„Nenn mich nicht Bruder“ (2018)

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Kurzfilm / Deutschland / Fiktion / 2018

Filmkritik: Der Kurzfilm „Nenn mich nicht Bruder“ von Gina Wenzel, der auf den 29. Bamberger Kurzfilmtagen und der 25. Kurzfilmwoche Regensburg im Wettbewerb lief, erzählt eine Transgender-Geschichte aus einem anderen Blickwinkel und kann mit seiner Authentizität die Zuschauer fesseln.

Cheyenne (Marie Schulte-Werning) ist der Star ihrer ansonsten aus Jungs bestehenden Clique. Wenn sie nicht Fußball spielt, hängt sie mit ihren Freunden ab, dabei wird häufig getrunken und gepöbelt. Als der zierliche Junge Dany (Moritz Reinisch) dazu stößt, entdeckt sie bald sein Geheimnis und verwendet es gegen ihn.

© Sebastian Bergfeld

Die deutsche Filmemacherin Gina Wenzel, welche nach einem anderen Karrierestart mittlerweile an der KHM Köln Regie und Drehbuch studiert, erzählt mit ihrem 18-minütigen Kurzfilm „Nenn mich nicht Bruder“ eine Geschichte direkt aus dem Leben und vermischt dabei eine Milieustudie mit einem Transgender-Thema. Diese Mischung gelingt ihr wunderbar. Die dörfliche Milieustudie und das klassische Cliquenverhalten fängt sie schonungslos und treffsicher ein und ruft bestimmt bei dem einen oder anderen Erinnerungen an die eigene Jugend hervor. Wenzel entscheidet sich bei ihrer Erzählung für die ungewohnte Täter-Sichtweise. Sie will damit nicht das Verhalten entschuldigen, aber lässt die Zuschauer in die Köpfe derer blicken, welche sich so verhalten und was möglicherweise dahinter stehen könnte. Gleichzeitig thematisiert sie, wie schwierig es gerade in der Jugend und vor allem auch in einer Kleinstadt sein kann, wenn man sich dem anderen Geschlecht zugehörig fühlt. Dafür braucht die Regisseurin nicht viele Worte, sondern schildert ihre Geschichte in starken Bildern. Sie verwendet reale Locations, einen authentischen Look und eine bewegte Kamera, die nah an den Protagonisten bleibt. Das unterstützt das Spiel der JungschauspielerInnen wunderbar, allen voran Marie Schulte-Werning als Cheyenne, deren Zerbrechlichkeit unter der harten Oberfläche immer wieder durchscheint. Zusammen mit der passenden Musik und lebensechten Dialogen entstand mit „Nenn mich nicht Bruder“ ein Kurzfilm, der es schafft, unter die Haut zu gehen und mehrere Themen wunderbar miteinander zu verweben.

© Sebastian Bergfeld

Fazit: Gina Wenzels Kurzfilm „Nenn mich nicht Bruder“, der gerade Gast auf vielen Festivals ist, ist eine gelungene Milieustudie und Coming-of-Age-Geschichte, die sich zudem auch noch mit einer Queer-Thema auseinandersetzt. Das fing die Filmemacherin mit realistischen Bildern und großartigen DarstellerInnen scheinbar mühelos ein und schuf ein ergreifendes Gesellschaftsportrait und Drama.

Bewertung: 8/10

Den Kurzfilm „Nenn mich nicht Bruder“ kostenlos bei Vimeo anschauen.

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

 

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