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Was ist der Ursprung für euren Film?
In unser künstlerischen Arbeit beschäftigen wir uns oft mit moralisch, ambivalenten Fragestellungen. Beim Film „Der Kopf der Katze“ hat uns interessiert, wie sich Moral verändert, wenn sich das gesellschaftliche Umfeld — und daraufhin bestimmte Verhaltensregeln bzw. soziale Codes in einem familiären Gefüge verändern.
Ausgangspunkt war die Lektüre eines Erziehungsratgebers „Die Deutsche Mutter und Ihr erstes Kind“ von Johanna Haarer, 1934 zum ersten Mal erschienen, war es einst ein gruseliger Bestseller, der Generationen in rigiden Erziehungsmustern bis in die 1980er Jahre prägte. Ein Kernthema ist, Kinder in ihrer Liebes- und Bindungsfähigkeit zu brechen, sich selbst als Mutter nicht so wichtig zu nehmen und auf emotionsloses Funktionieren zu trimmen.
In welchem Rahmen konntet ihr in umsetzen? Wie lange hattet ihr Zeit für den Dreh?
Das Drehbuch haben wir Anfang 2020 geschrieben und gedreht wurde dann unter Coronabedingungen im Oktober mit einem aufopferungsvollen und super professionellen Team an zehn Drehtagen in Pirna. Gefördert wurde der Film durch die MDM, die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, das Kulturamt der Stadt Dresden und die SLM.
Dystopie, Drama, Science-Fiction und Horror sind gleichermaßen vertreten. Welche Genre und welche Werke haben euch beeinflusst?
Wir sind Genre-Liebhaber und schauen sehr viele Filme. Sicher wird man da auch mehr oder weniger bewusst beeinflusst, einzelne können wir aber nicht hervor heben.
Prinzipiell interessiert uns weniger Naturalismus oder ein dokumentarischer Ansatz, sondern vielmehr die Transformation von Realität in eine auch für uns unbekannte — oder wie in diesem Fall — verstörende Welt. Angeregt sind wir immer bei Filmen deren Handlung über sich selbst hinausreicht und Fragen oder Unsicherheit bei uns Zuschauern auslösen, die einen dann im Nachgang beschäftigen.
Wie habt ihr die Welt von Mutter und Tochter inszeniert? Worauf habt ihr visuell aber auch auf Tonebene Wert gelegt?
Mutter und Tochter sind die kleinste Zelle, ein geschlossenes System aus dem es für die Tochter kein Entrinnen gibt. Die dort geltenden Regeln bleiben für uns als Außenstehende unverständlich, für die Tochter sind sie logisch, weil sie nichts anderes kennt. Wir wollten diesen Zustand an einem Ort verdichten, in dem Alles in der Schwebe ist. Der gefundene Drehort war uns dabei eine große Hilfe, das ehemalige Stellwerk, was kein klassischer Wohnort ist, die schrägen Fenster, der Treppenaufgang etc. vermittelten für uns diese beklemmende Atmosphäre. Den Ton der Schauspieler, Setting, Sound etc. all das hatten wir vorher ziemlich genau im Kopf.
Beim Dreh geht es dann um praktische Abläufe, wir waren an Zeiten gebunden, Rosa durfte maximal drei Stunden drehen und entgegen dem düsteren Thema hatten wir sehr viel Spaß beim Drehen.
Das visuelle Konzept lag in den Händen der Kamerafrau Rebecca Meining. Sie legte Wert auf eine suggestive Kamera, die Bewegungen, Fahrten und viele Details mit einem subtilen und sehr aufwendigem Lichtkonzept kombinierte. Zusammen mit dem Sounddesign von Philipp Schwabe, in dem ganz bewusst auf vordergründige Musik verzichtet wurde, entstand für uns genauso ein verstörender Sog, wie wir ihn uns beim Schreiben des Drehbuchs vorgestellt hatten.
Rosa Henriette Löwe und Petra Schmidt-Schaller als Mutter und Tochter sind großartig ausgewählt. Wie habt ihr die beiden gefunden? Stimmte die Chemie zwischen den beiden sofort?
Rosa haben wir durch ein Casting gefunden und auf Anhieb gewusst, dass sie die Richtige ist. Auch mit Petra war es die erste Zusammenarbeit. Wir schätzen sie als Schauspielerin und hatten ihr das Drehbuch gesendet. Als sie dann zusagte, haben wir uns sehr gefreut, denn wie ja allgemein bekannt, sind die Rahmenbedingungen bei Kurzfilmprojekten immer idealistischer Natur.
Die Beiden waren ein super Team und haben sich sehr gemocht.
Die Weltpremiere habt ihr in LA gefeiert. Wie hat das internationale Publikum den Film aufgenommen? Würdet ihr sagen, der Film besitzt etwas typisch Deutsches?
Zur Premiere in LA können wir nicht so viel sagen, da wir leider coronabedingt nicht vor Ort sein konnten. Aber prinzipiell haben wir auch mit unserem ersten Sci Fi Film „Falter“ sehr gute Erfahrung in den USA gemacht. Auch „Der Kopf der Katze“ läuft bald wieder auf einem Festival in Kalifornien.
Typisch Deutsch….das müssten Außenstehende beurteilen und deren Vorstellungen von „Deutsch“ definieren, wir selbst sehen den Film universell.
Könnt ihr mir am Schluss noch ein bisschen mehr von euch erzählen und wie ihr zum Film gekommen seid?
Wir arbeiten bereits seit Beginn der 90er Jahre zusammen. Viele Jahre unter dem Namen norton.commander.productions. und realisierten sehr viele verschiedene künstlerische Projekte, vor allem im Bereich der Darstellenden Künste. Fast immer spielte das Medium Film in den Arbeiten eine Rolle. Vor einigen Jahren haben wir nun den Schwerpunkt ganz auf die Filmarbeit gelegt.
Habt ihr eine feste Arbeitsteilung?
Eine Arbeitsteilung gibt es nicht, Buch, Regie, Produktion etc. sind stets ein gemeinsamer Prozess, der mit den Jahren ganz selbstverständlich geworden ist.
Sind neue Projekte geplant?
Ja wir arbeiten an neuen Projekten, ein Langspielfilm und ein weiterer Kurzfilm sind in Planung.
Die Fragen stellte Doreen Matthei
Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Der Kopf der Katze“