Studium der Kunstgeschichte - Schwerpunkt: Filmgeschichte (Abschluss 2010 mit der Arbeit "Rembrandt im Spielfilm") Nebenfächer: Philosophie und Alte Geschichte
- seit 2012: Filmkritikerin bei movieworlds (Kino, DVD, BD, Festivalberichte)
- seit 2015: Blog 'Testkammer' online
Letzte Artikel von Doreen Kaltenecker (Alle anzeigen)
Filmkritik: Sogenannte Home-Invasion-Filme erfreuten sich schon immer großer Beliebtheit. Prominente Beispiele sind “Funny Games” (2007) von Michael Haneke und “The Purge” (2013) mit Ethan Hawke in der Hauptrolle. Im Jahr 2008 machte der kleine Indie-Horrorfilm “The Strangers”, der sich diesem Prinzip annimmt, auf sich aufmerksam und spielte das Zehnfache seines Budgets ein. Zehn Jahre später folgt nun der zweite Teil: “The Strangers: Opfernacht” (OT: “The Strangers: Prey at Night”, USA, 2018). Dieser schafft es trotz ähnlicher Rezeptur nicht an den Erfolg des ersten Teils anzuknüpfen.
Bevor der jüngste Spross Kinsey (Bailee Madison) ins Internat muss, will die Familie noch ein wenig Zeit in einer mietbaren Trailerpark-Siedlung außerhalb der Saison bei Verwandten verbringen. Doch der vermeintliche Urlaub wird für die Eltern Mike (Martin Henderson) und Cindy (Christina Hendricks) und die beiden Kindern Kinsey und Luke (Lewis Pullman) schnell zu einem Alptraum. Die drei maskierten Serienmörder The Mask (Damian Maffei), Dollface (Emma Bellomy) und Pinup (Lea Enslin) treiben ihr Unwesen und machen unerbittlich Jagd auf die Familie.
Nachdem die Idee verworfen wurde, einen direkten Nachfolger zu machen mit der Überlebenden aus dem ersten Teil, entstand zehn Jahre später eine Quasi-Fortsetzung mit neuen Opfern. Dafür schrieb der Regisseur des ersten Teils, Bryan Bertino (*1977), auch wieder das Drehbuch, überließ aber die Regie dem amerikanischen Regisseur Johannes Roberts (*1976), der bisher vor allem mit seinem Hai-Horror “47 Meters Down” (2017), der auch bald einen Nachfolger erhält, auffiel. Die Geschichte orientiert sich dabei sehr deutlich an klassischen Vorbildern und braucht nicht viel für einen roten Faden: Bedrohung, Verfolgung und Mord. Dieses Konzept funktioniert in vielen Filmen, nur hier eben nicht. Das liegt vor allem an der Ausarbeitung der Charaktere. Ärgerlich ist es auf der einen Seite, dass die Serienmörder ohne Motiv bleiben, und so jede Möglichkeit für Tiefe verbaut wird. Zudem steht ihrer scheinbaren Übermacht das irrationale Verhalten der Familie gegenüber. Jede Entscheidung, jede Schritt und jedes Verhalten hätte anders aussehen müssen. Durch dieses – man muss fast sagen dummes – Verhalten verspielt der Film jegliche Sympathien für die Opfer und deren Schicksal könnte besser schneller besiegelt werden. Da hilft es auch nicht, dass die 80er-Jahre-Popballaden eine gute Stimmung und ein schönes Retrogefühl erzeugen oder dass die Mutter Cindy mit Christina Hendricks (bekannt aus der Serie “Mad Men” (2007-2015), “Ginger & Rosa” (2012) und “The Neon Demon” (2016)) prominent besetzt ist. Durch die mangelnde Ausarbeitung der Charaktere und die vielen Situationen, in denen man sich einfach nur an die Stirn schlagen will, wird “The Strangers: Opfernacht” zur langweiligen Genrekost, welche nur für unerschrockene, Retrotrash-liebende Fans eine Bereicherung ist.
Fazit: Der Horrorfilm “The Strangers: Opfernacht”, der Nachfolger eines Independent-Horrorfilms von 2008, besitzt eine klassische Geschichte, schmetternde 80er-Jahre-Popsongs und viel innewohnende Hommage. Doch darüber hinaus ist der Film nicht spannend, da die Täter eindimensional bleiben und die Opfer sich jedes Mal falsch verhalten. So fiebert man nicht mit, sondern wünscht einen schnellen Tod. Das macht den Film zu einem Kinoerlebnis mit viel Frustpotential und wenig Spannung.
Bewertung: 4,5/10
Kinostart: 21. Juni 2018, DVD-Start: 26. Oktober 2018