„Dark“ (Staffel 1, 2017)

Doreen Kaltenecker
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Serienkritik: Genre-Beiträge aus Deutschland sind immer noch selten und gelingen leider auch nicht immer zur Genüge. Jetzt hat Netflix seine erste deutsche Serie produziert und die wagt sich ins Genre vor: „Dark“ (Staffel 1, 2017) von Baran bo Odar bringt den Zuschauer in den dunklen Wald und weckt die deutschen Urängste.

Jonas (Louis Hofmann), dessen Vater Michael (Sebastian Rudolph) sich das Leben genommen hat, kehrt von einem mehrmonatigen Klinikaufenthalt zurück und muss feststellen, dass sich in Winden einiges verändert hat. Nicht nur hat sein bester Freund Bartosz (Paul Lux) seine Ex-Freundin Martha (Lisa Vicari) für sich beansprucht, sondern auch Erik Obendorf (Paul Radom) ist seit 13 Tagen verschwunden, auf dessen Spur die Polizisten Charlotte Doppler (Karoline Eichhorn) und Ulrich Nielsen (Oliver Masucci) nicht so recht kommen mögen. Als die jugendliche Clique zusammen mit Magnus (Moritz Jahn) und seinem jüngeren Bruder Mikkel (Daan Lennard Liebrenz) eines Abends zu den Windener Höhlen marschieren, verschwindet Mikkel spurlos, aber dafür taucht eine unbekannte Kinderleiche auf. Den Kommissar Nielsen, Mikkels Vater, erinnert dieser Vorfall an das Jahr 1953 als sein Bruder Mads ebenfalls auf mysteriöse Art verschwand. Ein Schatten scheint sich über Jahrzehnte hinweg über Winden gelegt zu haben und die Vergangenheit ist mit der Zukunft stärker verknüpft, als es die Beteiligten ahnen können.

Andreas Pietschmann, Louis Hofmann

Die Mystery-Serie, welche zehn Folgen von 50 Minuten besitzt und deren zweite Staffel bereits angekündigt wurde, ersannen sich die zwei Absolventen der Münchner Hochschule, der Regisseur Baran bo Odar (*1978) und die Drehbuchautorin Jantje Friese (*1977). Sie schufen eine Serie, welche sich gekonnt zwischen Mystery, Horror und Kriminalgeschichte hin- und her bewegt und auch das Thema Zeitreisen mit einwebt. Die fiktive Stadt Winden, welche in der Nähe eines Kernkraftwerks und eines großen Walds samt düsterer Höhle angesiedelt ist, ist der perfekte Ort für diverse (teils auch urdeutsche) Ängste, geprägt durch den Kalten Krieg und die Märchen der Gebrüder Grimm. Dieser Wald ist so dunkel und gefährlich, wie man es lange nicht mehr gesehen hat (außer vielleicht in der Serie „Stranger Things“). Immer wieder verschlägt es die Handlung hierher. Außerdem besitzt die Serie typische Elemente von Krimiserien, darunter Betrug, Fremdgehen und lang gehütete Geheimnisse, die nach und nach ans Licht kommen. Dabei entfaltet die Serie viele einzelne Erzählstränge, welche immer wieder zusammen- und auseinanderlaufen. Da liegt leider auch eine der großen Schwächen. Um das Mysteriöse zu bewahren, wird oft in den Zeiten und Handlungssträngen gesprungen. Durch die vielen Charaktere (von denen manche sich auch noch recht ähnlich sehen oder wenig Wiedererkennungswert haben) mit ihren unterschiedlichsten Verbindungen und Handlungssträngen wird es vielen Zuschauern schwer fallen, die Personen zuzuordnen. Die Namensflut ist stellenweise so groß, dass hier bestimmt der ein oder andere Zuschauer aussteigt. Hier hätte es geholfen, wenn manche Figuren länger eingeführt werden würden. Doch wer in der Namens- und Gesichterflut mithalten kann, wird mit der Zeit die Freude daran entwickeln, wie sich nach und nach alles zu einem großen Kreis schließt. Denn Überraschungen und Wendungen bietet die Serie genug, um die Zuschauer dauerhaft mit Spannung zu versorgen.

Der Look für die Serie ist gut gewählt. Meist ist das Wetter trübe, kalt und bietet wahnsinnige Regengüße. Das fängt die allgemein düstere Grundstimmung der Serie gut ein und lässt die Szenarien beängstigender werden. Gedreht wurden die Serie vor allem in Berlin und dem Umland sowie in der Südharzer Einhornhöhle. Den Serienschöpfern gelang es, eine beängstigende, von dunklen Bildern geprägte Grundstimmung zu erzeugen, welche sogar die kindlichen Elemente schrecklich erscheinen lassen. Hinzu kommt das wunderbare Zeitkolorit, was das Deutschland verschiedener Zeiten gut einfängt. Trotz dessen könnte sich der finstere Wald problemlos auch in anderen Ländern befinden und gewinnt damit eine internationale Präsenz. Auch die Musik von Ben Frost fügt sich gut in das Szenario und gibt der Serie mehr Intensität und von Zeit zu Zeit auch mal mehr dunkle Vorahnung, als es eigentlich erforderlich wäre. Doch Bilder und Musikuntermalung gehen Hand in Hand und geben dem viele Personen umfassenden Cast den richtigen Rahmen für ihr Spiel. Leider nutzen das einige der Schauspieler, von denen viele vor dieser Serie eher unbekannt waren, nicht komplett aus. Deren Spiel ist dann eher hölzern und so wirken Dialoge wie vorgelesen und es wurde sich mit wenig Engagement in die Rolle eingefunden. Glücklicherweise schaffen es andere dagegen mit ihrem Spiel die Sympathien gut zu verteilen und die Geschichte voran zu bringen. Im Gesamten überzeugt die Genregeschichte „Dark“ auch optisch und bietet klassische Mystery-Unterhaltung.

Oliver Masucci

Fazit: Die deutsche Serie „Dark“, produziert von Netflix ist eine spannende Genreserie, die zwar an der ein oder anderen Stelle etwas Länge offenbart und in der manche Schauspieler leider etwas zu hölzern agieren. Doch im Gesamten ist die Serie mit ihrer Vielzahl an Charakteren, der Ausgestaltung, den klassischen Genreelementen aus Horror und Kriminalgeschichte und vor allem dem Zeitreiseaspekt wunderbar unterhaltsam. So braucht man zwar ein paar Folgen, um sich reinzufuchsen, aber dann entwickelt „Dark“ eine Sogwirkung, die man so von deutschen Serien nicht kennt.

Bewertung: 4/5

Trailer zur ersten Staffel der Serie „Dark“

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

 

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