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8.-31. Dezember 2020 / Online via Pantaflix / Festival of East European Cinema 2020
Im ‚Wettbewerb Spielfilm‘ traten in diesem Jahr zwölf Filme aus 22 Ländern gegeneinander an. Den mit 25.000 € dotierten Hauptpreis gewann der russisch-estnische Film „Conference“ des Regisseurs Ivan I. Tverdovskiy („Jumpman“ (2018)), der auf beinahe authentische Weise von einer Gedenkveranstaltung erzählt, die ihre eigene Dynamik entwickelt. Der Preis für die ‚Beste Regie‘ ging an Piotr Domalewski („60 Kilo Nichts“ (2017)) und seinen Film „I never Cry“, der auch den Preis der Ökumenischen Jury sowie den Publikumspreis gewinnen konnte. Der Spielfilm erzählt von der jungen Ola, die sich aufmacht, die Leiche ihres in Irland verstorbenen Vaters nach Polen zurückzuholen. Dabei schafft es Domalewski den richtigen Tonfall zu finden und besticht mit einer bewegenden Coming-of-Age-Geschichte. Den Preis für die herausragende darstellerische Einzelleistung gewannen die drei serbischen SchauspielerInnen Marijana Novakov, Tijana Marković und Valentino Zenuni im Film „Oasis“, in der sie ein schwieriges Dreiecksverhältnis dreier benachteiligter Menschen darstellen. Der Film von Ivan Ikić erhielt auch den FIPRESCI-Preis (Preis der internationalen Filmkritiker- und Filmjournalisten-Vereinigung Fédération Internationale de la Presse Cinématographique) und besticht mit seiner authentischen und fesselnden Inszenierung.
Auch dem Kurzfilm wurde in diesem Jahr wieder genug Raum gegeben. So eröffnete ein Kurzfilm – „Masel Tov Cocktail“ (2020) von Arkadij Khaet und Mickey Paatzsch – das Festival selbst. Auch viele Langfilme kamen im Paket mit Kurzfilmen u.a. die starken Beiträge „Don’t be a Pussy“ von Jakub Jirásek, der wunderbar zeigt, wie man Viralität falsch verstehen kann, und das einfühlsame Coming-of-Age-Drama „Aylin“ von Ozan Yoleri wurden als Vorfilme eingebaut. Im ‚Wettbewerb Kurzfilm‘ traten zehn Filme aus neun Ländern gegeneinander an. Der Gewinner war der slowakische „Greetings from Nigeria“ von Peter Hoferica, der humorvoll die Tücken der modernen Welt einfängt und mit seinem ganz besonderen Stil hervorstach. Den Spezialpreis für die ‚Beste Regie‘ gewann Slava Doytcheva für seinen Kurzfilm „Eggshells“, welcher sich auf sanfte Art mit einem schwierigen Thema beschäftigt. Zudem stachen die Kurzfilme „Seemed“ und „Sulphur“ hervor, die bewiesen, dass Genre-Elemente sich auch wunderbar dafür eignen, der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten. Besonders berührend war der Film „Bullmastiff“ von Anastasiia Bukovska, der eine Freundschaft zwischen einem traumatisierten Mann und einen störrischen Hund einfängt.
Auch in diesem Jahr präsentierte der ‚U18 Wettbewerb‘ wunderbare Kurz- und Langfilme, welche nicht nur ein jüngeres Publikum begeistern können, sondern mit einer Vielzahl unterschiedlichen Themen auffielen. In diesem Block liefen zwei Spielfilme, welche weibliche Figuren in das Zentrum ihrer Geschichte setzten: Der polnisch-schwedische Film „Sweat“ von Magnus von Horn setzt sich mit der Influencer-Generation auseinander und versucht dabei einen realen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Die deutsche Filmemacherin Teresa Hörl wurde mit ihrem Film „Nothing more perfect“ vom Filmfestival Max Ophüls Preis präsentiert und erzählt eine gut getimte, viel mit Handyaufnahmen arbeitende Coming-of-Age-Geschichte von einem jungen Mädchen, das im Chat mit anderen ihre Todessehnsucht auslebt. Der mit 5.000 € dotierte Preis für den besten Jugendfilm ging an den kasachischen Film „18 Kilohertz“, der mit absoluter Konsequenz und authentischer Qualität die Taten zweier Jungen beleuchtet, welche das Leben einfach frei und wild genießen wollten.
