32. Filmfestival Cottbus 2022

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8. bis 13. November 2022 / Stadthalle, Staatstheater, Weltspiegel, Kammerbühne, SerienLounge@KB, Glad-House, Obenkino, Planetarium

Festivalbericht: Die 32. Ausgabe des Filmfestival Cottbus – Festival of East European Cinema – stand noch mehr im Zeichen des Austausch und lockte viele Zuschauer:innen in sechs Spielstätten, präsentierte ein sattes Programm aus 213 Lang- und Kurzfilmen aus über 50 Ländern und vergab 16 Preise im Gesamtwert von fast 70.000 €. 

Stadthalle Cottbus

Das Festival wurde mit dem Film „Luxembourg, Luxembourg“ von Antonio Lukich („Die Gedanken sind frei“ (2019)) eröffnet, der mit einem humorvollen Roadmovie und gleichzeitig mit dem auch emotionalen Portrait einer Familie begeisterte. Er gehörte zu den zwölf Beiträgen aus dem ‚Wettbewerb Spielfilm‘. Dort gewann der kroatisch-slowenische Film „Safe Place“ den Hauptpreis für den Besten Film. Der Film des Regisseurs Juraj Lerotić erzählt auf behutsame Weise von Depression und was diese von den Familien der Betroffenen abverlangt. Den DIALOG-Preis für die Verständigung zwischen den Kulturen und den Spezialpreis für die beste Regie erhielt der polnische Regisseur Damian Kocur für seinen Coming-of-Age-Film „Bread and Salt“, der auf wahren Ereignissen und eigenen Erfahrungen von dem Leben in einer Kleinstadt erzählt und wie schädlich manche Dynamiken in Gruppen von Jugendlichen sein können. Als bester Darsteller wurde der rumänische Schauspieler Iulian Postelnicu für seine Darstellung in „Men of Deeds“ ausgezeichnet. Der estnische Spielfilm „Minsk“, der von den Massenprotesten in Belarus handelt, gewann den FIPRESCI-Preis sowie den Preis der Ökumenischen Jury. Im ‚Wettbewerb der Kurzfilme‘ wurden die Filme „Last Time“ aus Litauen und „Primal Therapy“ aus Finnland ausgezeichnet.

Kino Weltspiegel

Auch in diesem Jahr war der Wettbewerb ‚U18 Jugendfilm‘ der Platz für viele starke Beiträge, seien es autobiographische Stoffe wie „Rock. Paper. Grenade“ von Iryna Tsilyk oder „Riders“, in dem sich zwei junge Männer ganz im Stil von „Easy Rider“ auf den Weg machen. Auch der Gewinnerfilm „Larry“ beschäftigte sich mit dem Ausbrechen aus seinem Leben und den möglichen Chancen, etwas aus seinem Leben zu machen. Dieser erhielt gleich zwei Preise – für den Besten Jugendfilm und für den Besten Debütfilm. Die meisten Filme in dem Programm, die sich um junge Frauen drehten, waren oft schwere Dramen. Darin glänzten aber die Filme „Magdalena“ aus Polen und „The Art of Falling“ aus Bulgarien und überzeugten mit ihren einfühlsamen Portraits gebeutelter junger Frauen, die ihrem Schicksal kaum zu entrinnen vermögen. 

Kammerbühne Cottbus

In dem Programm ‚Hits‘ befand sich auch in diesem Jahr wieder eine bunte Schar an beliebten Filmen, die in ihren Produktionsländern bereits Kassenschlager sind. Hier entdeckte man u.a. auch zwei Musikerportraits: Zum einen „Kikka!“ aus Finnland, das die Geschichte einer motivierten jungen Künstlerin in den 80er Jahren erzählt, und zum anderen „Toma“ aus Serbien, der uns in über 140 Minuten das Leben des dort berühmten Folk-Sänger näher bringt. In der Kategorie ‚Hits‘ wurde der Publikumsliebling gewählt. Der Preis ging an den tschechischen Film „The Last Race“, der die sportlichen und tragischen Ereignisse aus dem Jahr 1913 erzählt, als bei einem Wettrennen im Skilanglauf mehrere Sportler zu Tode kamen. 

Gladhouse Cottbus

Die Reihe ‚Spectrum‘ bot auch in diesem Jahr eine ungewöhnliche Mischung aus diversen Subgenren. Spannend war der tschechisch-slovakische Film „Nightsiren“, der traumatische Kindheitserlebnisse mit Hexenmythen vereint. Der türkische Film „Snow and the Bear“ führt uns in eine abgelegene Gegend, wo es bald nicht mehr nur darum geht, wie die neue Krankenschwester sich einlebt, sondern wohin einer der Bewohner verschwunden ist. In „Tree of Eternal Love“ aus Estland gehen zwei Freunde auf einen Roadtrip, um einen Baum zu fällen. Der Regisseur Meel Paliale schuf damit eine Hommage an die Liebe zum  Film selbst.

