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Die neunjährige Anna (Riva Krymalowski) ist ein lebhaftes Kind. Sie wächst gut behütet mit ihrem Bruder Max (Marinus Hohmann) bei ihren liebevollen Eltern Arthur (Oliver Masucci) und Dorothea Kemper (Carla Juri) in Berlin auf. Als Arthur, ein Theaterkritiker, sich durch seine Schriften unbeliebt macht, beschließt die Familie zu fliehen. Vieles muss zurückbleiben, nicht nur die geliebte Heimpi (Ursula Werner), sondern auch Annas rosa Kaninchen. Ihre Wege führen sie zunächst nach Zürich, wo die Familie sich ein neues Leben aufbauen will, aber ihre Wege werden sie noch nach Paris und London verschlagen.
Der Roman „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ (OT: „When Hitler Stole Pink Rabbit“, 1971) gehört zum festen Kanon in Schulen und eignet sich wunderbar als Einführung in die Themen Drittes Reich, Diktatur und Flucht. Er wurde mit vielen Preisen dafür ausgezeichnet, 1,3 Millionen Mal verkauft und in mehrere Sprachen übersetzt. Die Autorin ist Judith Kerr (1923-2019), Tochter des bekannten Theaterkritikers und Feuilletonisten Alfred Kerr (1867-1948). Entstanden ist das Buch aus dem Impuls heraus, ihre eigene Geschichte für ihren achtjährigen Sohn zu erzählen und so bringt sie auch Kindern unter 14 Jahren die Zeit des Nationalsozialismus näher. So bietet sich das Buch an als Unterrichtsmaterial an und kann als Unterstützung zu dokumentarischen Zeitzeugenaussagen verwendet werden.
Dass dieser Film in den Zeiten einer großen Flüchtlingswelle und dem Erstarken rechter Strömungen erscheint, ist also nicht zufällig. Auch jetzt noch schafft es der Film den Schrecken von damals, mit einer klaren Botschaft an die Gegenwart, zu vermitteln. Die Regisseurin Caroline Link („Nirgendwo in Afrika“ (2001)), welche zusammen mit Anne Brüggemann das Drehbuch schrieb, bleibt dabei der Vorlage treu und schuf einen Film, der für Kinder und Erwachsene gleichermaßen gut funktioniert. Hier gibt es ein ständiges Nebeneinander von Annas Sicht, welche auch viele schöne Momente wahrnimmt und auskostet, und einer Draufsicht, welche die reale Gefahr greifbar macht. In der Ausgestaltung weicht der Film auch etwas vom nüchternen Tonfall des Buches ab, denn er berauscht sich mehr an der Schönheit u.a. dem Postkartenidyll der Schweiz. Auch die Familie Kemper ist hübsch anzusehen, doch das schmälert nicht die Schrecken der Geschichte. Seine Besetzung ist mehr als gut gewählt. Die Eltern sind starke Identifikationsfiguren, gespielt von Oliver Masucci („Er ist wieder da“ (2015), Serie „Dark“ (2017)) und Carla Juri („Feuchtgebiete“ (2013)). Die Kinder sind liebenswert, so schließt man sie schnell ins Herz, und werden wunderbar von Riva Krymalowski und Marinus Hohmann verkörpert. Aber auch die Nebenrollen mit DarstellerInnen wie Ursula Werner („Der Junge muss an die frische Luft“ (2018), „F for Freaks“ (2019)) und Justus von Dohnányi („Das Pubertier – Der Film“ (2017) „Transit“ (2018)) sind wunderbar besetzt. So besticht der Film mit seiner Inszenierung, dem gelungenen Zeit- und Ortskolorit sowie seinem wunderbaren Ensemble. Er erzählt eine wahre Geschichte, die nicht verharmlost wurde, aber durch gekonnte Aussparungen, auch für jüngere Zuschauer wunderbar funktioniert.
Fazit: Der deutsche Spielfilm „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Judith Kerr, die ihre Geschichte für ihren Sohn niederschrieb. Caroline Link verfilmt die Geschichte und das funktioniert, wie das Buch auch, für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen. Sie berichtet aus einer kindlichen Perspektive von der Flucht aus dem Dritten Reich. Dabei wurde die Geschichte handwerklich perfekt umgesetzt, hervorragend besetzt und besticht mit einer gelungenen Mischung aus kindlichen Impressionen samt schönen Bildern und der Darstellung einer unmenschlichen Zeit.
Bewertung: 8/10
Kinostart: 25. Dezember 2019 / DVD-Start: noch unbekannt
Trailer zum Film „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“:
geschrieben von Doreen Matthei
Quellen:
- Wikipedia-Artikel über den Film „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“
- Katrin Hoffmann, ‚Kritik zu Als Hitler das rosa Kaninchen stahl‘, epd-film.de, 2019
- Nina Pauer, ‚“Als Hitler das rosa Kaninchen stahl”: Flucht vor der Heimat‘. zeit.de, 2019
- Bert Rebhandl, ‚Judith Kerrs „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ im Kino‘, faz.net, 2019