Studium der Kunstgeschichte - Schwerpunkt: Filmgeschichte
(Abschluss 2010 mit der Arbeit "Rembrandt im Spielfilm")
Nebenfächer: Philosophie und Alte Geschichte
- seit 2012: Filmkritikerin bei movieworlds (Kino, DVD, BD, Festivalberichte)
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Kurzfilm / Frankreich / Fiktion / 2023
Filmkritik: Der französische Kurzfilm „Oyu“ von Atsushi Hirai, der im ‚Internationalen Wettbewerb‘ des 36. Filmfest Dresden 2024 zu sehen war, erzählt in einem realistischen Stil von den traditionellen Bädern in Japan.
Satoshi (Okihido Yoshizawa) kehrt in seinen Heimatort zurück. Als er für seine Mutter etwas im hiesigen Badehaus abholen muss, beschließt er spontan, sich dort zu waschen. Mit der angemessenen Ruhe und Sorgfalt widmet er sich dem Prozess und muss sich am Ende dann doch von dort aber auch innerlich verabschieden.
Der in Frankreich lebende Regisseur und Drehbuchautor Atsushi Hirai erzählt in seinem 22-minütigen Kurzfilm von der Badehauskultur seines Heimatlandes Japan. Zusammen mit Martin Bertier schrieb er das Drehbuch zu einer Geschichte über einen familiären Abschied. Doch dafür lässt der Regisseur sich Zeit und fängt zuerst einmal das Badehaus und die Wasch-Vorgänge ein, die immer gleich ablaufen.
Okihido Yoshizawa
Als Location wählt er ein Badehaus, welches er früher selbst regelmäßig besucht hat. Alle Menschen, die man im Hintergrund sieht, und auch die Angestellten sind keine Schauspieler:innen. So fängt er mit einem sehr dokumentarischen Blick die Situation, die Vorgänge und auch die Entschleunigung an solch einem Ort ein. Nur der Hauptdarsteller ist ein professioneller Schauspieler, der aber ganz natürlich agiert, sich dadurch wunderbar einfügt und dem man gern, auch wenn nicht viel passiert, dabei beobachtet. Das Ende offenbart den Schlüssel für die Melancholie, die man vorher in all den Handgriffen bereits gespürt hat. So entstand ein schöner, authentischer Film, der vor allem Menschen anspricht, die sich für die japanische Kultur interessieren oder Filme wie „Perfect Days“ (2023) von Wim Wenders zu schätzen wissen.
Fazit: „Oyu“ von Atsushi Hirai ist einfühlsamer und realitätsnaher Film, der von der verschwindenden Bäderkultur erzählt, in dem er die Vorgänge beobachtet und so einen lebendigen Eindruck davon vermittelt. Hinzu kommt eine emotionale Pointe, welche den Film wunderbar abrundet.
Bewertung: 8/10
Den Kurzfilm „Oyu“ hier anschauen:
geschrieben von Doreen Kaltenecker
Quellen:
- 36. Filmfest Dresden 2024 – Katalog (Programm ‚Internationaler Wettbewerb‘)
- Doreen Kaltenecker, ‚Sechs Fragen an Atsushi Hirai‘, testkammer.com, 2024
- Eintrag des Kurzfilms „Oyu“ bei Quinzaine des cinéastes