Die beiden beliebten Reihen ‚Spectrum‘, welche meist mit besonderen, genrelastigen Stoffen aufwartet, und ‚Hits‘, die Erfolgsschlager anderer Länder präsentiert, hatten auch in diesem Jahr einiges zu bieten. Unter ihnen war „The Flying Circus“, der als bester Debütfilm ausgezeichnet wurde, und sich selbst als ‚Monty Python auf Kosovo-Albanisch‘ bezeichnet. Für Fans des abgedrehten Films gab es den Animationsfilm „Old Man Cartoon Movie“, der viele WTF-Momente parat hielt. Die größte Eindringlichkeit besaß die Coming-of-Age-Geschichte „II“ von Vlada Senkova, welche mit ihrer realitätsnahen Erzählung zweier Freundinnen überraschte, welche die Liebe und den Sex für sich entdecken. Doch die größte Entdeckung aus diesen Reihen war der ukrainische Film „Hutsulka Ksenya“. Mit großer Spielfreude, perfekter Musical-Inszenierung und Musik, die so vielfältig und großartig ist, lässt die Regisseurin Alena Demianenko die ukranische Folklore aufleben.
Die Länder Polen, Russland und Tschechien erhielten auch in diesem Jahr wieder ihre Sonderreihen. Der handwerklich stimmig umgesetzte Spielfilm „Adventures of a Mathematician“ erhielt den ‚Cottbus ins Kino‘-Preis zur Förderung des Verleihs eines Festivalfilms und erzählt in schönen Bildern die Geschichte des polnischen Mathematikers Stanisław M. Ulam. Unter den tschechischen Beiträgen ragte der spannende „A Certain Kind of Silence“ von Michal Hogenauer heraus. Der Spielfilm beruht auf wahren Ereignissen, beschäftigt sich mit der ‚Zwölf Stämme‘-Sekte und erzeugte damit gelungene Unterhaltung mit einem wunderbar mulmigen Gefühl. In der Reihe ‚Russkiy Den‘ beschäftigten sich die Dokumentation „Homo Sperans“ und der Spielfilm „Next Station: Russia“ mit der Seele Russlands und boten einmal einen authentischen und einmal einen gefühlvollen Einblick in das Land.
Mit seinen 14 Programmen hatte das Cottbuser Filmfestival auch in diesem Jahr viel zu bieten. So gab es auch wieder das Kinderprogramm mit acht Spielfilmen sowie einen Heimatblock. Ein Schwerpunkt wurde in diesem Jahr auf den Zweiten Weltkrieg gelegt. Mit 14 Lang- und 5 Kurzfilmen aus zwölf Ländern wurde hier Geschichte aufgearbeitet und aus verschiedenen Blickwinkeln eingefangen. In dieser Kategorie wurde auch der DIALOG-Preis für die Verständigung zwischen den Kulturen an den Film „Shadow Country“ vergeben. Im Gesamten bot die Jubiläumsausgabe des Cottbuser Filmfestival für viele Geschmäcker passende Filme und konnte auch als Online-Ausgabe begeistern.
Fazit: Im Jahr 2020 stand das 30. Jubiläum des Filmfestival Cottbus, das sich auf das osteuropäische Kino spezialisiert hat, erstmals unter keinem guten Stern. Das Live-Festival musste trotz Verlegung abgesagt werden und wurde stattdessen virtuell auf drei Wochen verlängert ausgetragen. So hatte man deutschlandweit die Möglichkeit das vielfältige Programm mit 150 Beiträgen aus über 40 Ländern zu entdecken. Dabei wurden wieder viele Interessenfelder, Genre und Inhalte abgedeckt, so dass für jeden Geschmack und jedes Alter definitiv etwas dabei war. Auch wenn das Flair des Live-Festivals fehlte, fand die Leitung eine adäquate Lösung, die hoffentlich genauso ihr Publikum erreichte, aber definitiv viel Freude bereitete und den sonst selten im Kino zu sehenden Filmen eine Bühne bot.