Tomasz Habowski („Songs about Love“)

Neben den Wettbewerben luden noch viele weitere Reihen, wie das diesjährige Motto-gebende Programm ‚What’s left‘, ‚Spotlight Romania‘, ‚EcoEast‘, ‚Heimat‘ und die neue Sektion des ‚MIOB‘ dazu ein vollständig entdeckt zu werden. Auch dem Fokus auf den polnischen Film blieb das Festival treu. In der sieben Filme umfassenden Reihe ‚Polskie Horyzonty‘ stachen die beiden Filme „Songs about Love“ – eine traurige Liebesgeschichte aus ungewöhnlicher Perspektive – und „All our Fears“ hervor. Im zweiten Film erzählen die Regisseure Łukasz Ronduda und Łukasz Gutt nach einer wahren Geschichte von einem konservativen Dorf und einem schwulen Künstler, der offen für seine Glauben und seine Sexualität eintritt. 

Fazit: An sechs prall gefüllten Tagen konnte man in der brandenburgischen Stadt ein gut kuratiertes, vielfältiges Programm entdecken, das für jeden Geschmack etwas parat hielt. Vom leichten Unterhaltungsfilm bis hin zum Thriller über Horrorfilme und Dramen war alles vertreten. Auch das Kurzfilmprogramm wurde ausgebaut, sodass wirklich jeder auf seine Kosten kam. Am Ende des Festivals besitzt das Publikum immer einen erweiterten Blick auf unsere Nachbarländern und das osteuropäische Filmschaffen. 

Trailer des 32. Filmfestivals Cottbus 2022

geschrieben von Doreen Kaltenecker

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Alle oben genannten Filme:

  • „All our Fears“ (OT: „Wszystkie nasze strachy“, Polen, 2021, Regie: Łukasz Ronduda und Łukasz Gutt)
  • „Bread and Salt“ (OT: „Chleb I Sól“, Polen, 2022, Regie: Damian Kocur)
  • „Kikka!“ (OT: „Kikka!“, Finnland, 2022, Regie: Anna Paavilainen)
  • „Larry“ (OT: „Larry“, Kroatien, 2022, Regie: Szilárd Bernath)
  • „Last Time“ (OT: „Paskutinis Kartas“, Litauen, 2021, Regie: Rinaldas Tomaševičius)
  • „Luxembourg, Luxembourg“ (OT: „Ljuksemburg, Ljuksemburg“, Ukraine, 2022, Regie: Antonio Lukich)
  • „Magdalena“ (OT: „Magdalena“, Polen, 2021, Regie: Filip Gieldon)
  • „Men of Deeds“ (OT: „Oameni de Treabă“, Rumänien, 2022, Regie: Paul Negoescu)
  • „Minsk“ (OT: „Minsk“, Estland, 2022, Regie: Boris Guts)
  • „Nightsiren“ (OT: „Světlonoc“, Tschechische Republik/Slowakei, 2022, Regie: Tereza Nvotová)
  • „Primal Therapy“ (OT: „Suoterapia“, Finnland, 2022, Regie: Santtu Salminen)
  • „Riders“ (OT: „Jezdeca“, Slowenien, 2022, Regie: Dominik Mencej)
  • „Rock. Paper. Grenade“ (OT: „Ja i Feliks“, Ukraine, 2022, Regie: Iryna Tsilyk)
  • „Safe Place“ (OT: „Sigurno Mjesto“, Kroatien/Slowenien, 2022, Regie: Juraj Lerotić)
  • „Snow and the Bear“ (OT: „Kar ve Ayı“, Deutschland/Türkei/Serbien, 2022, Regie: Selcen Ergun)
  • „Songs about Love“ (OT: „Piosenki o miłości“, Polen, 2021, Regie: Tomasz Habowski)
  • „The Art of Falling“ (OT: „Iskustvoto da Padash“, Bulgarien, 2022, Regie: Orlin Milchev)
  • „The Last Race“ (OT: „Poslední závod“, Tschechien, 2022, Regie: Tomáš Hodan)
  • „Toma“ (OT: „Toma“, Serbien, 2022, Regie: Dragan Bjelogrlić)
  • „Tree of Eternal Love“ (OT: „Kiik, kirves ja Igavese Armastuse Puu“, Estland, 2021, Regie: Meel Paliale)

Quellen:

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