunsten der Klarheit der Dramaturgie weichen, was manchmal schmerzhaft schien, aber in letzter Folge zu einem tollen Ergebnis geführt hat.

Am Schluss noch ein bisschen mehr über Dich – Du hast bisher vor allem in anderen Bereichen beim Film gearbeitet?

Begonnen habe ich im Bereich Produktion und bin dann schließlich über die Bereiche Licht und Kamera zur Regie gekommen. Ich arbeite gerne als Kameramann, aber es war sehr schön selbst Regie zu führen und dann so zu arbeiten, wie ich es mir immer vorgestellt habe. Ich glaube für Dokumentarfilm braucht es viel Zeit, speziell wenn man mit Menschen arbeitet, kommt es immer zu einem Austausch, der von persönlicher Wertschätzung getragen sein sollte. 

Wie wird es weitergehen? Bleibst Du dem Dokumentarfilm treu? Sind schon weitere Projekte geplant?

Ja für ein neues Projekt befinde ich mich gerade in der Recherche-Phase. Es wird wieder ein Dokumentarfilm werden, voraussichtlich länger als „Wolfgangs Freiheit“. Das Thema ist  diesmal weit brisanter, aber ich möchte es noch nicht verraten. 

Die Fragen stellte Doreen Matthei

Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Wolfgangs Freiheit

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