Trailer des 30. FilmFestival Cottbus 2020
geschrieben von Doreen Matthei
Alle im Bericht erwähnte Filme:
- „18 Kilohertz“ (OT: „18 Kilohertz“, Kasachstan, 2020, Regie: Farkhat Sharipov)
- „A Certain Kind of Silence“ (OT: „Tiche Doteky“, Tschechische Republik/Niederlande/Lettland, 2019, Regie: Michal Hogenauer)
- „Adventures of a Mathematician“ (OT: „Adventures of a Mathematician“, Deutschland/Polen/Großbritannien, 2020, Regie: Thor Klein)
- „Aylin“ (OT: „Aylin“, Türkei, 2019, Regie: Ozan Yoleri)
- „Bullmastiff“ (OT: „Bullmastiff“, Ukraine, 2019, Regie: Anastasiia Bukovska)
- „Conference“ (OT: „Конференция“, Russland/Estland/Italien/Großbritannien, 2019, Regie: Ivan I. Tverdovskiy)
- „Don’t be a Pussy“ (OT: „Nebát se niceho“, Tschechische Republik, 2019, Regie: Jakub Jirásek)
- „Eggshells“ (OT: „Cherupki“, Bulgarien, 2019, Regie: Slava Doytcheva)
- „Greetings from Nigeria“ (OT: „Pozdrav z Nigérie“, Slowakei, 2019, Regie: Peter Hoferica)
- „Homo Sperans“ (OT: „Человек неунывающий“, Russland, 2020, Regie: Andrei Konchalovsky)
- „Hutsulka Ksenya“ (OT: „Hutsulka Ksenya“, Ukraine, 2019, Regie: Alena Demianenko)
- „II“ (OT: „II“, Weißrussland, 2019, Regie: Vlada Senkova)
- „Interstate 8“ (OT: „Interstate 8“, Deutschland/USA, 2019, Regie: Anne Thieme)
- „Masel Tov Cocktail“ (OT: „Masel Tov Cocktail“, Deutschland, 2019, Regie: Arkadij Khaet und Mickey Paatzsch)
- „Next Station: Russia“ (OT: „Иваны, помнящие родство“, Russland, 2020, Regie: Ivan Sosnin)
- „Nothing more perfect“ (OT: „Nothing more perfect“, Deutschland, 2019, Regie: Teresa Hoerl)
- „Oasis“ (OT: „Oasis“, Serbien/Slowenien/Niederlande/Frankreich/Bosnien und Herzegowina, 2019, Regie: Ivan Ikić)
- „Old Man Cartoon Movie“ (OT: „Vanamehe Film“, Estland, 2019, Regie: Mikk, Mägi, Oskar Lehemaa)
- „Seemed“ (OT: „Показалось“, Russland, 2020, Regie: Baibulat Batullin)
- „Shadow Country“ (OT: „Krajina ve Stínu“, Tschechische Republik/Slowakei, 2019, Regie: Bohdan Sláma)
- „Sulphur“ (OT: „Сера“, Russland, 2019, Regie: Lana Vlady)
- „Sweat“ (OT: „Sweat“, Polen/Schweden, 2019, Regie: Magnus von Horn)
- „The Flying Circus“ (OT: „Cirku Fluturues“, Kosovo/Albanien, 2019, Regie: Fatos Berisha)
Filme, die wir auf dem 30. FilmFestival Cottbus 2020 gesehen haben
- „100 EUR“ (OT: „100 EUR“, Österreich/Rumänien, 2018, Regie: Aleksey Lapin)
- „18 Kilohertz“ (OT: „18 Kilohertz“, Kasachstan, 2020, Regie: Farkhat Sharipov)
- „A Certain Kind of Silence“ (OT: „Tiche Doteky“, Tschechische Republik/Niederlande/Lettland, 2019, Regie: Michal Hogenauer)
- „A Letter to the Descendants“ (OT: „Письмо потомкам“, Russland, 2019, Regie: Igor Gladkov)
- „A Tale of two Sisters“ (OT: „Opowiesc o dwóch Siostrach“, Polen, 2019, Regie: Jakub Prysak)
- „Adventures of a Mathematician“ (OT: „Adventures of a Mathematician“, Deutschland/Polen/Großbritannien, 2020, Regie: Thor Klein)
- „Aylin“ (OT: „Aylin“, Türkei, 2020, Regie: Ozan Yoleri)
- „Badylok“ (OT: „Badylok“, Polen, 2018, Regie: Karolina Kłapkowska)
- „Bullmastiff“ (OT: „Bullmastiff“, Ukraine, 2019, Regie: Anastasiia Bukovska)
- „Celebration Day“ (OT: „Праздник“, Russland, 2020, Regie: Nathalia Konchalovsky)
- „Christmas Roast“ (OT: „Nor Tarva Goji“, Armenien, 2020, Regie: Alexander Baghdasaryan)
- „Cold Meridian“ (OT: „Cold Meridian“, Ungarn/Großbritannien, 2020, Regie: Peter Strickland)
