„Mank“ (2020)

Doreen Kaltenecker
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Filmkritik: Nach einem Drehbuch seines Vaters schuf David Fincher seinen neuesten Film „Mank“ (OT: „Mank“, USA, 2020), der von Netflix produziert wurde und in einem schwarz-weißen Retro-Gewand die Entstehung des Drehbuchs zu einem der größten Filme der Filmgeschichte – „Citizen Kane“ von 1941 – erzählt. 

Der Regisseur Orson Welles (Tom Burke) beauftragt den gewieften Drehbuchschreiber Herman J. Mankiewicz (Gary Oldman) das Drehbuch zu seinem neuesten Film zu schreiben. Zusammen mit einer Sekretärin Rita Alexander (Lily Collins) zieht er sich in ein abgelegenes Haus in Victorville in der Mojave-Wüste zurück, um sich dort von einem Unfall zu erholen und unter stetem Zeitdruck die Arbeiten an dem Drehbuch zu beginnen. Für seine Geschichte greift er auf Ereignisse der letzten Jahre zurück, in denen der Zeitungstycoon  William Randolph Hearst (Charles Dance), der mit der jungen Schauspielerin Marion Davies (Amanda Seyfried) liiert ist, immer mehr Einfluss auf Hollywood und die Politik, vor allem beim kalifornischen Wahlkampf 1934, ausübte.

Gary Oldman

Der amerikanische Drehbuchautor Herman J. Mankiewicz (1897-1953) zählte in den 20er und 30er Jahren zu den einflussreichsten Größen Hollywoods. Er schrieb viele Drehbücher, überarbeitete die Werke anderer Kollegen und war an vielen bekannten Produktionen beteiligt. Für den mittlerweile zum Klassiker avancierten Film „Citizen Kane“ gewann er gemeinsam mit Orson Welles den Oscar für das ‚Beste Originaldrehbuch‘, nachdem nach einem Streit auch sein Name als Autor genannt wurde, da Orson Welles, der Regisseur, dies eigentlich für sich komplett beanspruchen wollte. In „Mank“ wird nun die Geschichte der Entstehung des Drehbuchs erzählt, für die sich der Autor auf eine Ranch am Mojave River im kalifornischen Victorville zurückzog und dort in zwölf Wochen die ersten beiden Drehbuchentwürfe verfasste. 

Gisele Schmidt/NETFLIX

Sean Persaud und Gary Oldman

Das Drehbuch zu dieser Geschichte hat Jack Fincher, der Vater des berühmten Regisseurs, geschrieben, der hier dann schlussendlich die Regie übernahm. Fincher, der ansonsten Filme für große Leinwände erzählt, fand mit diesem Skript den perfekten Stoff, der auch im Streaming gut funktioniert. Denn hier geht es um das Zurückgezogene und den kreativen Prozess. Die Geschichte springt dabei zwischen zwei verschiedenen Zeitebenen hin und her. Zum einem sehen die ZuschauerInnen den kammerspielartigen Entstehungsprozess, bei dem der Autor von wenigen Personen umgeben ist. Zum anderen schwelgt Mank in Erinnerungen an die Zeit, wo er Gast auf vielen wichtigen Partys war, und den Zeitungsmogul William Randolph Hearst und dessen Liebchen Marion Davies kennenlernte, welche man in Rückblenden zusehen bekommt. Dadurch wird auch deutlich, woher seine Inspiration für das Buch stammt. Zudem besitzt der Film auch noch eine politische Ebene, in der erzählt wird, wie die Filmbranche für politische Zwecke instrumentalisiert wurde. Diese unterschiedlichen Stränge werden von der nie um Worte verlegenen Figur des Mank zusammengehalten, doch trotzdem verliert der eine oder andere Erzählstrang über die Zeit seine Spannung. Zu viele Namen, wenn man sich in dieser Zeit nicht auskennt, werden aufs Tableau geworfen und die Reibungsflächen kommen nicht stark genug heraus, so dass das Drehbuch einige Schwächen aufweist, welches die Inszenierung nur zum Teil abfedern kann.

NETFLIX

Für seine Inszenierung entschied sich David Fincher, den man von Filmen wie „Fight Club“ (1999), „The Social Network“ (2010) und der Serie „Mindhunter“ (2017) kennt, den Stil der damaligen Filme zu übernehmen. Wie auch bei „Citizen Kane“ wird die Geschichte zum Teil in Rückblenden erzählt, auch die Ausgangsprämisse eines mittlerweile gealterten Mannes, der zurückblickt, stimmt überein. Die Wahl für schwarz-weiße Aufnahmen fällt genauso auf, wie das souveräne Bedienen des Zeitkolorits der vergangenen Zeit. Minutiös lässt Fincher das alte Hollywood mit seinen Locations, Kostümen und SchauspielerInnen auferstehen. Dank der Wahl der DarstellerInnen verdient der Film ebenfalls viel Aufmerksamkeit. Allen voran Gary Oldman, der hier nach „Die dunkelste Stunde“ (2017) wieder voll und ganz in einer Rolle abtauchen kann. In den Nebenrollen glänzen Charles Dance („Alien 3“ (1992), „Game of Thrones“ (2011 – 2019)), Amanda Seyfried („Mamma Mia“ (2008), „Chloe“ (2009)) und Lily Collins („Spieglein, Spieglein – Die wirklich wahre Geschichte von Schneewittchen“ (2012), „Love, Rosie – Für immer vielleicht“ (2014), „Emily in Paris“ (2020)). Doch trotz des großartigen Ensembles ist der Film etwas zu gefällig, zu undurchsichtig und vor allem schwergängig geraten. Ungeachtet dessen hat er sich einen Platz (schon wegen seiner Metaebene) in der Filmgeschichte gesichert und kann sich schon jetzt diverser Oscarnominierungen sicher sein.

Gisele Schmidt/NETFLIX

Gary Oldman

Fazit: Der Spielfilm „Mank“ beschäftigt sich mit der Entstehung eines Drehbuchs der berühmtesten Filme der Geschichte – „Citizen Kane“. Doch David Fincher, nach einem Drehbuch seines Vaters, erzählt noch mehr – von der Zeit, der Politik, den Strukturen und dem gesellschaftlichen Miteinander. Dabei verwebt er verschiedenene Zeitebenen, taucht alles in klassisches Schwarz-Weiß und überzeugt vor allem als Schauspieler-Kino, was keine große Leinwand braucht, um die Talente zu offenbaren. So kann sich dieser auf Netflix ausgestrahlte Film vieler Oscarnominierungen oder gar Auszeichnungen gewiss sein. 

Bewertung: 7/10

Trailer zum Film „Mank“:

geschrieben von Doreen Matthei

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