„The Young Observant“ (2019)

Doreen Kaltenecker
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Filmkritik: Der Dokumentarfilm „The Young Observant“ (OT: „L’apprendistato“, Italien, 2019), der auf dem 62. DOK Leipzig seine Deutschlandpremiere feierte, erzählt die Coming-of-Age-Geschichte eines sturen jungen Mannes in einem ungewöhnlichen Umfeld.

Der vierzehnjährige Luca wird in der renommierten Hotelfachschule Mellerio Rosmini zu einem Hotelfachangestellten erster Klasse ausgebildet. Dazu gehört vor allem eins: eine Menge Disziplin. Schnell wird klar, dass der widerspenstige Luca hier nicht so richtig rein passt. So ist er auch ständig vom strengen Lernen und dem Umsetzen der Anordnungen genervt und flüchtet sich lieber in die wilde Natur.

Der italienische Regisseur Davide Maldi (*1983), der zusammen mit Micol Roubini das Drehbuch verfasst hat, schuf mit „The Young Observant“, was soviel bedeutet wie ‚junger Beobachter‘, eine außergewöhnliche Dokumentation. Er verzichtet für seinen Film auf Interviews und gibt sich somit in eine rein beobachtende Position. Von dort wohnen er und die Zuschauer den Entwicklungen Lucas bei. Zugleich bekommt man einen tiefen Einblick in die Ausbildung und das Handwerk des Hotelfachangestellten alter Schule. Dadurch entsteht ganz automatisch eine Reibungsfläche, wo der Willen zur Disziplin auf Widerwillen stößt. Auch der Charakter Lucas, der sehr verschlossen ist, trägt viel zur Wirkung des Films bei. Ihn zu ergründen und wie es ihn in so eine Welt verschlagen hat, gehört zu den Stärken des Films. Die Inszenierung, denn die Dokumentation besitzt klare und geschliffene Bilder, unterstützt die Gegensätzlichkeit. Maldi fängt das Wohlgeordnete und im Kontrast dazu das Wilde seines Charakters in den Bildern ein. Ein Jahr lang wohnte er der Ausbildung bei und fand das perfekte Bild für einen Jungen, der erwachsen werden muss, in einer Umgebung, für die er lernen muss sich selbst zu unterdrücken. Um diese Botschaft zu vermitteln, braucht der Film nicht viele Worte, sondern es reichen diese starken Bilder und sein faszinierender Antiheld. Zeitweise ist der Film dabei so beeindruckend klar, dass man vergisst, dass es sich hierbei um eine Dokumentation handelt. Zu gut arrangiert und inszeniert wirkt es, aber es spiegelt in seinem eleganten Look die Wirklichkeit und den Alltag junger Hotelfachangestellter wieder. Somit ist Davide Maldi ein unglaublich beeindruckender Dokumentarfilm gelungen, der im Gedächtnis bleibt und eine ungewöhnliche Coming-of-Age-Geschichte erzählt. 

Fazit: Der Dokumentarfilmer Davide Maldi begleitete ein Jahr lang eine Gruppe junger Männer bei ihrer Ausbildung zum Hotelfachangestellten. In der Figur des Luca, auf die sich der Film fokussiert, findet er den perfekten, wilden Gegenpart gegen diese durch und durch disziplinierte Welt. Mit reinen Beobachtungen und dem richtigen Blick für gelungene Bilder begleitet Maldi Luca und erzählt vom Erwachsenwerden in einer durchstrukturierten Welt.

Bewertung: 8/10

Trailer zum Kurzfilm „The Young Observant“:

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

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