„Der Unsichtbare“ (2020)

Doreen Kaltenecker
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Filmkritik: Der Regisseur Leigh Whannell wartet mit einem Remake des Horrorklassikers „Der Unsichtbare“ (1933) von James Whale auf und zeigt, dass man auch ältere Stoffe noch einmal gekonnt für die Leinwand adaptieren kann: „Der Unsichtbare“ (OT: „The Invisible Man“, USA, 2020). 

Cecilia Kass (Elisabeth Moss) verlässt eines Nachts ihren dominanten Ehemann Adrian (Oliver Jackson-Cohen). Sie sucht Unterschlupf bei dem Polizisten James (Aldis Hodge) und seiner Tochter Sidney (Storm Reid). Als sie erfährt, dass ihr Gatte gestorben ist, atmet sie erstmals wieder auf. Doch schnell stellt sich ein Gefühl ein, dass sie beobachtet wird und ist überzeugt davon, dass er es ist, der einen Weg gefunden hat, unsichtbar zu werden.

Elisabeth Moss

Ursprünglich sollte „Der Unsichtbare“ als ein Film der ‚Dark Universe‘-Reihe wieder aufgelegt werden. Für diese sollten klassische Film-Horror-Monster eine neue Leinwandpräsenz bekommen. Der erste und bisher einzige Film dieser Reihe war „Die Mumie“ (2017) mit Tom Cruise, da dieser aber an den Kassen floppte, wurde das Projekt auf Eis gelegt. So entwickelt sich der Film über den unsichtbaren Mann zu einem unabhängigen Projekt. David S. Goyer, der Filme wie „Blade: Trinity“ (2004) und Unsichtbar – Zwischen zwei Welten“ (2007) realisiert hat, fing bereits 2007 mit einem Drehbuch an, verließ das Projekt aber 2011. Übernommen wurde es dann von dem australischen Regisseur Leigh Whanell (*1977), der u.a. für das Drehbuch von „Saw“ (2004) und „Insidious 4 – The Last Key“ (2017) sowie als Regisseur für „Insidious: Chapter 3 – Jede Geschichte hat einen Anfang“ (2015) verantwortlich war. Basierend auf dem 1897 entstandenen Roman „Der Unsichtbare“ (OT: „The Invisible Man“) von H.G. Wells (1866-1946) und natürlich mit Bezugnahme auf den Horrorklassiker von James Whale („Der Unsichtbare“ (OT: „The Invisible Man“, 1933)) holte Whannell, der auch das Drehbuch schrieb, die Geschichte in eine moderne Jetztzeit. Dabei liegt der wahre Schrecken hier nicht in der Wissenschaft und der Technik, welche diese ermöglicht, sondern im sadistischen Verstand des Ehemanns, der auf perfide Weise alles tun würde, um seine Frau zu quälen. Der Film besitzt eine starke psychologische Tiefe, so dass hier das Grauen auf wunderbar subtile Weise übertragen, so schafft der Film auch fast ohne Jumpscares auszukommen, um seinen Horror zu verbreiten. Durch den realen Background, das sich realistisch anfühlende Bedrohungsszenario bekommt der Film sehr viel Kraft, welche man in dieser Form bei einem Klassiker-Remake gar nicht erwartet hätte.

Elisabeth Moss und Oliver Jackson Cohen

Optisch ist die Geschichte dabei ganz im Hier und Jetzt verankert. Auffallend ist nur die Modernität des Hauses der beiden Ehepartner, aus dem sie flieht. Seine Architektur und Einrichtung sagen viel über die Persönlichkeit des Besitzers aus. Hier findet man auch die einzigen Science-Fiction-Techniken, u.a. den Anzug, der ihm das Unsichtbarsein ermöglicht. Im Gegensatz dazu steht das Fluchtdomizil, das wie ein typisches Vorstadthaus Gemütlichkeit verströmt. Ab dem Zeitpunkt, als er dort eindringt, wird der Schrecken mit subtilen Elementen verbreitet. Es passiert dabei wunderbarerweise selten das, was man als erprobter Horrorfilm-Zuschauer erwartet. Sondern der Film schafft es immer wieder zu überraschen und mit seinen kleinen Effekten zu gruseln. In seinem Kern ist der Film auch eher ein Thriller, denn er schafft ein Bedrohungsszenario, was stark in der Realität verhaftet ist. Das der Film so gut funktioniert, verdankt er natürlich auch der Besetzung. Allen voran Elisabeth Moss („The Square“ (2017)), welche schon in „The Handmaid’s Tale“ (2017-2020) viel Leid erfahren muss und die es schafft, ihrer Figur die richtige Mischung aus Stärke und Verängstigung zu geben. Mit ihr leidet man von der ersten Minute an mit und dadurch entsteht eine enorme Spannung. So ist im Gesamten die Neuauflage mehr als gelungen und hat seine Daseinsberechtigung neben dem Klassiker mehr als verdient. 

Elisabeth Moss

Fazit: Der amerikanische Spielfilm „Der Unsichtbare“ ist die neueste Literaturverfilmung des klassischen Stoffes von H.G. Wells. Die Figur des Unsichtbaren gehört zum klassischen Monsterkanon und wurde hier in die Gegenwart geholt. Dabei überwiegt nicht der Horror, sondern der Regisseur Leigh Whannell schuf einen spannungsgeladen, souverän in die heutige Zeit geholten Thriller mit der großartigen Darstellerin Elisabeth Moss in der Hauptrolle, mit der man bis zur letzten Minute den Atem anhält.

Bewertung: 8/10

Kinostart: 27.02.2020 / DVD-Start: 30.12.2020

Trailer zum Film „Der Unsichtbare“:

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

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