“The Girl with All the Gifts” (2016)

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Filmkritik: Bereits am Anfang des 20. Jahrhunderts kam der Zombiefilm als Subgenre des Horrorfilms auf. Es fing an mit Voodoo-Filmen, in welchen die Untoten belebt wurden und ging mit vielen oft seuchenartigen Infektionen weiter. Der Zombiefilm hat spätestens seit den 70er Jahren Hochkonjunktur und kann seitdem mit vielen Spielarten aufwarten. Neben den klassischen Infektionsfilmen wurden in den letzten Jahren vor allem die Zombiekomödien en vogue (siehe beispielsweise “Z-Office”). Unabhängig von der Ausrichtung ist stets eine moralische Komponente oder ein gesellschaftskritischer Ansatz vorhanden. Der Spielfilm “The Girl with All the Gifts” (OT: “The Girl with All the Gifts”, UK/USA, 2016), der auf dem Filmfestival in Locarno seine Weltpremiere feierte, setzt auf Realitätsnähe und rückt schwierige moralische Fragen ins Zentrum seiner Geschichte.

In einer postapokalyptischen Welt sind die meisten Menschen durch einen Pilz zu hungrigen Untoten geworden. Nur eine kleine Gruppe von Kindern scheint diesem Pilz trotzen zu können und sind zu Hybridwesen mutiert. Auf einer Militärbasis werden diese von der Wissenschaftlerin Dr. Caroline Caldwell (Glenn Close) erforscht , aber auch zeitgleich unterrichtet von der freundlichen Helen Justineau (Gemma Arteton). Eines der Kinder, Melanie (Sennia Nanua), sticht aus der Masse hervor. Als die Basis von Zombies überrannt wird, flüchtet eine kleine Gruppe angeführt von dem Sergeant Eddie Parks (Paddy Considine) zusammen mit Melanie nach London und versucht eine sicheren Unterschlupf zu finden.

Der britische-amerikanische Zombiefilm “The Girl with All the Gifts” ist in keiner Weise typisch. Entstanden ist der er nach dem Roman “Die Berufene” (OT: “The Girl with all the Gifts”, 2014) des britischen Autors Mike Carey (*1959). Der fleißige Comicautor, der für DC und Marvel arbeitet, schrieb auch einige Romane. Darunter auch die Geschichte von Melanie, die er selbst in ein Drehbuch umwandelte und somit einen weiteren Schreib-Sektor für sich entdeckte. Die Geschichte, so typisch sie sein könnte, nimmt gewohnte Elemente aus Zombiestorys und Dystopien und vermischt sie geschickt mit gesellschaftskritischen und moralischen Fragen. Von jeher war der Zombiefilm dafür geeignet Kritik an der Gesellschaft zu üben und traditionelle Bilder zu hinterfragen. Klagten Romeros Zombiefilme der 70er Jahre noch vor allem den Kapitalismus und den ständigen Konsum an, kritisieren die neuen Filme vor allem den Umgang mit der Natur. So geht es auch in “The Girl with All the Gifts” um eine natürliche Katastrophe, welche die Menschen mit ihren üblichen Mitteln versuchen zu besiegen: Experimente, Verschanzung und Gewalt. Der Überlebenswille steht hier der Moral gegenüber und lässt die Zuschauer über richtig und falsch nachdenken. Diesen Aspekten lässt der Film viel Raum, so dass in dieser angespannten Geschichte immer wieder Momente der Ruhe eintreten. Umrahmt wird das Ganze von den obligatorischen Zombieszenen wie Überfällen, Überraschungen, Angriffe und einer ständigen Flucht vor den Feinden. Wunderbar ist der Film, da er es schafft beide Aspekte zu verflechten und mit Spannung zu unterhalten und gleichzeitig zum Nachdenken anzuregen. Der Genuss des Films ist auch durch die großartigen Locations und den sehr guten Darstellern zu verdanken. Die meisten Szenen wurden in On-Locations in Großbritannien gedreht. Auf einer verlassenen Flugbasis bei Upper Heyford, in einem ehemaligen Krankenhaus in Dudley und im Business District in Birmingham wurde das post-apokalyptische London geschaffen. Bereichert mit Aufnahmen aus der Luft von Prypjat (Die Stadt, welche direkt neben dem Reaktor von Tschernobyl liegt und seitdem eine Geisterstadt ist). Die Darstellerriege, u.a. Gemma Arteton, Paddy Considine und Glenn Close, fügt sich wunderbar in dem Szenario ein. Jede Figur steht für einen moralischen Standpunkt oder eine bestimmte Weltsicht. So entsteht ein differenziertes Bild und lässt kein einfaches Schwarz-Weiß-Schema zu. Die Hauptfigur Melanie, wunderbar verkörpert von Sennia Nanua, ist ebenfalls mehr als ein denkender Zombie. Sie richtet ihren kindlichen Blick auf die dystopische Welt und stellt die richtigen Fragen, welche zu einem Ende führen, welches niemand so erwartet hätte. Im Gesamten ist “The Girl with All the Gifts” sehr empfehlenswert, da es auf der einen Seite mehr als ein Horror-Zombie-Film ist und auf der anderen Seite trotzdem alle wesentliche Elemente dieses Genres beinhaltet.

Fazit: Das Zombie-Drama “The Girl with All the Gifts” überzeugt jeden Fan mit klassischen Elementen des Genres. Der Film kann die Spannung halten, liefert gute Effekte und wunderbare post-apokalyptische Kulissen. Zudem setzt der Film sich unaufdringlich mit wichtigen moralischen Fragen auseinander und bietet so eine weitere Ebene, die das Filmerlebnis abrundet und eine überzeugende Geschichte liefert.

Bewertung: 8/10

geschrieben von Doreen Matthei

Quelle: Wikipedia “The Girl with All the gifts”

3 Gedanken zu ““The Girl with All the Gifts” (2016)

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