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Was ist der Ursprung von „Better Half“?
Mir ist an der Debatte um den Klimawandel immer wieder aufgefallen, mit welcher Kaltschnäuzigkeit da argumentiert wird. Mit welch postkolonialer Attitüde hierzulande die Tatsache diskutiert wird, dass viele meist südliche Gebiete in wenigen Jahrzehnten unbewohnbar sein werden. Der Planet geht den Bach runter, aber die Erste Welt dreht sich nur um sich selbst, und sorgt sich hauptsächlich um den eigenen Profit und Wohlstand.
Um das zu überspitzen, hab ich aus dem Klimawandel eine Bevölkerungshalbierung gemacht, und dann ähnliche gesellschaftliche und mediale Reaktionsmuster gesucht, nach dem Motto: „Bevölkerungshalbierung ja, aber wir hier in Deutschland müssen natürlich bleiben. Ist doch klar, oder?“ Dass der Film durch die Corona-Pandemie eine völlig neue Aktualität gewonnen hat, war dann reiner Zufall.
Wie kam es zu der Idee, es als Reportage zu verwirklichen?
Es ist ein spannendes Format, weil der Film – bis auf wenige Ausnahmen – nur aus Interviews besteht, in denen über diese Halbierung geredet, aber nichts an „Action“ gezeigt wird. Dadurch entstehen viele Bilder im Kopf des Zuschauers und sind vielleicht deshalb umso mächtiger.
Zum anderen ist es ein Format, das sich leicht mit kleinem Budget und kleiner Crew im Guerilla-Style realisieren läßt. Wie bei einer echten Reportage mussten wir mit dem umgehen, was vor Ort war. Wir hatten bei den Außenaufnahmen fast nie eine Genehmigung oder Absperrung. Wenn einer der unbeteiligten Passanten in die Kamera geschaut hat, war uns das grad recht.
Der Stil ist sehr gelungen. Inwieweit spielst Du darin mit Klischees und referenzierst auf bestimmte Formate?
Was lag Dir dabei visuell am Herzen?
Wir haben wegen des schnellen Schnitttempos und wegen der Tatsache, dass der Text den Figuren kaum Zeit gibt sich einzuführen, darauf geachtet, dass der Zuschauer jeden Charakter möglichst schnell in seinem gesellschaftlichen Kontext einordnen kann. Also nicht lange rätseln muss, wer das jetzt ist, und wofür er oder sie steht. In diese Richtung haben wir versucht, Kostüm, Ausstattung und Location zu optimieren.
In welchem Rahmen – Drehtage, Zeitraum, Orte – konntest Du Deinen Film umsetzen?
Corona hat uns die Dreharbeiten natürlich nicht leicht gemacht. Wir hatten knapp acht Drehtage, allerdings über fast ein Jahr verteilt, weil der Lockdown im Winter 20/21 unsere Pläne völlig durcheinander geworfen hat. Und wir wollten auf keinen Fall ein Risiko für Cast oder Crew eingehen. Aber obwohl die letzte Klappe erst im August 2021 gefallen ist, konnten wir schon bei den Hofer Filmtagen im Oktober Premiere feiern.
Gedreht haben wir größtenteils in und um Berlin, ein paar wenige Szenen sind in Nürnberg und Umgebung entstanden, von da bekamen wir ja auch Förderung.
Wie hast Du Deinen Cast zusammengestellt?
Bei den Spielern war mir natürlich wichtig, dass ihre Figuren authentisch sind – was bei quasi dokumentarischem Material gar nicht so einfach ist –, und dass alles knochentrocken ‚runtergerotzt‘ wird. Ungeheuerlichkeiten sind am stärksten, wenn sie völlig beiläufig daherkommen.
Welche nächsten Projekte als Regisseur stehen schon in der Pipeline?
Im Moment bin ich dabei, ein paar Langfilm- und Serienideen auszuarbeiten, da ist allerdings noch nichts spruchreif. Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass mir über kurz oder lang wieder ein Kurzfilmprojekt vor die Füße fällt.
Die Fragen stellte Doreen Matthei
Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Better Half“