Fünf Fragen an Pola Beck

Doreen Kaltenecker
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Interview: Nachdem Pola Becks Film „KLEPTOMAMI“ das 19. Landshuter Filmfestival mit eröffnet hat, hatte die Testkammer die Möglichkeit ihr ein paar Fragen zum Film, zu autobiographischen Einflüssen und ihren kommenden Projekten stellen.

Kannst Du uns etwas zur Entstehung der Geschichte erzählen? Sie wirkt so als würde sie auf eigenen Erfahrungen beruhen.

Ein paar Monate nach der Geburt meines Sohnes stellte ich entsetzt fest, dass ich gar nicht so cool und lässig war, wie ich immer dachte, als junge Mutter zu sein. Nach außen hin war ich für meine Freunde und Familie zwar eine ‘Vorzeige-Mami’, aber innerlich hatte ich das Gefühl zu explodieren und war plötzlich voller Ängste. Aus: „Ich will Filme machen, ich will arbeiten, bis ich tot umfalle“ wurde: „Kind und Karriere? Ich möchte nur noch schlafen.“

Als ich mich (erschrocken über mich selbst!) beim Klauen in der Drogerie wiederfand, musste ich mir selbst den Spiegel vorhalten: „Sei ehrlich, hör auf den anderen vorzuspielen, dass alles super funktioniert.“ Das Klauen war ein Ersatzabenteuer zu meinem neuen Leben auf dem Stillkissen geworden.

Anstatt weiter in den schlaflosen Nächten in mein Kissen zu weinen, beschloss ich aus der Not eine Tugend zu machen und meine Misere filmisch festzuhalten. Und mich auf humorvolle Art und Weise mit der widersprüchlichen Wahrnehmung des heutigen Mutterseins zu beschäftigen.

Ich glaube, dass es vielen jungen Müttern (und auch Vätern) ansatzweise so geht wie Lucy, dass sie zerrissen sind zwischen eigenem Anspruch und der Wirklichkeit, in der sie sich nach der Geburt ihres Kindes wiederfinden. Mama und sexy. Karriere und Kind. Fürsorglich aber angstfrei. Wir müssen Dinge verschleiern, um zu funktionieren. Wichtig ist mir jedoch, dass wir darüber auch lachen können.

Besonders ist die Inszenierung mit ihren in schnellen Schnitten zusammengestellten Bildern aus diversen Quellen. Wie bist Du zu den eingesetzten Bildern gekommen?

Ich wollte eine eigene, besondere Welt für diesen Film schaffen und dafür verschiedene stilistische Ebenen miteinander verschmelzen. Als erstes habe ich wochenlang Archivmaterial recherchiert, was mich auf neue Bildideen gebracht hat, die wir auch ins Drehbuch eingebaut haben. Unser VFX-Künstler hat dann unser gedrehtes Filmmaterial, was teilweise vor Greenscreen gedreht wurde, in das Archivmaterial eingebunden. Ich wollte, dass das Publikum sich fragen muss, was real ist oder was speziell für den Film gemacht wurde. Eine Inspiration für die Verschmelzung von Archiv und echtem Filmmaterial war das geniale Musikvideo „Up & Upfür die Band Coldplay von Vania Heymann und Gal Muggia.

Du gehst mit deinen Bildern teilweise an den Grenzen des guten Geschmacks. Wolltest Du provozieren oder nur drastische Bilder finden?

Vor allem hatte ich mir vorgenommen, die Zuschauer nicht zu langweilen! Und einen Film zu machen, der sich wirklich in die Übertreibung traut und zu überspitzen, auch aus dem Grund, weil ich das Gefühl habe, dass das Bild von Mutterschaft und Geburt in unserer Gesellschaft immer nach rosa-hellblaufarbener ‘Pampers’-Werbung aussieht. Das entspricht nicht der Realität. Und wenn man so etwas machen kann, dann doch vor allem bei einem 10-minütigen Kurzfilm. Ich war völlig frei und das hab ich ausgenutzt.  

Du konntest Rosalie Thomass, bekannt durch Filme wie „Eine ganz heiße Nummer“ (2011) und „Taxi“ (2015), als Hauptrolle gewinnen. Wie kam es dazu?

Ich habe an der Filmhochschule in Babelsberg mit ihrem Mann dem Regisseur Aron Lehmann studiert, dadurch hab ich Rosalie vor vielen Jahren kennen und lieben gelernt und wir haben uns angefreundet. Als ich sie gefragt habe, ob sie die Rolle spielen will, hat sie sofort ja gesagt, auch weil ihr Sohn zu der Drehzeit zehn Monate alt war, sie also sehr viel mit der Thematik anfangen konnte.

Wie geht es bei Dir weiter? Kann man in nächster Zeit auch Langfilme von Dir im Kino sehen?

Aktuell läuft die Serie „DRUCK“ online , bei der ich Regie geführt habe.  Die Serie erzählt auf Augenhöhe von den alltäglichen und existenziellen Problemen einer Mädelsclique an einem Gymnasium in Berlin und die Protagonisten leben und agieren auch auf Instagram. Das norwegische Original „SKAM“ was wir adaptiert haben, hat zum Ende 80 Prozent (!) der Bevölkerung erreicht. Zu sehen unter: www.druck-serie.de.  Und ansonsten hoffe ich nächstes Jahr meinen nächsten Kinofilm zu drehen. Es sieht gut aus.

Die Fragen stellte Doreen Matthei

Lies auch die Rezension des Kurzfilms „KLEPTOMAMI

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