- „Conference“ (OT: „Конференция“, Russland/Estland/Italien/Großbritannien, 2019, Regie: Ivan I. Tverdovskiy)
- „Discutabil“ (OT: „Discutabil“, Rumänien, 2020, Regie: Vlad Zamfirescu)
- „Don’t be a Pussy“ (OT: „Nebát se niceho“, Tschechische Republik, 2019, Regie: Jakub Jirásek)
- „Droneman“ (OT: „Modelár“, Tschechische Republik/Slowakei/Rumänien, 2020, Regie: Petr Zelenka)
- „Eggshells“ (OT: „Cherupki“, Bulgarien, 2019, Regie: Slava Doytcheva)
- „Elvis & Onerva“ (OT: „Elvis & Onerva“, Finnland, 2019, Regie: Mikael Syrjälä)
- „Fibonacci“ (OT: „Fibonacci“, Tschechische Republik, 2020, Regie: Tomáš Hubáček)
- „Forget the Palms…“ (OT: „Forget the Palms…“, Russland, 2020, Regie: Tim Berezin)
- „Goodbye, Johnny“ (OT: „Sbogom, Djoni“, Bulgarien, 2020, Regie: Konstantin Burov)
- „Greetings from Nigeria“ (OT: „Pozdrav z Nigérie“, Slowakei, 2019, Regie: Peter Hoferica)
- „Homo Sperans“ (OT: „Человек неунывающий“, Russland, 2020, Regie: Andrei Konchalovsky)
- „Hutsulka Ksenya“ (OT: „Hutsulka Ksenya“, Ukraine, 2019, Regie: Alena Demianenko)
- „I am the Sea“ (OT: „Ben Bir Denizim“, Türkei, 2020, Regie: Umut Evirgen)
- „I never cry“ (OT: „Jak Najdalej Stad“, Polen, 2020, Regie: Piotr Domalewski)
- „II“ (OT: „II“, Weißrussland, 2019, Regie: Vlada Senkova)
- „Lost Coast“ (OT: „Ztracený Břeh“, Tschechische Republik, 2020, Regie: Jíří Zykmund)
- „My own Sky“ (OT: „Покоряя мечты“, Russland, 2019, Regie: Pavel Palekhin)
- „Next Station: Russia“ (OT: „Иваны, помнящие родство“, Russland, 2020, Regie: Ivan Sosnin)
- „Nothing more perfect“ (Deutschland, 2019, Regie: Teresa Hoerl)
- „Oasis“ (OT: „Oasis“, Serbien/Slowenien/Niederlande/Frankreich/Bosnien und Herzegowina, 2019, Regie: Ivan Ikić)
- „Old Man Cartoon Movie“ (OT: „Vanamehe Film“, Estland, 2019, Regie: Mikk, Mägi, Oskar Lehemaa)
- „Relatives“ (OT: „Совьяки“, Russland, 2020, Regie: Dmitry Kargapolov)
- „Schönborn“ (Deutschland, 2020, Regie: Maxim Melnyk)
- „Seemed“ (OT: „Показалось“, Russland, 2020, Regie: Baibulat Batullin)
- „Shadow Country“ (OT: „Krajina ve Stínu“, Tschechische Republik/Slowakei, 2019, Regie: Bohdan Sláma)
- „Sherbet“ (OT: „Sherbet“, Serbien, 2019, Regie: Nikola Stojanovic)
- „Sulphur“ (OT: „Сера“, Russland, 2019, Regie: Lana Vlady)
- „Sweat“ (OT: „Sweat“, Polen/Schweden, 2019, Regie: Magnus von Horn)
- „The last day of this summer“ (OT: „Последний день этого лета“, Weißrussland, 2019, Regie: Yuliya Shatun & Nikita Alexandrov)
- „The News“ (OT: „The News“, Albanien, 2020, Regie: Lorin Terezi)
- „The Philosophy of Horror – Symphony of Film Theory“ (OT: „A Horror Filozófiája“, Ungarn, 2020, Regie: Péter Lichter & Bori Máté)
- „The School Bus“ (OT: „Servis“, Türkei, 2019, Regie: Ramazan Kilic)
- „Treasure City“ (OT: „Békeidö“, Ungarn, 2020, Regie: Szabolcs Hajdu)
- „Vouta“ (OT: „Βούτα“, Griechenland, 2020, Regie: Dimitris Zahos)
- „Winterlieb – Libawka“ (Deutschland, 2020, Regie: Maja Nagel & Julius Günzel)
- „Wir sind schon echte Polen – die Lipka-Tataren in Ostpolen“ (Deutschland, 2020, Regie: Britta Wulf)
Interviews mit Filmemachern vom 30. FilmFestival Cottbus 2020
Quellen:
- 30. FilmFestival Cottbus 2020 – Katalog
- Website des FilmFestival Cottbus
- Themenseite zum Filmfestival Cottbus auf der Plattform der Zeitung Lausitzer Rundschau
- Der Landesdienst Berlin/Brandenburg, ‚Film – Cottbus – Filmfestival Cottbus mit digitaler Eröffnungsshow begonnen – Kultur – SZ.de‘, sueddeutsche.de, 2020