„Die Tage wie das Jahr (2018)

Doreen Kaltenecker
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© Othmar Schmiderer

Filmkritik: Auf dem 61. DOK Leipzig stach Othmar Schmiderers Biobauernhof-Portrait „Die Tage wie das Jahr“ aus den vielen Beiträgen hervor, denn er wählte einen unaufdringlichen, rein aufs Sehen beschränkten Dokumentarfilm-Stil. Dadurch taucht man mehr in den Alltag und in die Materie ein und wird ganz unauffällig zum Nachdenken angeregt.

© Othmar Schmiderer

Ein Jahr auf einem Biobauernhof in Niederösterreich. Das Ehepaar Gottfried und Elfie Neuwirth unterhält allein einen Bauernhof, der sich auf die Produktion von Ziegenmilch und -käse spezialisiert. Jeden Tag im Jahr sind die beiden damit beschäftigt die Tiere zu versorgen, die Produkte herzustellen oder ihre Waren zu verkaufen. Der Film zeigt das Leben der beiden und wie dieses vom Rhythmus des Bauernhofs getaktet wird.

© Othmar Schmiderer

Nach einer längeren Phase der Annäherung bekam Othmar Schmiderer (*1954) die Erlaubnis, das Leben des Ehepaars Neuwirth ein Jahr lang immer wieder zu begleiten. Für seine Dokumentation wählt er reinen visuellen Ansatz. Dadurch gibt es keinen erklärenden Off-Kommentar oder geführte Interviews. Der Film beginnt im Frühjahr und mit der Geburt einer Ziege. Über die Dauer des Films bekommt man durch Wiederholungen den Alltag und den Ablauf auf dem Biobauernhof mit. Man sieht welche Schritte und Arbeiten alle notwendig sind und wie mit jedem Monat neue Aufgabenfelder anstehen. So sieht man das Ehepaar beim regelmäßigen melken, bei der Futterzubereitung, beim Verkauf auf dem Markt, bei der jährlichen Inspektion und dem Herstellen ihrer Produkte. Dabei dramatisiert oder beschönigt der Film nichts, so wird ganz unaufgesetzt klar, welcher Vollzeitjob das ist, was wirklich hinter Bio steckt und dass natürlich auch das eine oder andere Tier geschlachtet wird. So erzählt die 86-minütige Dokumentation von einem alternativen Weg, wie man mit der Natur und den Ressourcen umgehen kann. Der Film vermittelt fast unauffällig ein besseres Verständnis für den Umgang von Menschen mit Tieren und zeigt, dass alles außerhalb dieses Spektrums nicht akzeptabel ist. So wird die Botschaft eines Umdenkens und die Aufforderung zu Handeln in die Geschichte mit eingewoben. Das funktioniert auf unprätentiöse Weise und mit starken Bildern viel besser, als jeder Aufklärungsfilm über Massentierhaltung.

© Othmar Schmiderer

Das verdankt der Film auch seinen Filmaufnahmen. Der Regisseur und Kameramann Othmar Schmiderer kommt den Neuwirths so nah wie angemessen, bleibt gleichzeitig auf Distanz und erzeugt trotzdem Nähe. Wunderbar ist es, wie das Ehepaar ihn an ihrem Leben teilhaben lässt, dadurch kann er auch den einen oder anderen privaten Moment einfangen. Die Bilder schaffen einen enormen Respekt vor der Arbeit der beiden. Hinzu kommt ein freundlicher Blick auf die Tiere. Sie sind hier keine reinen Objekte, sondern Lebewesen, mit denen man zusammenlebt. Alle Bilder strahlen zudem eine enorme Ruhe aus und passen sich so dem langsamen Erzähltempo an. Schmiderer gibt seinen Protagonisten Zeit zu atmen und auch durch Wiederholungen den Alltag zu untermauern. So findet er die richtigen Bildern für seinen visuellen Stil, welche eine enorme Aussagekraft besitzen.

© Othmar Schmiderer

Fazit: Die Dokumentation „Die Tage wie das Jahr“ erzählt von dem Leben auf einem Biobauernhof in Österreich, der von einem Ehepaar geführt wird. Ohne Erklärungen oder Interviews fängt Othmar Schmiderer das Leben und vor allem die Arbeit mit all ihren Facetten ein. Dafür wählt er einen rein visuellen Ansatz, einen langsamen Erzählrhythmus und ruhige Bilder und schafft es damit, unauffällig seine Botschaft zu vermitteln und zum Nachdenken anzuregen.

Bewertung: 8/10

Trailer zum Film „Die Tage wie das Jahr“:

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

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